Obwohl im wichtigen Absatzmarkt Hongkong seit Wochen der Ausnahmezustand herrscht, wurden im Juli weltweit mehr Schweizer Uhren als noch im letzten Jahr exportiert. In die Bresche sprangen andere grosse Märkte Asiens sowie die USA.
Seit Wochen gehen die Menschen in Hongkong auf die Strasse und demonstrieren für Freiheit, Demokratie und gegen die zunehmende Einflussnahme Pekings. Nicht selten eskalieren die Kundgebungen, Geschäfte bleiben geschlossen und die ansonsten so zahlreichen chinesischen Touristen meiden vermehrt die Einkaufsmetropole am südchinesischen Meer.
Das ist Gift für die Schweizer Luxusgüterindustrie. Denn mit einem Anteil von klar über 10 Prozent ist Hongkong ein Schlüsselmarkt für die hiesigen Uhrenhersteller. In der Juni-Statistik, die der Schweizerische Uhrenverband (FH) vor gut einem Monat publiziert hatte, waren die Spuren unübersehbar. Die Exporte nach Hongkong brachen um mehr als einen Viertel ein.
Zurück auf dem Wachstumspfad
Im Juli hat sich die Lage für Schweizer Uhrenkonzerne wie die Swatch Group oder Richemont aufgehellt. Zwar sanken die Ausfuhren nach Hongkong erneut. Mit 1,3 Prozent fiel das Minus aber weitaus weniger stark aus als erwartet, wie ZKB-Analyst Patrik Schwendimann in einem Kommentar festhielt.
Weltweit haben die Schweizer Uhrenexporte im Berichtsmonat entgegen den Erwartungen sogar zugelegt: Sie wuchsen nominal um 4,3 Prozent auf 1,9 Milliarden Franken, wie der Verband am Dienstag mitteilte. Hier hatten Experten mit einem Rückgang von um die 5 Prozent gerechnet.
Die Uhrenbranche sei nach dem schwachen Monat Juni auf den Wachstumspfad zurückgekehrt, freut man sich beim Verband. Blickt man auf die ersten sieben Monate des Jahres zurück, ergibt sich ein Plus von knapp 2 Prozent.
Gute Nachfrage in Festlandchina
Von der Krise in Hongkong profitieren Uhrenverkäufer in anderen asiatischen Ländern. So zumindest lässt sich das Exportwachstum in Festlandchina (+16%), dem drittgrössten Absatzmarkt für Schweizer Uhren erklären. Auch die Verkäufe in Japan (+23%) oder auch in Singapur (+18%) schossen in die Höhe.
Zudem bleibt die Nachfrage am zweitgrössten Markt für die Branche, den USA, gross. Hier legten die Exporte im Juli um 6,1 Prozent auf 192 Millionen Franken zu. Dagegen bleibe die Lage in Europa mit einem insgesamt leichten Rückgang der Exportzahlen unbefriedigend, teilte der Verband weiter mit.
Grosse Unterschiede sind auch in den verschiedenen Preissegmenten auszumachen. Nach wie vor glänzen die teuersten Zeitmesser mit guten Wachstumsraten. Das oberste Preissegment, in dem die Exporte von Uhren zu Preisen von über 3'000 Franken erfasst werden, legte im Juli um 8,5 Prozent zu.
Schlecht lief es demgegenüber erneut bei den günstigen Uhren zu (Export-)Preisen von unter 200 Franken. Hier nahmen die Ausfuhren gegenüber dem Vorjahresmonat um einen Fünftel ab.
Swatch nur leicht im Plus
An der Börse sind die Papiere der Uhrenkonzerne Swatch und Richemont mit den guten Juli-Daten zunächst stark in den Handel gestartet, haben allerdings im Verlauf des Morgens an Schwung verloren.
Analysten begrüssen zwar die besser als erwartete Entwicklung der Uhrenexporte im Juli. Gleichzeitig wird davor gewarnt, dass die Branche im August unter den anhaltenden Protesten in Hongkong leiden dürfte und der erstarkte Franken das Geschäft zusätzlich belasten werde.
(awp/mlo)