Herr Goretzki, welche zwei Prioritäten werden neben der Digitalisierung als besonders wichtig für Bankenchefs genannt?
Neben der Digitalisierung rücken zwei weitere Prioritäten in den Fokus der Bankenchefs: Cybersicherheit und Kundenzentrierung. Cybersicherheit gewinnt zunehmend an Bedeutung, vor allem durch die steigenden regulatorischen Anforderungen und die wachsende Rolle der Chief Information Security Officers.
Ebenso spielt die Kundenzentrierung eine entscheidende Rolle. Die Individualisierung der Kundenbeziehung, bei der auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden eingegangen wird, gilt als wichtiger Wachstumstreiber und kann zugleich ein Alleinstellungsmerkmal für Banken sein.
Fabian Goretzki, Partner der Horváth AG. Mehr zur CxO-Studie.
Wie hoch ist das erwartete Umsatzwachstum für die Bankenbranche im Jahr 2024?
Für das Jahr 2024 wird ein moderates, aber positives Umsatzwachstum für die Bankenbranche erwartet, wenngleich es im Vergleich zum Vorjahr einen spürbaren Rückgang geben wird. Haupttreiber für diesen Rückgang sind eine leicht rückläufige Zinsentwicklung sowie eine verhaltene Kundennachfrage, insbesondere im Geschäftskundensegment. Diese Faktoren bremsen das Ertragswachstum, da Unternehmen angesichts der unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und einer stagnierenden oder nur langsam wachsenden Weltwirtschaft zurückhaltender agieren.
In welchem Stadium der KI-Implementierung befinden sich die meisten Banken laut der Studie?
Laut der Studie befinden sich die meisten Banken noch in einem frühen Stadium der KI-Implementierung. Die Mehrheit der CxOs gibt an, dass ihre Institute entweder gerade erst mit der Einführung von KI beginnen oder bisher gar nicht gestartet haben. Nur etwa 10 Prozent der Banken haben den Schritt über die skalierte Einführung von KI hinaus geschafft. Obwohl das Interesse da ist und die ersten Investitionen in KI vorhanden sind, kämpfen die Banken mit der Skalierbarkeit, der Integration von KI in bestehende Altsysteme sowie dem Zugang zu qualifizierten Talenten, was das Vorankommen bremst.
Bis zu welchem Jahr wollen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen den Break-even für ihre KI-Investitionen erreichen?
Bedingt durch den geringen Fortschritt bei der Implementierung von KI in das Geschäftsmodell der Banken lässt sich diese Frage aktuell noch nicht beantworten, zumal noch weitreichende Investitionen in die grundlegenden Elemente der geschäftlichen KI-Anwendung notwendig sind. Es ist somit zu erwarten, dass es noch Jahre dauern wird, bis die Unternehmen mit den KI-Investitionen den Break-even erreichen.
Welche Herausforderungen sehen Banken bei der effektiven Nutzung von KI?
Die Herausforderungen sind vielfältig und können sowohl auf interne als auch auf externe Faktoren zurückgeführt werden. Viele Banken sind mit einer trägen IT-Infrastruktur konfrontiert, die auf veralteten Legacy-Systemen basiert. Zudem sind neben den Kosten auch interne Transformationsprozesse im Zusammenhang mit dem technologischen Wandel erforderlich. Zu den externen Faktoren zählen regulatorische Aspekte, wie beispielsweise ungeklärte Fragen zum Datenschutz. Somit stehen viele Banken noch vor einem langen Prozess.
Welche Entwicklung prognostizieren Bankenchefs für die EZB-Zinssätze bis 2026?
Bankenchefs prognostizieren bis 2026 einen stetigen Rückgang der EZB-Zinssätze, mit einem langfristigen Zielwert von etwa 3 Prozent. Die Vorhersagen für das kommende Jahr bleiben unsicher und herausfordernd, da viele Faktoren die Zinsentwicklung beeinflussen. Die aktuelle Marktentwicklung, insbesondere die erste Zinssenkung der EZB seit etwa fünf Jahren, stimmt weitgehend mit den Erwartungen der CxOs überein. Einlagen, die in Zeiten von Negativzinsen weniger attraktiv waren, gewinnen wieder an Bedeutung, und der Wettbewerb um Kundeneinlagen hat zugenommen.
Was ist die oberste Priorität der Banken zur Umsatzsteigerung?
Die oberste Priorität der Banken zur Umsatzsteigerung liegt in der Gewinnung neuer Kunden durch Marktdurchdringung. CxOs setzen darauf, in wettbewerbsintensiven Märkten aggressiv zu wachsen, um Marktanteile zu sichern und sich gegen den zunehmenden Druck von Fintech-Disruptoren sowie sich verändernden Kundenpräferenzen zu behaupten.
Zusätzlich spielt die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen für bestehende Kunden eine zentrale Rolle. Während Standardbankprodukte wie Privat- und Sparkonten schwer zu differenzieren sind, besteht vor allem im B2B-Segment die Chance, neue Umsatzquellen zu erschliessen und bestehende Kunden zu binden.
Wie entwickelt sich der Cost-Income-Ratio der Banken trotz steigender Personalkosten?
Die Personalkosten werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Ein wichtiges Thema ist der demografische Wandel. In Vorbereitung auf den kommenden Umbruch am Arbeitsmarkt bereiten sich Banken proaktiv vor, da weniger junge Talente zur Verfügung stehen. Es lässt sich jedoch beobachten, dass der Cost-Income-Ratio trotz eines deutlichen Anstiegs der Personalkosten sinkt. Dies zeigt, dass das Umsatzwachstum den negativen Einfluss der gestiegenen Personalkosten auf den Cost-Income-Ratio überkompensiert.
Wie hoch ist die erwartete Steigerung der EBIT-Marge für Banken im Jahr 2024?
Die erwartete Steigerung der EBIT-Marge für Banken im Jahr 2024 wird auf 0,62 Prozentpunkte geschätzt. Obwohl dieses Wachstum im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang darstellt, wird es dennoch als positiv bewertet. Dies liegt vor allem daran, dass die Banken trotz der aktuellen schwierigen Marktlage, geprägt von wirtschaftlichen Unsicherheiten und regulatorischen Herausforderungen, in der Lage sind, ihre Rentabilität zu steigern. Die moderate Zunahme der Marge deutet darauf hin, dass Banken effizienter wirtschaften und ihre Kostenstrukturen anpassen, um in einem volatilen Umfeld profitabel zu bleiben.