Die Zukunft steht vor der Tür. Vor ein paar Tagen erst veröffentlichten Wissenschafter das erste Bild eines schwarzen Lochs, die fliegende Raketenabflugplattform Stratolaunch absolvierte ihren Erstflug und dem privat gehaltenen US-Unternehmen SpaceX gelang der Start der schubstärksten Trägerrakete der Welt.
Der Markt für Weltraumwirtschaft boomt und wird damit zunehmend auch für Anleger relevant. Gemäss Schätzungen der UBS könnte der Bereich in den nächsten zwanzig Jahren von derzeit 340 Milliarden Dollar auf fast 1000 Milliarden anwachsen. Das entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 4,6 Prozent. Analysten von Morgan Stanley rechnen sogar mit 1100 Milliarden Dollar.
Treiber des Booms sind nicht etwa staatliche Raumfahrtorganisationen wie die Nasa in den USA oder die DLR in Europa, sondern die nachhaltigen Investitionen von einzelnen New-Economy-Milliardären. Ihre Visionen von Raumfahrttourismus und Asteroidenbergbau wurden lange als teure Träumereien belächelt. Doch nun geht es in rasantem Tempo voran, wie die gelungenen Raketenstarts der letzten Wochen beweisen.
Hinter dem Milliarden-Projekt Stratolaunch steht der mittlerweile verstorbene Microsoft-Mitgründer Paul Allen. Seine Idee war es, fliegende Flugzeuge als Startrampe für Weltraumraketen einzusetzen. Allen förderte das Projekt gemäss Schätzungen mit rund 1 Milliarde Dollar. Den Erstflug von Stratolaunch in der Mojave-Wüste im US-Staat Kalifornien erlebte er allerdings nicht mehr. Nun müssen seine Erben entscheiden, wie es mit dem weltgrössten Flugzeug (117 Meter Spannweite, zwei Rümpfe, sechs Triebwerke) weitergeht. Angeblich ist die US-Luftwaffe an Stratolaunch interessiert.
Elon Musk und Jeff Bezos investieren
SpaceX mit seiner gerade abgeflogenen Rakete Falcon Heavy wiederum wurde 2002 von Tesla-CEO Elon Musk gegründet. Musk, der geschätzte 100 Millionen Dollar in SpaceX investierte, ist von der Vorstellung getrieben, dass Leben auf anderen Planeten möglich ist. Zunächst möchte er den Mars kolonisieren.
SpaceX ist heute bereits dank seinen Raketen Falcon 9 und dem Raumschiff Dragon der wichtigste Versorger von Raumstationen und bietet zudem kommerzielle Satellitenstarts an. 2017 meldete das Unternehmen die Rekordzahl von 18 Raketenabflügen. Im Jahr zuvor waren es noch acht. Der gerade erst erfolgte Flug der Falcon Heavy war der 76. Start einer Falcon-Rakete seit 2006 und bereits der vierte Start in diesem Jahr.
Die Rakete transportierte einen grossen Telekommunikationssatelliten für den saudi-arabischen Betreiber Arabsat in eine stationäre Erdumlaufbahn. Dieser soll den Mittleren Osten sowie Teile von Europa und Afrika mit TV-Programmen, Internet, Telefon und Datenverbindungen versorgen.
SpaceX hat Aufträge im Wert von 12 Milliarden Dollar
Der Auftragsbestand von SpaceX mit Hauptsitz in Hawthorne (Kalifornien) beläuft sich gemäss eigenen Angaben auf über hundert vertraglich gesicherte Raketeneinsätze mit einem Gesamtwert von 12 Milliarden Dollar. Die grösste Leistung von SpaceX ist es, die Kosten für einen Satellitenstart auf 60 Millionen Dollar verringert zu haben. Dies durch den Einsatz von wiederverwendbaren Raketen und leichten Materialien. Hauptkonkurrent United Launch Alliance (Joint Venture von Lockheed Martin und Boeing) nimmt für einen Start ins All 200 Millionen Dollar.
Ebenfalls zu den begeisterten Hobby-Raumfahrern zählt Jeff Bezos. 2014 investierte der Amazon-Gründer angeblich über 500 Millionen Dollar in das Startup Blue Origin, das wiederverwendbare Raketen für den Raumfahrttourismus entwickelt. Das Unternehmen möchte noch in diesem Jahr den ersten bemannten Raumflug mit seiner New-Shepard-Rakete wagen.
