Die Spitze der Schweizer Finanzaufsicht Finma hat am Mittwoch ihr Agieren beim Zusammenbruch der Credit Suisse verteidigt. Finma-Präsidentin Marlene Amstad widersprach den in den Medien gemachten Vorwurf, die Aufsicht habe bei der CS zu spät eingegriffen. So habe die Aufsicht schon im Sommer 2020 von der CS höhere Kapital- und Liquiditätspolster verlangt. «Nur dank dieser zusätzlichen Puffer hat CS den Bank-Run im Oktober 2022 überstanden», so Amstad.
Das Ausmass des Bank Runs bei der Credit Suisse (CS) war akut. Im vierten Quartal 2022 verschärfte sich die Situation des skandalgebeutelten Instituts durch einen Geldabfluss von 138 Milliarden Franken, wie Amstad ausführte. Der Zusammenbruch zweier US-Regionalbanken habe die Lage im März eskalieren lassen.
Letztlich sei die Aufsicht aber kein Super-Verwaltungsrat, der unfähiges Bank-Management stoppen kann. «Aufsicht kann und soll weder die Eigentümer noch den Verwaltungsrat ersetzen», erklärte sie.
Vor drei Wochen haben der Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank, die Aufsicht Finma die Notübernahme der CS durch die UBS orchestriert. Seitdem reisst die Kritik daran nicht ab. Zum einen wird gefragt, ob die Finma durch früheres Eingreifen den Zusammenbruch der CS nicht hätte verhindern können. Vor allem wird die erneute de facto Staatsrettung kritisiert, denn der Staat garniert der UBS den Kauf der CS mit 9 Milliarden Franken Verlustpuffer.
Amstad wiederholte, dass eine Abwicklung der CS als Option auf dem Tisch gelegen habe, die Übernahme durch die UBS aber die bessere Option gewesen sei. Konkurs und Sanierung nach «Too big to fail»-Regeln hätten einen Domino-Effekt auslösen können. «Ein Flächenbrand und eine globale Finanzkrise hätten gedroht.»
Finma will auch Bussen verhängen können
Die Finma-Spitze ging mit der CS schwer ins Gericht: 6 Enforcementverfahren gegen die CS seien bekannt, laut Finma-Direktor Urban Angehrn gäbe es aber weitere Verfahren «zu ganz verschiedenen Bereichen», die noch hängig seien.
Laut Finma-Präsidentin Amstad habe die Aufsicht mehrmals zur Verfügungen greifen müssen, um Aufsichtsrecht bei der CS durchzusetzen. «Das ist schon einmalig, dass wir das mehrmals tun mussten», so Amstad. Sprich, die Finma musste die CS quasi zwingen, damit die Bank endlich Missstände abstellt und geltendes Recht einhält.
Als Konsequenz aus der Krise verlangt die Finma nun Verbesserungen bei ihrem Instrumentenkasten: Zum einen möchte sie offensiver Kommunizieren dürfen. So führt die Finma nach eigenen Angaben pro Jahr 40 Enforcementverfahren durch, über deren Details die Öffentlichkeit aber nie etwas erfährt. Bisher darf die Finma nur bei überragendem öffentlichen Interesse zu ihren Verfahren kommunizieren.
Ferner will die Finma fehlbare Banker büssen können - so wie das ausländische Behörden auch können. «Die Finma besitzt keine Bussenkompetenz – sie ist damit im Vergleich mit anderen grossen Finanzplätzen eine Ausnahme», so Amstad.
Bei fehlbaren Managern kann die Finma bisher nur Berufsverbote verhängen - was eine sehr schwerwiegende Sanktion ist und wofür die Hürden entsprechend hoch sind.
Damit die Finma fehlbare Manager auch büssen kann, muss aber klar sein, wer für was die Verantwortung trägt. Daher plädiert die Finma für die Einführung eines «Senior Manager Regimes», wie es in Grossbritannien gilt. Dieses sieht vor, dass jede Bank jedem Manager einen klaren Verantwortungsbereich zuweisen muss. Geht dann in diesem Bereich etwas schief, so muss er oder sie dafür haften.
Das Thema «Bussen für Banker» ist schon vor der CS-Krise im Berner Politbetrieb angekommen. So hat das Parlament das Postulat des grünen Nationalrats Gerhard Andrey angenommen, das den Bundesrat dazu auffordert, hierzu einen Bericht anzufertigen und um Handlungsoptionen aufzuzeigen. Nach der CS-Krise hat das Thema breiten politischen Rückenwind bekommen, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber bald der Finma bessere Sanktionsmöglichkeiten gibt.
(mit Agenturmaterial)