Wenn sich auf einer Plattform wie Reddit tausende «Robinhood»-Investoren und Klein-Daytrader verbünden, dann schaffen sie es, selbst Short-Selling-Spezialisten und Hedge Funds in die Zwickmühle zu bringen: Das ist eine interessante Lektion aus den letzten zwei Wochen an den US-Börsen.
Gern wird jetzt daraus eine David-gegen-Goliath-Story gestrickt: Kleinanleger gegen «Fat Cats», junge Männer in Sneakers gegen «The Suits», also die Anzugträger des Finanz-Establishment.
Doch das übersieht, dass noch andere Player am Pokertisch sitzen und grosse Chips zu sich rüberschaufeln.
Diese Spieler gehören definitiv zum Geld-Hochadel. Und sie sind es, die vom Kurs-Boost bei Aktien wie GameStop, Nokia oder ACM Entertainment wirklich profitiert haben. Zumindest in dieser Phase.
Konkrete Zahlen legt nun «Investor's Business Daily» vor: Die kalifornische Finanzmarkt-Zeitung ging der entscheidenden Frage nach, wem die Aktien von Gamestop, dem allergrössten Börsenboomer, eigentlich gehört hatten, als die Kursexplosion vor zwei Wochen startete. Mit Daten der Börsenaufsicht SEC und aus Unternehmens-Mitteilungen erarbeitete sie, welche Unternehmen, Fonds und Personen ursprünglich welche Gamestop-Bestände hatten – und rechnete dann aus, um wieviel diese Werte bis letzten Freitag, 29. Januar 2021, zugelegt hatten.
Das Ergebnis: Neun glückliche Parteien konnten den Buchwert ihrer Anlagen alleine in dieser einen Aktie um über 1 Milliarde Dollar steigern. Und gemeinsam betrug das Plus der neun Player 16 Milliarden Dollar.
Zwei Privatpersonen finden sich auf der Liste: einerseits Donald A. Foss, der einst mit einer Autofinanzierungs-Firma zum Milliardär wurde; andererseits Ryan Cohen, Mitgründer der E-Commerce-Firma Chewy: Es war sein Einstieg bei Gamestop, der vor wenigen Tagen den ganzen Hype überhaupt auslöste.
Dann aber wird das Bild geprägt von bekannten Fonds- und Wealth-Management-Giganten. Vorne mit dabei sind, wenig überraschend, Fidelity, Blackrock und Vanguard.
Unter den grössten herkömmlichen Gamestop-Aktionären finden sich dann weitere Wealth Manager und Fondsgesellschaften, zum Beispiel State Street, Charles Schwab oder Invesco. Es finden sich Grossbanken wie Morgan Stanley, Wells Fargo, BNY Mellon und Goldman Sachs. Und da ist auch die Norges Bank, also Norwegens Nationalbank (H/T: «Zerohedge»).
Eine entscheidende Frage steht allerdings noch in Raum – es ist dieselbe wie bei den vielen Kleinaktionären: Wer ist ausgestiegen? Wer hat die Buchgewinne auch wirklich realisiert? Und wer riskiert, dass der Zuwachs in den nächsten Tagen oder Wochen wieder flöten geht?
Die Vermögensverwalter geben ihre Trades normalerweise nicht bekannt. Erst die nächsten SEC-Veröffentlichungen werden es andeutungsweise zeigen.
Kleinanleger gegen Profis? Oder umgekehrt?
Ein Spezialfall ist Silver Lake: Die kalifornische Beteiligungs-Gesellschaft war massiv in Wandelanleihen von AMC Entertainment investiert, einem weiteren Unternehmen, dessen Aktien durch das «Reddit-Phänomen» in den Himmel geschossen wurden. In der Nacht zum Samstag meldete Silver Lake nun, die erhaltenen Aktien im Wochenverlauf abgestossen zu haben. Die Investment-Manager lösten dabei durchschnittlich knapp 20 Dollar pro Titel.
Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren die AMC-Aktien auf gut 2 Dollar eingebrochen, weil die Kinokette wegen der Lockdowns ihre Häuser schliessen musste.
Am Ende heimste Silver Lake einen Gesamtgewinn von 113 Millionen ein. Und jetzt liegen viele der Papiere, welche die Profis da abstiessen, bei den mutigen Kleinanlegern. Fortsetzung folgt.
(rap – mit Material von «Bloomberg»)