Holger Laubenthal, hat Cembra das Ende der Zusammenarbeit mit der Migros endgültig verdaut?

Absolut. Wir hatten uns damals ambitionierte Ziele gesetzt. Etwa, dass wir den Grossteil der Kunden halten wollen. Das haben wir geschafft. Da hat das Team grossartige Arbeit geleistet. Und wir haben ja nicht nur Kreditkarten. Wir sind mit unserem diversifizierten Produktportfolio an Zahlungs- und Finanzierungslösungen gut am Markt positioniert.

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In diesem Zusammenhang sank die Zahl der Kreditkarten um rund 2 Prozent auf 1,051 Millionen. Wie viele Kundinnen und Kunden setzen heute Kreditkarten von Cembra ein?

Ende 2023 hatten wir 1 027 000 Kreditkarten herausgegeben – und diese werden natürlich in unterschiedlichem Mass eingesetzt. Aber dass sie genutzt werden, sieht man an unseren Erträgen. Das freut uns. Im Übrigen sind wir mit unserem eigenen Kartenangebot Certo! und mit den bestehenden Partnerschaften weitergewachsen. 

Andere Anbieter, Fintechs und Onlinebanken wie etwa Neon bieten ihrer Kundschaft wesentlich bessere Wechselkurse beim Einsatz ihrer Karte im Ausland an. Wird respektive muss Cembra hier nachbessern?

Aus Konsumentensicht ist es ja erfreulich, wenn man die Wahl hat. Unsere Kundschaft schätzt unsere Produkte. Wir bieten ja auch viel: Unsere Karten haben keine Jahresgebühr, es gibt Bonusprogramme wie etwa Cashback sowie andere Benefits über unsere Partnerschaften. Wir haben einen Kundendienst, wo wir den persönlichen Kontakt pflegen. Daneben bauen wir unsere App laufend mit Selfservice-Funktionen aus.

Und was ist mit den Wechselkursen, wenn man die Karte im Ausland einsetzt?

Selbstverständlich überprüfen wir die Marktsituation permanent, auch was das Pricing angeht. Entsprechend entwickeln wir unsere Produkte und Services stetig weiter. 

Zur Person Holger Laubenthal 

Holger Laubenthal (1972) ist seit März 2021 CEO der an der Schweizer Börse kotierten Bank Cembra. Davor war er Geschäftsleiter des Bereichs Consumer & Manufacturing bei Alghanim Industries in Kuwait. Des Weiteren hatte er mehrere CEO-Positionen innerhalb des GE-Konzerns, unter anderem in der Schweiz, Deutschland, Russland und USA. Zudem war er in verschiedenen Beratungs- und Industrieunternehmen tätig. Holger Laubenthal hat einen MBA-Abschluss der Harvard Business School (2002) und ist Diplom-Ingenieur in Wirtschaftsingenieurwesen. 

In den vergangenen Jahren hat Cembra die Dividende kontinuierlich erhöht. Heuer zahlte Cembra ihren Aktionärinnen und Aktionären 4 Franken (Dividendenrendite über 5 Prozent).

Mit Cembra Aktien investieren Sie in ein solides, robustes Geschäftsmodell. Letztlich – und das ist auch unser erklärtes Ziel – wächst Cembra als führende Anbieterin von Finanzierungs- und Zahlungslösungen parallel zur Schweizer Wirtschaft. Das widerspiegelt sich auch in unseren Geschäftsbereichen, wo wir im ersten Halbjahr überall gewachsen sind.

Sehen Sie bei der Dividendenzahlung noch Luft nach oben?

Seit unserem Börsengang am 30. Oktober 2013 haben wir stets stabile oder steigende Dividenden ausbezahlt – insgesamt rund 1,2 Milliarden Franken, also etwa 40 Franken pro Aktie. Das ist weiterhin unser Anspruch und auch wichtig für unsere Investoren. 

Und wie sieht es beim Aktienkurs aus? Im Februar 2020 lag er – vor dem Ende der Migros-Zusammenarbeit – noch bei 124 Franken. Bis Ende 2023 hatte er sich mit rund 66 Franken nahezu halbiert, mittlerweile liegt er aktuell etwas unter 80 Franken. Wie erreichen Sie eine weitere Erholung?

