Es war ein Schock für alle, als Benjamin de Rothschild im Januar dieses Jahres erst 57-jährig an einem Herzinfarkt starb. In der Privatbankengruppe Edmond de Rothschild indes sollte keine Unruhe aufkommen: Gattin Ariane de Rothschild, bisher Vizepräsidentin, übernahm die Rolle ihres verstorbenen Mannes und wurde Präsidentin der Familienholding.
Sie ist eine erfahrene Bankerin, die einst als Traderin in New York ihre Sporen verdient hat, und dennoch sorgte der Schritt für Aufsehen. Denn bei den Rothschilds, der wohl berühmtesten Bankierfamilie der Welt, deren verschiedene Zweige sich über ganz Europa verteilt haben, galt die Tradition, Schlüsselpositionen Männern vorzubehalten.
Stammvater Mayer Amschel Rothschild hatte bei seinem Tod 1812 im Testament unmissverständlich verfügt, dass an Geschäften ausschliesslich männliche Familienmitglieder teilnehmen dürfen. Ariane de Rothschild indes hat schon früh klargemacht, dass sie von derlei nichts halte: Führung sei weder eine Frage des Geschlechts noch des Namens.
Nun hat sie eine weitere Schlüsselposition mit einer Frau besetzt: Cynthia Tobiano, bislang Finanzchefin und stellvertretende CEO der Bank, amtet seit dem 1. Oktober als CEO der Edmond de Rothschild Holding SA, der Dachgesellschaft der Gruppe. Sie ist die engste berufliche Vertraute von Ariane de Rothschild, und dies schon seit vielen Jahren.
Schon seit 2011 ist sie bei der Bankengruppe, eingestiegen einst als Chefin Finanzen und Entwicklung bei der französischen Niederlassung. Auch sie ist eine Vollblutbankerin, die ihre Karriere einst im Investmentbanking bei der US-Bank Goldman Sachs in London startete. Schon vorher hatte sie Funktionen in der Familienholding, und sie war es auch, die BILANZ im Februar für ein Gespräch über die Bank zur Verfügung stand, als Ariane de Rothschild selber so kurz nach dem Tod ihres Gatten dafür nicht bereit war.
CHEFIN: Cynthia Tobiano ist seit dem 1. Oktober CEO der Edmond de Rothschild Holding.
Die Kerneinheit der Gruppe, die Bank selber, wird operativ indes immer noch von Männern geführt. Der bisherige CEO Vincent Taupin hat sich im Juni pensionieren lassen und wurde durch François Pauly, der schon seit 2016 im Verwaltungsrat war, ersetzt. Als neuer Finanzchef und Ersatz für Tobiano in dieser Funktion amtet Philippe Cieutat, der bislang bei Edmond de Rothschild (France) tätig war.
Mit dem Schulterschluss mit der Hottinger Group, einem in London basierten Family Office, das rund 200 reiche Familien betreut, hat die Edmond-de-Rothschild-Gruppe jüngst einen weiteren Expansionsschritt gemacht. Ariane de Rothschild hat schon im Mai in Interviews angedeutet, dass die Bankengruppe nicht zum Verkauf stehe und im Gegenteil selber nach Akquisitionen Ausschau halte.