Der Rücktritt von Philipp Rickenbacher bei Julius Bär ist zu begrüssen. Der CEO übernimmt die Verantwortung für das Benko-Desaster und geht. Auch die Bonuskürzungen bei der Geschäftsleitung und beim Verwaltungsrat sind ein richtiges Signal. So viel Konsequenz bei Fehltritten hätte man sich in der Vergangenheit auch bei der Credit Suisse gewünscht.

Dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack: Der Einstieg in riskante Kredite – genannt Private Debt – geht nicht allein auf Rickenbachers Kappe. Das Geschäft wurde vor rund fünf Jahren aufgebaut, womit dessen Start in die Amtszeit von Bär-Präsident Romeo Lacher fällt, der seit dem Frühjahr 2019 den Verwaltungsrat leitet. Mit dem Rücktritt von Rickenbacher und dem Rauswurf eines Verwaltungsratsmitglieds will Lacher seinen Kopf offenbar retten. 

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Gefährlicher Doppelrücktritt

Ein gleichzeitiger Rücktritt von Lacher und Rickenbacher wäre vermutlich konsequenter. Doch dieser Schritt würde zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich mehr Schaden als Nutzen stiften, denn ein Doppelrücktritt hat das Potenzial, die Bank zu destabilisieren. Damit wäre niemanden gedient, und daher dürfte auch die Aufsicht Finma kaum Lust auf ein solches Manöver haben.

Der Verlust von rund 600 Millionen Franken aus dem Benko-Abenteuer ist schmerzhaft, doch finanziell kann die Bank das locker wegstecken und macht immer noch knapp eine halbe Milliarde Franken Gewinn. Schlimmer als der finanzielle Schaden ist der Verlust des Vertrauens in die Bank. Julius Bär verkörperte bis dato eben nicht die rein auf die Vermögensverwaltung fokussierte Privatbank – mit dem nun abgebrochenen Ausflug in das Private-Debt-Geschäft war die Bank jedoch auch in den Gefilden von Investmentbanken unterwegs.

Neustart ist nötig

Das hat bei Anlegern und Anlegerinnen für sichtbare Verunsicherung gesorgt, weswegen die Bank deutlich mehr Börsenwert verloren hat, als allein der Kreditverlust aus dem Benko-Abenteuer rechtfertigen würde.

Für den Vertrauensverlust trägt aber auch der Verwaltungsratspräsident Lacher Verantwortung. Der Ausflug in investmentbanknahe Geschäfte erfolgte unter seinen Augen. Mit dem sofortigen Rücktritt Rickenbachers dürfte Lacher vermutlich nur Zeit gewonnen haben. Um einen echten Neustart wird Julius Bär nicht herumkommen und muss wohl mittelfristig auch den Präsidenten austauschen. Bis dahin muss Lacher weiter aufräumen – und jetzt als Nächstes einen überzeugenden neuen Bankchef finden.