Im Herbst wechseln nicht nur die Bäume ihre Blätter, sondern zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer auch ihre Krankenversicherung. Gemäss einer Analyse von Accenture Schweiz dürften es in diesem Jahr rund 10 Prozent der Prämienzahlenden sein. 

Wechselanreize sinken

Dass es trotz den teilweise happigen Prämienaufschlägen nicht mehr sind, liegt gemäss Marcel Thom, Managing Director und Verantwortlicher für den Bereich Versicherungen sowie Digital Health bei Accenture, an unterschiedlichen Faktoren. «Einerseits hat die neue Branchenvereinbarung die Vertriebspower nachhaltig verändert, anderseits werden die Wechsel-Anreize immer geringer.» Gemäss Untersuchungen von Comparis können bei einem Wechsel der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nur knapp eine Million Kundinnen und Kunden signifikant sparen. Der Preis verliert also an Gewicht und andere Faktoren wie Qualität oder digitale Tools werden immer wichtiger. «Zudem haben bei unserer Studie nur gerade zwei Prozent der Befragten das Thema Gesundheit als einen der drei Top-Bereiche, in denen sie sparen möchten, angegeben.

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Digitalisierung im Einsatz für die Kundenbindung

Mit der Digitalisierung haben in den vergangenen Jahren viele Krankenversicherer in die Kundenbindung sowie in Analyse-Tools investiert, die wechselgefährdete Versicherte identifizieren sollen, damit Kundenberaterinnen und -berater gezielte Retentionsmassnahmen einleiten können. 

Gleichzeitig sorgen auch die Apps für eine bessere Kundenbindung, sowohl in der Grund- als auch in der Zusatzversicherung. Aber aufgepasst: Eine App ist als Kundenbindungsmittel nur dann wirksam, wenn sie einfach, schnell und ansprechend ist und den Kunden damit ein positives Erlebnis bietet. «Dazu bedarf es unter anderem der kontinuierlichen Auswertung von Nutzerdaten, genügend Kundenfeedbacks zur Identifikation von Optimierungs- und Ausbaupotenzialen sowie einer sehr agilen und regelmässigen Weiterentwicklung», betont Marcel Thom. Um den Kundenbindungseffekt zu stärken, sei es zudem unabdingbar, dass die Krankenversicherer davon wegkommen, eine Vielzahl von Apps zu betreiben. «Die Nutzer präferieren eine zentrale Anlaufstelle, alle Dienstleistungen sollten daher in einer einzigen App zusammengefasst sein.»

Ökosystem Super-App  

In diesem Zusammenhang gewinnen sogenannte Super-Apps, die als zentraler Anlaufpunkt für die Nutzer agieren, an Bedeutung. Diese integrieren verschiedene relevante Dienstleistungen des täglichen Lebens wie Navigation, Mobilität, Finanzdienstleistungen, Kommunikation oder Marktplätze oftmals über verschiedene Anbieter hinweg in einer App. «Das sind sozusagen Ökosysteme, die in einer Super-App zusammengefasst sind; die Super-App wiederum kann nahtlos auf verschiedene Micro-Apps zugreifen.»

In Asien ist man sich des Potenzials dieser Super-Apps bereits voll bewusst: WeChat, Alipay, Grab oder Gojek sind nur einige davon. «Der Trend ist global im Vormarsch und sollte auch Schweizer Versicherer aktiv beschäftigen», konstatiert Marcel Thom. Aktuell kümmern sich diese am liebsten um den Aufbau von Ökosystemen rund um Loyalitäts- und Bonusprogramme, die gesundheitsförderndes Verhalten belohnen. Super-Apps sind noch kein Thema.

Zu guter Letzt kommt auch der guten alten Werbung und der Unternehmenskommunikation eine wichtige Rolle zu, um das volle Potenzial der Apps zu nutzen. Weil Krankenversicherungen nach wie vor als Low-Involvement-Produkt gelten, müssen Konsumentinnen und Konsumenten gezielt auf die Apps und ihre Vorteile hingewiesen werden. 

 

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