Die Schweiz zieht seit Jahren Fachkräfte aus aller Welt an: Wegen seiner hohen Löhne und guten Lebensqualität ist das Land beliebt bei Expats. Im letzten World Talent Ranking der Businessschule IMD in Lausanne behauptete die Schweiz erneut den Spitzenplatz.
Doch dies scheint sich allmählich zu ändern. Denn die Rahmenbedingungen verschlechtern sich: Für Unternehmen wird es immer schwieriger, internationale Spitzenkräfte anzulocken. Das zeigt eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte und der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer (Swiss AmCham).
Schlusslicht Schweiz
Sie haben die Rahmenbedingungen in acht Ländern verglichen, demnach ist die Schweiz sogar das Schlusslicht. Eine besorgniserregende Entwicklung, so die Studienautoren, denn die Schweiz ist auf Fachkräfte von aussen angewiesen, zumal sich der Mangel in den kommenden Jahren noch verschärft.
Auf Platz eins ist Irland, gefolgt von Singapur, den Niederlanden, Kanada, Grossbritannien, Deutschland und Luxemburg. Auf dem letzten Platz landet die Schweiz.
Viele Schweizer Unternehmen scheuten mittlerweile die Hürden, um Arbeitskräfte aus dem Ausland anzustellen. Zwar sind nur 3 Prozent der jährlichen Migration – ausser aus EU- und EFTA-Staaten – in die Schweiz sogenannte Spitzenkräfte, für die hiesige Wirtschaft sind sie jedoch enorm wichtig.
Laut der Studie erwirtschaften 3800 Personen aus Drittstaaten fast eine Viertel Million Franken. Damit sind sie wesentlich produktiver als Schweizer Arbeitnehmer, die nur 150’000 Franken erwirtschaften. Viele Expats kommen zudem in die Schweiz und gründen ihr eigenes Unternehmen. Sprich, sie schaffen sogar Arbeitsplätze.
«Zeitgemässere» Regeln
Dabei wird es für Schweizer Firmen immer aufwändiger, Arbeitskräfte aus dem Ausland einzustellen. Schwierig sei es insbesondere, Arbeitsbewilligungen für «junge Hochtalentierte ohne lange Arbeitserfahrung» zu erhalten. Die Studienautoren fordern daher «zeitgemässere» Regeln für hochqualifizierte Arbeitnehmer und Studienabgänger.
«Mit verbesserten Rahmenbedingungen liesse sich die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Schweiz wirksam steigern und so unseren Wohlstand mehren», sagt Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz.
Der Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer Martin Naville sagt, dazu brauche es keine neues Einwanderungssystem oder eine Abschaffung der Kontingente für Arbeitskräfte von ausserhalb der EU und der EFTA. Vielmehr gehe es um «minimalinvasive Anpassungen, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz spürbar verbessern – und dies ganz ohne Nebenwirkungen wie Lohndumping, Dichtestress oder grösseren Wettbewerb um Arbeitsplätze».
Arbeitsbewilligung für junge Hochtalentierte
Konkret schlagen sie vor, die Rahmenbedingungen für junge Hochtalentierte sowie Startups zu verbessern: Absolventen von Schweizer Hochschulen aus Drittstaaten sollen drei Jahre lang in der Schweiz arbeiten dürfen. Eine weitere Gruppe, die bevorzugt in die Schweiz gelockt werden sollten: Berufsanfänger mit Master-Abschluss in einem Mint-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) von einer internationalen Top-Uni.
Zudem sollen hiesige Unternehmen «Top talent traineeships» anbieten können, das heisst Trainingsprogramme für internationale Nachwuchskräfte. Bisher scheitern solche Programme häufig an der Bewilligung.
In der Studie wurden die Bedingungen für ausländische Absolventen und Trainees in den acht Ländern verglichen. Dabei wurde etwa auch berücksichtigt, ob Anträge online bei den Behörden gestellt und eingesehen werden können. In der Schweiz ist dies nicht möglich.