Wenn es gelingt, können bei künftigen kommerziellen Raumfahrten je sechs Personen für eine kurze Reise von etwa 11 Minuten 100 Kilometer über die Erde befördert werden. Damit folgt Bezos den Spuren von Virgin-Atlantic-Gründer Richard Branson, der mit Virgin Galactic ebenfalls kommerzielle Raumfahrtexpeditionen anbieten möchte. Branson konnte 2017 vom Sovereign Wealth Fund von Abu Dhabi 1 Milliarde Dollar frisches Kapital für seine SpaceShip-Two-Mission einsammeln.
Gold und Silber auf dem Mond
Die sinkenden Startkosten (siehe Grafik rechts oben) in Kombination mit den technischen Fortschritten, die durch die Raumfahrt-Startups enorm vorangetrieben werden, lassen auch die Barrieren für die wirtschaftliche Nutzung des Weltraums fallen. So gibt es beispielsweise Versuche, auf dem Mond oder auf Asteroiden nach Rohstoffen zu suchen.
Die japanische Raumsonde Hayabusa 2 landete im Oktober 2018 auf dem Asteroiden Ryugu und ist gerade dabei, dort Material einzusammeln. Ihre Rückkehr zur Erde wird Ende 2020 erwartet. Indien, China und wahrscheinlich auch die USA werden dieses Jahr noch Mondmissionen starten.
Gemäss einer Analyse von Goldman Sachs kann ein Asteroid von der Grösse eines Fussballfeldes Platin im Wert von 25 bis 50 Milliarden Dollar enthalten. Ebenso kommen Wasser, Kohlenstoff und Phosphor in vielen Himmelskörpern vor. Auf dem Mond, der ja früher ein Teil der Erde war, wurden schon Gold, Silber, Titan, Wasser und sogar Helium-3 gefunden, das in der Kernfusion eingesetzt werden kann.
«Asteroidenbergbau könnte dazu beitragen, die Knappheit an verschiedenen Ressourcen auf der Erde zu beseitigen und den Planeten vor umweltschädlichen Auswirkungen der Mineralgewinnung zu verschonen», meinen die Analysten der UBS. Auch Blue-Origin-Gründer Jeff Bezos glaubt, dass die Menschheit mit der Nutzung des Weltraums als Ressource viele Probleme, die langfristig auf die Erde zukommen, lösen kann.
Wie Anleger profitieren können
So betrachtet ist für Anleger ein idealer Zeitpunkt gekommen, an der Raumfahrteuphorie zu partizipieren. Analysten der Bank of America glauben, dass «in den nächsten Jahrzehnten mehr Fortschritte gelingen, als in der gesamten Menschheitsgeschichte». Auch dürften wegen der Kapitalintensität des Geschäfts immer mehr private Raumfahrtunternehmen versuchen, an die Börse zu gehen.
Noch befinden sich die vielversprechendsten Startups in privater Hand (siehe Tabelle oben). Hier können Investoren den Eintritt über neue Finanzierungsrunden versuchen. Da die meisten hauptsächlich am Vermögen der Gründer hängen, gibt es jedoch auch viele Unsicherheiten. Wie etwa bei Stratolaunch, dessen Weiterbestehen nach dem Ableben von Paul Allen gefährdet ist.
Am solidesten dürfte SpaceX aufgestellt sein. Die Gesellschaft kann auf Aufträge der Nasa zählen und ist für diese unentbehrlich geworden. Über ein IPO wurde schon oft spekuliert. Unter den bereits kotierten Unternehmen, die in der Weltraumwirtschaft tätig sind, finden sich viele Rüstungshersteller wie Boeing, Lockheed Martin oder Northrop Grumman, die manche Anleger wegen bestimmter Ausschlusskriterien (ESG, SRI) nicht im Depot haben wollen.
Somit bleiben die grossen Satellitenbetreiber wie SES, Immarsat, OHB und Eutelsat aus Europa sowie die amerikanische Viasat, die im Weltall aktiv sind. Trotz aller Begeisterung darf auch nicht vergessen werden, dass die Raumfahrt historisch viele technische Rückschläge einstecken musste, die auch künftig nicht ausgeschlossen werden können.