Sie haben Kinder, richtig? Ja, 13 und 15. Wie erklären Sie Ihren Kindern, was Sie machen? Ich sage ihnen, dass es eine technologische Revolution gibt, bei der es darum geht, Krankheiten viel besser zu charakterisieren. Und dass es die Mission von Sophia Genetics ist, diese Technologien voranzutreiben, indem wir die Datensilos in den Spitälern aufbrechen. Sodass alle Ärzte über die gleichen Informationen verfügen. Es geht um das Konzept der Gegenseitigkeit. Ziel ist es, medizinische Entscheidungen nicht mehr nur auf der Basis der Daten des einzelnen Patienten zu treffen, sondern diese Daten mit denen vieler anderer Patienten zu vergleichen und damit die bestmögliche Therapie zu wählen. Das Ganze ist sehr einfach. Wie bitte? Es ist wirklich sehr einfach. Nehmen wir die Lauberhornabfahrt. Stellen Sie sich vor, Sie stehen das erste Mal auf dem Lauberhorn und müssen runterfahren. Wenn sie sich vorher die TV-Bilder von einem Lauberhornrennen angeschaut haben, dann wird es viel einfacher werden, das zu machen. Und das ist es, was wir unseren Kunden offerieren: Wir verarbeiten die Daten von Patienten und setzen sie in Bezug zu denen anderer Patienten. Den Lauberhorn-Vergleich haben wir verstanden. Trotzdem, Ihre Kinder müssen sehr smart sein, wenn sie das so verstehen. Ist es zu einfach, wenn wir sagen: Sophia vergleicht die Daten des einen Patienten mit denen eines anderen? Zunächst geht es darum, das richtige Signal zu finden. Wir machen es den Spitälern möglich, Datensets von Patienten zu vergleichen und zu erkennen, wenn etwas im genomischen Profil eines Patienten nicht normal ist. Das ist der erste Schritt. In einem zweiten Schritt geht es darum, das Signal zu charakterisieren. Und smartere therapeutische Entscheidungen zu treffen. Genau. Und das ist das Tolle an der Digitalisierung im Gesundheitswesen: dass wir die Datensilos aufbrechen können und die Patienten so besser behandeln können. Die Ärzte in den Spitälern sehen nicht nur ihre eigenen Patienten, sondern sie können auch auf die Erfahrungen anderer Ärzte und anderer Patienten zurückgreifen und das verbreitert ihre Wissensbasis. Als Sophia Genetics im Juli in New York an der Nasdaq kotiert wurde, hatten Sie 700’000 genomische Profile analysiert. Wie viele sind es heute? Aktuell sind wir bei 840’000. Zumindest ist das die Zahl, die wir den Investoren gegenüber kommunizieren. Die genaue Zahl kann ich Ihnen nicht geben. Was ich aber sagen kann: Von unserer Technologie profitieren bereits heute jeden Monat mehr als 20’000 Patientinnen und Patienten. Das sind mehr als bei jedem anderen Unternehmen in der Präzisionsmedizin. Und wie stark wachsen Sie aktuell? Gut, das Wachstum kann grundsätzlich exponentiell sein. Wir gehen davon aus, dass wir unsere Datenbasis dank der Zusammenarbeit mit den Spitälern signifikant werden vergrössern können. Doch Sie springen von einem zum anderen und bringen die Dinge durcheinander. Vorher haben wir von genomischen Profilen und Signalen gesprochen, nun sprechen Sie über Wachstum. Pardon, wir wollten nichts durcheinanderbringen ... Macht nichts. Aber es gibt einige Schlüsselfaktoren, die für den Erfolg eines Tech-Unternehmens entscheidend sind und die Sie kennen müssen. Das Erste ist die Grösse des Netzwerkes, die Sie soeben angesprochen haben. Wir sind mit 780 Spitälern in mehr als 70 Ländern rund um