Die nächsten drei Jahre sind entscheidend: Wenn der Ausstoss der Treibhausgase danach nicht zurückgeht, können die Vorgaben des Klimaabkommens Experten zufolge kaum erfüllt werden. Aber es gibt einen Plan.
Um die Ziele des Pariser Abkommens zum Klimaschutz noch erreichen zu können, ist Experten zufolge bis 2020 eine Wende im Ausstoss von Treibhausgasen nötig. In einem Appell an den G20-Gipfel nächste Woche in Hamburg riefen mehr als 60 bekannte Wissenschaftler, Wirtschaftsführer und Politiker am Mittwoch in Washington die führenden Industrieländer und aufstrebenden Wirtschaftsnationen (G20) zu grösseren Anstrengungen auf.
Temperaturanstieg unter zwei Grad zu begrenzen
Zu den Autoren des Aufrufs gehören unter anderem die frühere UNO-Klimachefin Christiana Figueres und Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Sie formulierten sechs Ziele, die alle Vertragsparteien in drei Jahren erreichen müssten.
Denn sollten die Emissionen nach 2020 weiter ansteigen oder auch nur so hoch bleiben wie bisher, «sind die Temperaturziele von Paris fast nicht mehr erreichbar», warnten die Autoren des Aufrufs, der im Fachmagazin «Nature» veröffentlicht wurde. Das Klimaabkommen sieht vor, den Anstieg der Temperaturen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit unter zwei Grad zu begrenzen, aber möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen, um katastrophale Auswirkungen zu verhindern.
Was sich bis 2020 ändern muss
«Es ist weiterhin ein langer Weg, um die Weltwirtschaft kohlenstofffrei zu machen», stellten die Unterzeichner fest. «Die politischen Winde sind stürmisch», hiess es auch mit dem Hinweis auf den Ausstieg der USA unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Abkommen, der vertragsgemäss im November 2020 wirksam werden kann. Das Jahr sei nicht nur politisch, sondern nach jüngsten Untersuchungen auch physikalisch bedeutend, um die Erderwärmung zu bremsen.
Hier die von den Autoren formulierten Ziele, die ihrer Meinung nach bis 2020 erreicht sein müssen, um die Klimawende zu schaffen:
Energie: Erneuerbare Energien sollten mindestens 30 Prozent des Strombedarfs der Welt abdecken (gegenüber 23,7 Prozent im Jahr 2015). Nach 2020 dürften keine neuen Kohlekraftwerke mehr genehmigt werden, bestehende müssten auslaufen.
Infrastruktur: Städte und Regionen sollen Aktionspläne starten, um Gebäude und Infrastruktur bis 2050 ohne Kohle zu betreiben. Dafür müssten jährlich 300 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden. Jedes Jahr müssten Städte mindestens drei Prozent ihrer Gebäude so modernisieren, dass sie keine oder fast keine Emissionen erzeugen.
Mehr Elektroautos und mehr Wald
Transport: Elektroautos müssten bis 2020 mindestens 15 Prozent der globalen Verkäufe ausmachen (heute knapp ein Prozent für E-Autos oder Plugin-Hybride). Es brauche Zusagen, die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu verdoppeln, die Kraftstoffeffizienz von Lastwagen um 20 Prozent zu steigern und im Luftverkehr 20 Prozent weniger Treibhausgase pro Kilometer auszustossen.
Land: Statt Wälder weiter zu zerstören, müsse es Aufforstung geben. Die Netto-Emissionen durch Rodung und Landnutzung müssten im nächsten Jahrzehnt gestoppt werden. Die Bewaldung sollte bis 2030 genutzt werden, um Senken als Speicher für Treibhausgase zu schaffen. Nachhaltige Landwirtschaft könne helfen.
Industrie: Die Schwerindustrie müsse Pläne mit dem Ziel vorlegen, ihre Effizienz zu verbessern und Emissionen weit vor 2050 zu halbieren. Kohlenstoffintensive Sektoren wie Eisen, Stahl, Zement, Chemie oder Öl und Gas stossen heute mehr als ein Fünftel des globalen Kohlendioxids aus - nicht eingerechnet ihren Strom- und Heizbedarf.
Finanzen: Die Finanzwirtschaft sollte Kapitalflüsse überdenken und bis 2020 mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr für den Klimaschutz mobilisieren - hauptsächlich aus dem privaten Sektor. Regierung, Banken und Kreditgeber wie die Weltbank müssen mehr «grüne Anleihen» auflegen, um den Markt von 81 Milliarden US-Dollar 2016 zu verzehnfachen.
(sda/ccr)
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