Nur wenige Branchen sind von konjunkturellen Zyklen derart stark betroffen wie die Arbeitsvermittlungsfirmen – wenn auch mit einer gehörigen Verzögerung. In einer wirtschaftlichen Aufschwungphase, wo Unternehmen schnell auf die steigende Nachfrage reagieren müssen, stocken viele Firmen ihren Personalbedarf zuerst mit Temporärarbeitern auf. Doch schrumpft die Wirtschaft, müssen die Zeitarbeiter zuerst gehen. Das erklärt, weshalb die Resultate der weltgrössten Temporärarbeiterfirma, Adecco, für 2012 enttäuschend ausgefallen sind; zwar konnte der Umsatz gehalten werden, doch sackte der Konzerngewinn um 27 Prozent ab.
Der Start ins neue Geschäftsjahr ist missglückt; der Umsatz sank um 10 und der Gewinn gar um 40 Prozent. Was das Adecco-Führungsduo, CEO Patrick De Maeseneire und Präsident Rolf Dörig, nicht daran hindert, Zuversicht zu demonstrieren. Für die konjunkturelle Entwicklung und damit für die eigene Branche sind sie positiv gestimmt. Die Nachfrage nach temporären Arbeitskräften, vor allem in den USA, werde steigen. Die problematischen Gebiete liegen allerdings quasi vor der Haustüre, in Europa. Insbesondere Frankreich, der wichtigste Markt, der knapp ein Viertel an den Umsatz beisteuert, befindet sich in einem desolaten Zustand. Da wurden im ersten Quartal denn auch die stärksten Einbrüche registriert. Solange sich die Wirtschaft in Europa und speziell in Frankreich nicht deutlich erholt, bleiben die Aussichten von Adecco bewölkt. Wer jedoch antizyklisch investiert, dem bieten die Aktien mittelfristig viel Kurspotenzial. Der Broker Helvea schätzt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2015 auf attraktive 10,5.
Mehr Doping. Seit Jahren stellt Willy Michel, Gründer, Präsident, CEO und Mehrheitsaktionär der Burgdorfer Medizinaltechnikfirma Ypsomed, den Turnaround in Aussicht. Und seit Jahren muss Michel die Trendwende vertagen. So auch 2012. Umsatz und Betriebsgewinn gingen um zwei respektive sechs Prozent zurück, der Reingewinn brach um vier Fünftel ein. Der 66-Jährige wollte eigentlich in diesem Jahr den Chefsessel für seinen Sohn Simon Michel räumen. Doch nun hat er die Stabübergabe verschoben. Er wolle als CEO bleiben, weil er mit dem Zustand seines Unternehmens noch nicht zufrieden sei.
Michel senior verströmt in gewohnter Manier Optimismus. Noch im laufenden Geschäftsjahr soll der Umsatz um gegen zehn Prozent zunehmen, auch die Ebit-Marge dürfte deutlich steigen. Kommt jetzt der lange angekündigte Turnaround? Die Börse mag nicht so recht daran glauben. Die Aktien, die über die letzten Jahre mehr als zwei Drittel ihres Wertes eingebüsst haben, tendieren seit Wochen seitwärts. Gemessen an einem für 2013 geschätzten KGV von weit über 50 sind die Titel denn auch nicht sexy. Mittelfristig aber verspricht das Geschäft mit Injektionssystemen und -nadeln zur Verabreichung flüssiger Medikamente munteres Wachstum; weltweit leiden immer mehr Menschen an Diabetes. Doch ein Einstieg eilt nicht.
Matter Glanz. «Der Goldpreis ist wieder etwas gestiegen. Ich bin Kleinanleger und überlege mir, Gold zu kaufen. Was raten Sie?» Ähnliche Mails wie jene von V.C. habe ich auch von anderen Lesern erhalten. Nach dem Preissturz des Edelmetalls verstehe ich den Reiz, bei Gold einzusteigen. Doch wie ich an dieser Stelle schon mehrmals ausgeführt habe, halte ich von Gold als Anlagemedium nicht viel. Einmal wird die Preisentwicklung von kaum abschätzbaren Faktoren beeinflusst. Was noch mehr zählt: Das gelbe Metall wirft keine Zinsen ab. Mit Blick auf den Zinseszins-Effekt ist das ein arger Nachteil.
Dazu ein Beispiel: Die Aktien der Zurich Insurance Group bringen aktuell eine Dividendenrendite von saftigen 6,9 Prozent. Nach Abzug der Verrechnungssteuer bleiben immer noch 4,6 Prozent. Angenommen, ein Investor kauft Papiere für 20 000 Franken und reinvestiert die Dividenden jeweils, dann freut er sich nach zehn Jahren an einem Kapital von 31 300 Franken. Nach Steuern. Das entspricht einer Performance von 57 Prozent – wohlgemerkt ohne (höchst wahrscheinliche) Kursgewinne der Aktien. Der Goldpreis müsste in dieser Periode auf mindestens 2200 Dollar pro Unze steigen, um da mithalten zu können. Wer Angst vor Hyperinflation hat, kann sein Portfolio mit etwas Gold ausgiessen. Doch schwergewichtig auf edles Metall zu setzen, ist gefährlich.
Frischzellenkur. Jahrelang haben sich die Aktienkurse von Yahoo kaum bewegt. Seit Marissa Mayer beim Webportal-Betreiber das Zepter übernommen hat, geht es wieder aufwärts; gut 70 Prozent haben die Valoren zugelegt. Nicht aufwärts geht es dagegen mit den Umsatzzahlen. Zwar konnte die 38-Jährige für 2012 erstmals seit vier Jahren wieder ein (minimes) Umsatzwachstum bekanntgeben. Im ersten Quartal dieses Jahres dagegen ging der Umsatz wieder um sieben Prozent zurück. Bedenklich sind vor allem die Einbussen in Yahoos Kerngeschäft, den Werbeeinnahmen. Die Chefin dagegen zeigt sich zufrieden und meint, das Unternehmen befinde sich auf dem richtigen Weg.
Das darf bezweifelt werden. Yahoo als einer der ersten Internetstars ist in die Jahre gekommen, das Geschäftsmodell benötigt dringend eine Auffrischung. Nur hat die beim schärfsten Konkurrenten, Google, abgeworbene Mayer noch keine neue Strategie gefunden. Ihr einstiger Arbeitgeber dominiert mit seiner Suchmaschine und dem Online-Werbesystem den Markt. Yahoo dagegen stochert im Nebel. Auch die Partnerschaft mit Microsoft hat bislang nicht den erhofften Wachstumsschub gebracht. Nun geht die Konzernleiterin, die 2012 für sechs Monate Arbeit 37 Millionen Dollar erhielt, den Weg des geringsten Widerstands: Sie öffnet die Geldbörse und kauft ein. Jüngst die Plattform Tumblr, und zwar für 1,1 Milliarden Dollar – das 84fache des Umsatzes. Weitere Akquisitionen dürften folgen.
Der Einkauf von frischen Ideen und Internet-Talenten ist sicher nicht falsch. Doch damit lässt sich keine neue Strategie begründen. Ich bezweifle, dass sich Yahoo neu erfinden kann. Die Aktien sind mit einem für das laufende Jahr geschätzten KGV von 18,7 bewertet, Google kommt auf 18,2. Da bevorzuge ich den wachstumsstärkeren und innovativeren Marktleader Google.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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