die Welt verbunden. Das ist noch nie da gewesen. Es gibt kein anderes Healthtech-Unternehmen, das über ein so grosses Netzwerk verfügt. Das Zweite ist die Zahl und die Diversität der Datensets, auf die ein Unternehmen zurückgreifen kann. Das dritte Element sind die Interaktionen der Nutzer mit unserer Plattform; damit diese ihr Wissen darüber addieren können, wie sich die Tumore entwickeln und, ganz wichtig, wie die Patientinnen und Patienten auf die Behandlung reagierten. Und als Viertes geht es darum, die Interaktion zwischen den Nutzern innerhalb der Institutionen zu animieren. Deshalb arbeiten wir heute nicht mehr nur mit genomischen Profilen, sondern fügen auch Bild-Kapazitäten hinzu. So können wir nicht nur die Datensilos zwischen den Institutionen aufbrechen, sondern auch innerhalb der Spitäler, also etwa zwischen den Onkologen, den Pathologen und den Radiologen. Das sind die vier Erfolgsfaktoren in der Tech-Industrie. Können Sie etwas genauer beschreiben, worin der Benefit für die Patientinnen und Patienten besteht? Natürlich. Wir arbeiten vor allem in der Onkologie und Seltene Krankheiten. Nehmen wir an, eine Frau hat Brustkrebs. Im Spital wird ihr eine Gewebeprobe entnommen und das Material wird sequenziert und von uns verarbeitet. Damit lässt sich erkennen, was das Wachstum des Krebses vorantreibt und wie der Krebs am besten bekämpft werden kann. Das ist das Prinzip der personalisierten Medizin, wie es Roche-Chef Severin Schwan mit Flatiron und Foundation Medicine vorantreibt. Das war ein gewaltiger Fortschritt in der Onkologie. In der Vergangenheit wurde Krebs als eine Krankheit eines bestimmten Organs verstanden und auch dort bekämpft. Heute wissen wir viel genauer, was den Krebs vorantreibt, und können ihn an den Wurzeln bekämpfen. Sie haben Roche erwähnt. Was ist der Unterschied zwischen Sophia Genetics und Flatiron und Foundation Medicine? Der Unterschied ist, dass wir bereits in der Zukunft sind. Die Zukunft ist dezentralisiert und sie beruht auf Gegenseitigkeit. Wir arbeiten mit allen. Das ist einzigartig. Wissen Sie, was Foundation Medicine ist? Im Prinzip ist es ein Labor. Genau. Und als Labor konkurrenziert es alle anderen Labors. Wir aber konkurrenzieren niemanden, wir arbeiten mit allen zusammen und wir empowern alle. Das ist der Unterschied. Nur wenn man mit allen zusammenarbeitet, kann man die medizinischen Daten in ihrer ganzen Fülle und Vielfalt heben. Aber Severin Schwan versteht Flatiron auch als Industrielösung. Das stimmt, aber Flatiron arbeitet mit Foundation Medicine zusammen. Wir sind die einzigen, die mit allen zusammenarbeiten. Deshalb wollen auch alle so sein wie wir. Alle wollen Sophia sein. Doch Sophia zu sein, ist sehr schwierig. Denn Sophia ist die Zukunft und die Zukunft ist digital und dezentral. Uns war das immer bewusst. Deshalb sind wir von Anfang an den vier Tech-Prinzipien gefolgt, von denen ich gesprochen habe. Und deshalb haben wir auch nie aufgegeben. Sie verstehen sich eindeutig als Tech-Unternehmen. Richtig. Und das ist ein sehr wichtiger Punkt. Denn das ist eine Frage der Kultur. Es wird nie gelingen, ein etabliertes Unternehmen in ein Tech-Unternehmen zu verwandeln. Es ist zu schwierig. Das kann nur gelingen, wenn man ein Unternehmen von Beginn weg als Tech-Unternehmen aufstellt und die Bedingungen, die damit verbunden