Seit unserem Börsengang 2013 haben wir Turbulenzen, etwa die Pandemie, stabil gemeistert. Und auch bei der Strategieumsetzung kommen wir gut voran. Wir haben in Technologie investiert, die Digitalisierung vorangetrieben und neue Geschäftsfelder auf- und ausgebaut.

Das funktioniert, wie man auch am ersten Halbjahr gesehen hat. So haben wir beispielsweise mit unserem neu lancierten digitalen Sparangebot bis zum Ende des Berichtszeitraums knapp 200 Millionen Franken an Einlagen akquiriert. Zudem wurde die neue IT-Plattform für das Leasinggeschäft auf alle unsere über 3000 Autohändler ausgerollt, womit wir den Kunden und Partnern noch mehr bieten und Effizienzgewinne realisieren können. 

Die Eigenkapitalrendite sank in den letzten vier Geschäftsjahren von 13,8 Prozent (2020) auf 12,5 Prozent (2023). Sind Sie damit zufrieden?

Seit dem Börsengang sind wir immer deutlich im zweistelligen Bereich gewesen und stehen damit im Branchenvergleich gut da. Unser Ziel ist eine Eigenkapitalrendite von 15 Prozent. Wir wussten und haben das mit unserer Strategie auch so kommuniziert, dass wir aufgrund der notwendigen Investitionen vorübergehend darunter liegen würden. Wir sind aber auf gutem Weg und haben zum Halbjahr das Mittelfristziel von 15 Prozent bestätigt.

Während die Erträge aus dem Kreditkartengeschäft (rund 1 Milliarde Franken) und bei Privatkrediten (rund 2,4 Milliarden) stabil zu liegen kommen, haben sich die Erlöse mit Fahrzeugfinanzierungen und auch bei «Buy now, pay later» (BNPL) massiv erhöht. Sehen Sie hier Potenzial für eine weitere Steigerung in den kommenden Monaten und Jahren?

Ja, wir sehen in «Buy now pay later» weiterhin Potenzial. Die Schweiz hat eine Tradition in rechnungsbasierten Zahlungen. Wir sind im Markt führend und BNPL ist ein wichtiger Teil unserer Strategie. Mit der Zusammenführung von BNPL mit unserem Kreditkartengeschäft können wir Synergieeffekte realisieren und unsere über zwei Millionen Kundinnen und Kunden noch besser bedienen. Die Zusammenarbeit mit Twint ermöglicht uns zusätzliche Reichweite.

Welche Baustelle, welches Projekt beschäftigt Sie als CEO von Cembra momentan am intensivsten?

Baustellen haben wir glücklicherweise keine. Aber es ist natürlich viel los. Das Marktumfeld ist dynamisch und herausfordernd. Wir müssen agil bleiben. Das heisst, unsere Strategie konsequent umsetzen und gleichzeitig auch auf die sich entwickelnden Ansprüche und Wünsche der Kunden und Partner eingehen. Es liegt mir viel daran, dass wir am Puls der Zeit bleiben und vorausschauend handeln.

Im Rahmen Ihrer Strategie erneuern Sie Ihr Kernbankensystem. Mit wem arbeiten Sie da zusammen?

Für die Überarbeitung unseres Kernbankensystems arbeiten wir mit dem auf Consumer-Finance und Payments spezialisierten Unternehmen Banqsoft zusammen. 

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz für Cembra?

Machine-Learning und Algorithmen nutzen wir schon lange, beispielsweise bei der Betrugsprävention. Natürlich hat sich die Entwicklung mit mehr Rechenleistung etc. nochmals beschleunigt und wir schauen laufend, wie wir diese Möglichkeiten noch besser für uns nutzen können, zum Beispiel im Risikomanagement. Zudem sehen wir auch, wie viele unserer Mitarbeitenden solche neuen Themen begeistert aufnehmen. Diese Energie wollen wir nutzen und den Einsatz von KI systematisch ausbauen. 

Was zum Beispiel?

(Schmunzelt) Mein Ansatz ist stets: Zuerst erarbeiten wir Konzepte, setzen sie um, und reden dann darüber.

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