Die neue Studie «Versicherung: Das Paradoxon der Digitalisierung» von EPAM Systems, Zürich, untersucht den Online-Versicherungskauf in Deutschland und kommt zu dem Ergebnis: Die deutsche Versicherungswirtschaft nutzt nicht alle Chancen, die die Digitalisierung bietet. 

Die Benutzerführung beim Online-Versicherungsabschluss müsse verbessert werden, heisst es in einer Mitteilung zur qualitativen Studie. Die Customer Journey sei mit 64,7 von 100 Punkten nur «akzeptabel».

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Befragt wurden 120 Teilnehmende aus Deutschland, nach Geschlecht und Altersgruppe gemischt; sie schlossen online jeweils eine Hausrat-, eine Lebens- und eine Motorfahrzeugversicherung bei einem von zehn bekannten Versicherungsunternehmen ab. Ihre Erfahrungen in der «Customer Journey» wurden im Untersuchungszeitraum Mai bis Juni 2022 nach dem System der «System Usability Scale». (SUS) erfasst und mit einer Punktezahl von 0 bis 100 qualitativ bewertet.

Im Ergebnis waren viele Befragte mit dem von den genutzten Websites gebotenen Kundenerlebnis insgesamt nicht zufrieden.  Die Teilnehmenden gaben drei grundlegende Probleme mit ihrer Customer Journey an:

  • Die Vielzahl der verfügbaren Optionen war verwirrend. Es war schwierig, die passende Versicherung zu finden, und es gab keine Möglichkeit, alternative Pakete einfach zu vergleichen.
  • Auf den Websites der Anbieter wurden zu viele Daten abgefragt und die Customer Journeys dauerten zu lange.
  • Die angebotene Online-Hilfe war unzureichend. Die Websites stellten entweder Bots zur Verfügung, die nicht in der Lage waren, hinreichende Informationen zu liefern, oder sie forderten die Anwender auf, sich an einen Versicherungsvertreter zu wenden, um ihren Kauf abzuschliessen. Mit beiden Varianten waren die Teilnehmenden äusserst unzufrieden.

Unterschiedlich komplexe Produkte

Die Hausratversicherung erhielt die höchste SUS-Bewertung (69,1 – Note C), die Lebensversicherung die niedrigste (60,8 – Note D). Demnach fiel den Teilnehmenden der Abschluss einer Hausratversicherung am leichtesten und der Abschluss einer Lebensversicherung am schwersten. Die Studienautoren erklären dies mit der Komplexität der Produktabwicklung, etwa durch die Verfügbarkeit verschiedener Optionen, das Fehlen einer klaren Informationsarchitektur und die Langwierigkeit der Abwicklung.

Auch der Support auf den Websites entsprach nicht den Erwartungen der Benutzer. So waren 68 Prozent der Teilnehmenden nicht bereit, vor dem Abschluss mit einem Versicherungsmakler zu sprechen. 82 Prozent würden den Vertrag gerne online abschliessen.

Weitere Erkenntnis: Die Bereitschaft, einen virtuellen Assistenten zu benutzen, nimmt mit dem Alter ab. Vor allem Digital Natives bevorzugen diese Art der Beratung.

Machen Aggregatoren ihre Sache besser?

Die Studie untersuchte auch die Webseiten von sogenannten Aggregatoren, also Plattformanbietern, die Produkte verschiedener Anbieter zugleich anbieten. Die Befragten aller Altersgruppen berichteten hier durchweg von positiven Erfahrungen, also etwa einer guten Gestaltung, einer klaren Informationsarchitektur und benutzerfreundlichen Funktionen.

Zitat einer Testperson aus der Generation der Millennials: «Zuerst dachte ich, das wäre zu kompliziert und unübersichtlich, aber es ist praktisch, alles an einem Ort zu finden. Was mir besonders gut gefallen hat, waren die Erklärungen zu den Fragezeichen mit praktischen Tipps und Ratschlägen, die einem helfen, das Formular richtig auszufüllen.»

Empfehlungen für Versicherungsunternehmen

Die Studie identifiziert fünf Masnahmen, mit denen sich die Benutzerfreundlichkeit für Versicherungskunden verbessern lässt. In Kurzfassung lauten diese:

  1. Minimieren Sie den Zeitaufwand für das Ausfüllen des Antrags.
  2. Sorgen Sie bei den Optionen für maximale Transparenz und rationalisieren Sie die Informationen.
  3. Bieten Sie Unterstützung für den Bedarfsfall an und zugleich mehr Unabhängigkeit, wo immer es geht.
  4. Orientieren Sie sich an den Webseiten von Aggregatoren, die eine effiziente und unkomplizierte Kundenführung bieten.
  5. Der Kunde muss im Mittelpunkt stehen: Marktforschung kann helfen, die Kunden besser zu verstehen.