sind, akzeptiert. Bleiben wir einen Moment bei diesem Punkt. Im Kern sind Sie ein Unternehmen, das Daten prozessiert. Richtig? Richtig. Unser Erfolg beruht darauf, dass wir besser als andere die Signale, von denen ich gesprochen habe, identifizieren können. Die Herausforderung besteht darin, die – ziemlich «dreckigen» – Daten, die wir von den Spitälern bekommen, zu prozessieren. Das ist extrem schwierig. Denn man muss die Biologie der Tumore verstehen, um die Daten prozessieren zu können. Es gibt jede Menge Gesundheitsdaten da draussen. Was macht gute Daten aus? Was viele Leute nicht verstehen: Bei Big Data geht es nicht nur um die Quantität, sondern vor allem auch um die Diversität. Wenn wir starke Algorithmen bauen wollen, dann müssen wir akzeptieren, dass die Daten vielfältig sind. Erst die Diversität ermöglicht es einem, zu sehen, was richtig und falsch ist, und die Daten zu standardisieren. Das ist ein bisschen wie bei der Suchmaschine Google: Je mehr die Algorithmen gebraucht werden, desto besser werden sie. Wäre es ganz falsch zu sagen, Sophia ist für die datengetriebene Medizin das, was Amazon für den Online-Handel war: das Unternehmen, an dem keiner mehr vorbeikommt? Oder dass das zumindest Ihre Ambition ist? Nein, das ist ein Vergleich, der mich gar nicht glücklich macht. Zunächst: Amazon hat einen ganz schlechten Ruf, wenn es um die Sicherheit von Daten geht. Datensicherheit war für uns von Beginn weg fundamental. Ohne sie wäre es uns nie gelungen, das Vertrauen der Spitäler zu gewinnen. Wenn Sie uns mit einem Unternehmen aus dem Tech-Sektor vergleichen möchten, dann würde ich sagen: Wir sind Snowflake, was die Präzision angeht, und Google, was die PS angeht. Und woher nehmen sie die Kapazitäten, um die Daten zu prozessieren? Haben Sie diese selbst, inhouse? Non, non, non, die beziehen wir wie alle von den grossen Playern wie Microsoft, Amazon und Google. Das macht auch nichts. Prozessierungskapazitäten sind heute eine Commodity. Entscheidend sind die Algorithmen und in sie haben wir bei Sophia Genetics investiert. Sie haben es gesagt: Sicherheit ist fundamental. Wie stellen Sie sicher, dass die Daten sicher sind und dass Sie mit Ihren Sicherheitsvorkehrungen den Cyberkriminellen immer eine Nasenlänge voraus sind? Zunächst: Lassen Sie mich zwischen Privacy und Sicherheit unterscheiden. Bei der Privacy geht es darum, was man mit den Daten tun kann. Hier hat uns die Tatsache geholfen, dass wir in Europa gestartet sind. Hier hat die General Data Protection Regulation (GDPR) die Standards gesetzt: Der Besitzer der Daten ist der Patient, das Spital kontrolliert sie und wir prozessieren sie. Wie wir die Daten verwenden, ist klar geregelt: Wir arbeiten mit den anonymisierten Daten. Und wie sieht es bei der Sicherheit aus? Da ging es nicht nur darum, uns wasserfest zu machen, sondern auch darum, die Risiken für den Fall zu minimieren, dass ein Spital gehackt wird. Aber ich kann Ihnen versichern: Wir haben sehr viel Energie auf diese Fragen verwendet. Andernfalls wäre es uns nie möglich gewesen, mit so vielen Spitälern ins Geschäft zu kommen. Zumal wir hier von akademischen Zentren sprechen, also von Institutionen mit sehr hohen Standards. Wir sind nicht perfekt. Aber wir sind so gut, dass die Informationsverantwortlichen der Spitäler uns vertrauen. Probleme mit der Datensicherheit bei