Die Vermögenssteuer ist, mehr noch als die direkte Bundessteuer, eine reine Reichtumssteuer: Zehn Prozent der Steuerpflichtigen leisten rund neunzig Prozent des Vermögenssteuerertrages, der etwa 8,4 Prozent der gesamten Steuererträge von Kantonen und Gemeinden ausmacht. Bei Vermögensanlagen mit geringem Ertrag reichen die erwirtschafteten Einnahmen nicht aus, um neben der Einkommenssteuer auf dem Ertrag auch noch die Vermögenssteuer zu begleichen. Als Resultat führt die Vermögenssteuer zu einer Vermögensverminderung. Kein Wunder, dass den Superreichen die Belastung durch die Vermögenssteuer oft mehr Sorgen bereitet als die Einkommenssteuer und sie nach Optimierungsmöglichkeiten suchen.

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Innerhalb der Schweiz sind die einzigen nennenswerten Möglichkeiten der Wohnsitzwechsel und der Immobilienkauf am richtigen Ort. Da Immobilien generell am Lageort besteuert werden, kann die Steuerbelastung auch ohne Wechsel der eigenen vier Wände mit einer Investition am richtigen Ort wenigstens zu einem Teil gesenkt werden. Durch innovative Steuergesetzrevisionen ist die Auswahl inzwischen wesentlich grösser geworden (siehe
BILANZ 4/2006). Gleichzeitig ist die Belastungsschere noch weiter aufgegangen und der Anreiz für einen Wohnsitzwechsel damit grösser geworden. In den teuersten Kantonen liegt die Vermögenssteuer bei fast einem Prozent, wogegen an den günstigsten Standorten lediglich rund ein Promille zu bezahlen ist.

Ein betroffener Steuerpflichtiger hat mir vorgerechnet, dass seine Gesamtsteuerbelastung mit einem Umzug aus dem Kanton Zürich ins grenznahe deutsche Waldshut sinken würde. Ein solcher Umzug ist allerdings kaum zu empfehlen, denn die Gier des deutschen Fiskus ist geradezu legendär. Allein die deutsche Kapitalgewinnsteuer könnte den theoretischen Steuervorteil wieder zunichte machen, von der deutschen Erbschaftssteuer gar nicht zu sprechen.

In der BILANZ-Liste der 300 Reichsten sind immer wieder neue Namen von zugezogenen Ausländern zu finden. Der Grund dafür ist der Pauschalbesteuerungsmodus, allerdings nur für in der Schweiz nicht erwerbstätige Ausländer. Davon profitieren schweizweit rund 3500 Steuerpflichtige mit fremdem Pass – mit dem Resultat, dass bei ihnen nur ein Bruchteil vom vorhandenen Einkommen und Vermögen besteuert wird.

Ähnliche Steuerprivilegien für Ausländer bieten allerdings auch verschiedene andere europäische Länder an. Am bekanntesten ist der «Non Resident»-Status, wie er in Grossbritannien möglich ist. Es kommt deshalb nicht von ungefähr, dass bereits einige sehr wohlhabende Schweizer ihren Wohnsitz nach London verlegt haben. In der Konsequenz heisst dies, dass die Schweiz mit der Pauschalbesteuerung ausländische Superreiche anlockt und gleichzeitig mit der Vermögenssteuer die eigenen Wohlbetuchten vertreibt. Meines Erachtens ist dies eine absurde Entwicklung.

Die Ungleichbehandlung von Schweizern und Ausländern geht aber noch wesentlich weiter. Der oft gehörte Tipp, das Vermögen in eine ausländische Familienstiftung oder einen Trust einzubringen, funktioniert für Schweizer in der Regel ebenfalls nicht. Von der schweizerischen Steuerkonferenz wird demnächst ein Kreisschreiben über die Besteuerung von Trusts herausgegeben. Danach sollen unter gewissen Bedingungen Trusts von Ausländern zukünftig steuerlich anerkannt werden, mit dem Resultat, dass der in der Schweiz wohnhafte Begünstigte das im Trust liegende Vermögen nicht versteuern muss. Beim so genannten Binnentrust jedoch, bei dem sowohl der Gründer wie auch der Begünstigte des Trusts Wohnsitz in der Schweiz haben, wird steuerlich der so genannte Durchgriff gemacht, das heisst, der Trust wird steuerlich als nicht existent angesehen. Ein ähnliches Bild zeigt sich in fast allen Kantonen bei den Stiftungen.

Ob diese Besteuerungsmodalitäten noch zeitgemäss sind, muss ernsthaft in Frage gestellt werden. Wäre es nicht viel sinnvoller, eine generell attraktive Steuerlandschaft zu schaffen, aber dafür Schweizer und Ausländer gleich zu behandeln? Denn: Die Steuerpflicht sollte nicht von der Nationalität abhängen. Damit die Schweiz für Ausländer auch ohne
Pauschalbesteuerung weiterhin attraktiv bleibt, bedarf es grundsätzlicher Änderungen im Steuersystem. Die Abschaffung der Vermögenssteuer könnte dabei der erste Schritt in die richtige Richtung sein. Eine Flat Tax möglicherweise der zweite.

Werner A. Räber, BILANZ-Steuerexperte, geschäftsführender Partner der
Dr. Thomas Fischer & Partner AG, Baar, www.dr-fischer-partner.ch