Es war einer der wenigen Lichtblicke in einem ansonsten reichlich tristen Jahr für Roche: Nach der Ankündigung, die kalifornische Biotech-Firma Carmot Therapeutics zu übernehmen, schoss der Aktienkurs um 2,8 Prozent nach oben und konnte sich seither annähernd auf dem neuen Niveau halten. Zwar bleibt Roche mit einem Minus von 15,6 Prozent auch jetzt noch die nach Lonza zweitschlechteste aller SMI-Aktien im Börsenjahr 2023, aber immerhin.
Carmot hat Produkte gegen Fettleibigkeit in der Pipeline, und die sind derzeit die ganz heisse Sache im Markt. Konkurrent Novo Nordisk ist mit seinen Abnehmspritzen Saxenda und Wegovy innert weniger Jahre zum wertvollsten Pharmaunternehmen Europas geworden, und auch die amerikanische Eli Lilly mit ihrem Zepbound ist ein Highflyer.
Der Markt scheint zu goutieren, dass Roche doch noch begriffen hat, dass das ein interessanter Bereich ist. Dass die Basler fast als Letzte auf den Zug aufgesprungen sind, spricht allerdings nicht für das Management. Umso weniger, als Roche die Chance gehabt hätte, einer der frühen Trendsetter zu sein.
In der Kritik steht der frühere CEO Severin Schwan, CEO von 2008 bis 2023, der heute als Präsident wirkt. 2018 fiel unter Schwan ein Entscheid, der von wenig Weitsicht zeugt: Die japanische Roche-Tochter Chugai verkaufte die Rechte an einem potenziellen Abnehmwirkstoff, und dies erst noch an einen der härtesten Konkurrenten – Eli Lilly. Schwan-Nachfolger Thomas Schinecker hat nun das Steuer mit dem Carmot-Kauf wieder herumgeworfen.
Als Grund für den Ausstieg gibt die Pressestelle auf Anfrage an, dass im Jahr 2018 «weder die breitere potenzielle Anwendung» solcher Wirkstoffe klar gewesen sei, «noch waren die wissenschaftlichen Erkenntnisse so weit fortgeschritten wie heute». Dass sich die Wissenschaft weiterentwickelt ist aber eine banale Erkenntnis. Der Rückgang des Roche-Kurses um über 30 Prozent in den letzten zwei Jahren zeigt, dass der Markt von den Chefs eines Milliardenkonzerns, der sich explizit als wissenschaftsgetrieben definiert, mehr erwartet.