Dritten können zum Albtraum für Spitäler werden. Sie sagen, es sei ein Glück gewesen, dass Sophia in Europa gestartet sei. Dabei heisst es doch immer, in Europa könne man wegen der strengen Datenschutzgesetze kein Tech-Unternehmen starten. Das ist ja gerade mein Punkt. Die strengen Bestimmungen waren für uns ein Vorteil. Aversität ist immer ein Vorteil. Ich bin überzeugt, dass die nächsten B2B-Tech-Giganten nicht mehr aus den USA, sondern aus Europa kommen werden. Was macht Sie da so sicher? Sich in schwierigen Märkten behaupten zu müssen, macht einen stärker. Entweder Sie schaffen es und können skalieren und dann können Sie damit überall hin, oder Sie schaffen es nicht. Als wir mit Sophia Genetics anfingen, gab es keine externen Plattformen in den Spitälern. Das existierte einfach nicht. Das heisst, wir mussten die Spitäler überzeugen, mit uns zusammenzuarbeiten. Wir mussten ihr Vertrauen gewinnen und wir mussten sie dazu bringen, für unsere Dienste zu bezahlen. Bei der Digitalisierung der Konsumgüterindustrie wurden so viele Fehler gemacht, gerade bei Privacy und Datensicherheit. Da ist es besser, B2B-Plattformen werden dort hochgezogen, wo die Gesetze streng sind und wo man die Dinge deshalb klüger anpacken muss – und das ist nun einmal Europa. Das ist eine sehr positive Note, das gefällt uns. Mir auch. Kommen wir zu einem anderen Thema. Die Wissenschaft macht rasante Fortschritte. Was gestern als gesichert galt, kann morgen schon wieder veraltet sein. Wie schaffen Sie es, diese – quasi live – in Ihre Plattform zu integrieren? Guter Punkt. Doch das mag für Sie überraschend sein: Das müssen wir nicht. Wenn wir heute einen Unterschied machen wollen, dann müssen wir mit den Daten arbeiten, die bereits produziert wurden. Denn: Das Medikament ist womöglich bereits da. Wir wissen nur noch nicht genau, wie es eingesetzt werden muss, damit es möglichst gut wirkt, und was womöglich verhindert, dass es wirkt. Es ist crazy, aber wir gehen jedes Jahr mit unseren Autos in die Garage und lassen sie auf Herz und Nieren checken. Doch bei Krebs hat das vor uns keiner gemacht. Bei Krebs haben wir noch immer nicht das volle Bild. Möglicherweise geht es gar nicht so sehr darum, noch mehr neue Medikamente zu erforschen, sondern eher darum, die bestehenden besser einzusetzen. Zudem gibt es neue Inhibitoren, die potenziell gegen alle Tumore wirken. Aber nur wir können sagen, wie sie eingesetzt werden sollen. Ihr Ausgangspunkt ist die reale Welt. Genau. Die Wissenschaft erforscht etwas und schaut dann, wie es sich in der Wirklichkeit bewährt. Das, womit sie sich heute befasst, kommt vielleicht 2035 oder 2040 zur Anwendung. Und in der Zwischenzeit sterben Menschen, denen vielleicht geholfen werden könnte. Deshalb sage ich: Lasst uns pragmatisch sein. Lasst uns den Patienten auf Basis von dem helfen, was wir heute zur Verfügung haben. Ihre Kunden sind nicht nur die Spitäler, sondern auch Pharmaunternehmen wie Roche und Novartis. Was ist Ihr Angebot an die Industrie? Wir helfen der Industrie, gezieltere Therapien auf den Markt zu bringen und die Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen. Dazu gehören Dinge wie synthetische Kontrollarme; also Kontrollgruppen für klinische Studien, die aus Daten und nicht mehr aus realen Patienten gebildet werden, die dann anstatt des Medikaments ein Placebo bekommen. Oder wir sagen der Industrie, welche Patienten für eine bestimmte klinische Studie am besten geeignet sind; was eine Win-win-win-Situation ist, weil es gut für die Patienten, für die Spitäler und für das biopharmazeutische Unternehmen ist. Auch das gehört zur Schönheit von Tech: Es schafft mehr Effizienz und kreiert damit eine Reihe von Situationen, bei denen alle gewinnen. Eine ganz simple Frage: Was ist Ihr Geschäftsmodell? Wir werden per Patient bezahlt. Was sehr nachhaltig ist. Und, was ich nicht erwartet hatte: Es setzt die Organisation in einem sehr guten Sinn unter Druck. Inwiefern? Es führt dazu, dass das Unternehmen sehr agil bleiben muss. Wir können uns nicht zurücklehnen wie bei einem Fünfjahresvertrag, und das ist auch gut so. So bleiben wir ganz vorne. Bei den Unternehmen ist es unterschiedlich. Da werden wir aufgrund des Erkenntniswerts bezahlt, den wir für das Unternehmen schaffen, oder aufgrund der Grösse der klinischen Studien, für die wir Patienten auswählen. Doch auch hier gilt: Die Verträge sind immer volumenbasiert. Bei Gesundheitsdaten ist die Sensibilität besonders hoch. Das hat die Pandemie gerade wieder gezeigt. Viele Leute dürften sich an dieser Stelle des Interviews deshalb fragen: Wem gehören eigentlich die Daten? Ich bin erstaunt, dass das noch immer ein Thema ist. Die Daten gehören dem Patienten, der Patientin. So sagt es die GDPR. Was bedeutet das für Ihr Geschäft? Wir können die Daten nutzen, um dem Spital und damit den Patienten zu dienen. Wir dürfen sie brauchen, um unsere Technologie zu verbessern, und wir dürfen Insights, die wir daraus im Auftrag unserer Kunden gewinnen, verkaufen. Aber wir dürfen die Daten nicht verkaufen. Es gibt Unternehmen, die das anders handhaben und ihre Hand auf die Daten legen. Aber auch sie dürfen das in der Schweiz und in Europa nicht machen. Wir haben über Krebs gesprochen und über Seltene Krankheiten. Was ist das Potenzial für andere Therapiegebiete wie die Neurologie? Wir können unsere Technologie grundsätzlich auf alle Therapiegebiete anwenden. Denn es geht immer um das Gleiche: das richtige Signal zu finden. Wir machen etwas Virus-Überwachung, doch das ist mehr ein Dienst an der Gesellschaft. Zudem arbeiten wir viel mit ererbten Krankheiten. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Krankheiten, Stoffwechselerkrankungen und neurologische Erkrankungen wie Alzheimer. Wo sehen Sie das grösste Potenzial? Das wird in der Onkologie sein, leider. Denn hier ist der wissenschaftliche Fortschritt am grössten. Gut möglich ist aber auch, dass die Zulassung von Aduhelm, dem neuen Alzheimer-Medikament, in der Neurologie neue Perspektiven eröffnet; dass wir diese Krankheiten besser verstehen. Wir sind sehr opportunistisch, wenn es ums Geschäft geht. In unserem Kerngeschäft wachsen wir 40 Prozent pro Jahr, drei Viertel des Wachstums kommen von unseren bestehenden Kunden; was ausserordentlich ist. Ein Viertel des Wachstums kommt von neuen Kunden. Wir wachsen, wenn unsere Kunden unsere Dienstleistungen für zusätzliche Therapiegebiete in Anspruch nehmen oder indem wir neue Kunden akquirieren. Und wir wachsen, weil wir die Preise jedes Jahr erhöhen können, weil der Wert unserer Leistungen immer grösser wird. Das sind unsere drei Wachstumsmöglichkeiten. Was nicht schlecht ist. Sie haben es gesagt: 780 Spitäler arbeiten bereits mit Ihnen zusammen, alle von ihnen erste Adressen. Wie viele können da noch dazukommen? Total kommen etwa 3000 Spitäler weltweit für die Zusammenarbeit mit uns infrage. Das heisst, es gibt Raum, um zu wachsen, aber es gibt nicht 100’000 Spitäler, die infrage kommen? Das ist richtig. Wobei unsere Plattform die einzigartige Fähigkeit hat, diese Top-Spitäler mit kleineren Spitälern zu verbinden. Das ist im Moment noch kein Geschäft für uns. Aber? Es führt dazu, dass auch diese Spitäler mit der Digitalisierung in Berührung kommen, und das macht es womöglich auch für uns auf lange Sicht interessant. Gut möglich also, dass wir eines Tages Verkaufsleute haben – was im Moment noch nicht der Fall ist –, um auch kleinere Spitäler für die Zusammenarbeit mit uns zu gewinnen. Wir wissen, Sie mochten den Vergleich mit Amazon nicht. Trotzdem: Die Grösse des Netzwerkes ist entscheidend. Wie viel Energie verwenden Sie im Moment darauf, zusätzliche Spitäler als Kunden zu gewinnen? Das ist richtig. Je grösser das Netzwerk, desto relevanter werden wir und desto kompetitiver. Sie haben viel von Europa gesprochen, wie sieht es in den USA aus? Der US-Markt ist vergleichsweise neu für uns. Doch auch hier haben wir inzwischen 100 Kunden. Mittelfristig rechnen wir mit 400 bis 500. Doch nochmals: Bei neuen Kunden zu landen, ist das eine, das andere ist, die bestehenden Kunden möglichst gut zu durchdringen. Ist es möglich, dass die Suche nach Talenten der limitierende Faktor für Sophia ist? Sie brauchen Leute, die fit sind in Computerwissenschaften, Software, aber auch in Molekularbiologie. Doch die sind sehr rar und die Konkurrenz ist gross. Roche will sie, oder Google – grosse Konzerne mit gewaltigen Möglichkeiten. Das denke ich nicht. Denn diese Leute sind superidealistisch, sie lieben die Wissenschaft und sie wollen für ein Unternehmen arbeiten, in dem sie etwas bewirken können. Und das ist bei uns der Fall. Das ist unser Vorteil. Diese Leute gehen nicht zu den grossen Konzernen. Denn dort verdienen sie zwar sehr viel Geld, aber sie sehen nicht, was sie bewirken. Zu uns kommen die Leute nicht wegen des Geldes, sondern wegen des Impacts. Heute Abend haben wir unsere Christmas-Party. Es wird einfach werden, wir machen Crêpes, mit unseren Familien. Ich bin sicher: Es gibt nur wenige Unternehmen, in denen die Atmosphäre so gemütlich und familiär ist wie bei uns. Wir können womöglich nicht ganz so viel bezahlen wie Roche und Google, dafür bieten wir unseren Mitarbeitenden die Möglichkeit, Teil einer einzigartigen Mission zu sein, bei der es darum geht, die Welt zum Besseren zu verändern. Unsere Zeit läuft aus, deshalb zwei letzte Fragen: Auch Sie arbeiten nicht rund um die Uhr. Wir haben gelesen, Sie spielen gerne Fussball und Ihr Vorbild ist der spanische Torhüter Luis Arconada. Wie geht es dem Fussballer in Ihnen? Leider nicht so gut. Ich spiele zu wenig und ich bin sehr fragil geworden. Ein harter Schlag und ich riskiere, mir etwa zu brechen. Aber für nächstes Jahr habe ich mir fest vorgenommen, mich wieder mehr zu bewegen und in die Berge zu gehen. Al Gore oder zumindest eines seiner Unternehmen gehört zu Ihren Investoren. Haben Sie ihn auch schon getroffen? Klar, wir hatten mehrmals Lunch zusammen. Und wie ist er denn so? Freundlich, energetisch, enthusiastisch. So wie man ihn sich eben vorstellt.