Innerhalb des Postnetzes verwischen sich die Grenzen zwischen den Leistungen in der Grundversorgung und den öffentlichen oder privaten Leistungsangeboten allmählich. Das hat die Aufsichtsbehörde Postcom festgestellt. Ihr Aufsichtsmandat müsse deshalb angepasst werden.
Die Postcom konstatiert in ihrem am Montag veröffentlichten Jahresbericht, der Wandel der Postbranche schreite infolge der Digitalisierung und den damit einhergehenden neuen Konsum- und Kommunikationsgewohnheiten weiterhin rasant voran.
In diesem herausfordernden Marktumfeld habe die Schweizerische Post im Berichtsjahr 2019 die Dienstleistungen der Grundversorgung in hoher Qualität erbracht. Auch die privaten Anbieter würden substanziell dazu beitragen, dass der Postmarkt in der Schweiz gut funktioniere.
Der Postmarkt in der Schweiz verzeichnete 2019 dank dem Paketboom insgesamt stabile Umsätze. Auf dem gesamten Postmarkt wurden im Berichtsjahr 4,1 Milliarden Franken umgesetzt und 3,2 Milliarden Sendungen befördert. Die Sendungsmenge fiel mit einem Rückgang von 4,2 Prozent deutlich tiefer aus. Diese negative Entwicklung ist auf die bedeutend geringeren Volumina bei den Briefen, Zeitungen und Zeitschriften zurückzuführen.
Aufsichtsaufgaben «immer komplexer»
Es gebe heute mehr Post-Agenturen als Poststellen, erklärte Postcom-Präsidentin Géraldine Savary laut Redetext am Montag vor den Medien in Bern. Die Zahl der Hausservice-Lösungen habe sich ebenfalls vervielfacht. Die Aufsichtstätigkeiten der Postcom würden dadurch immer komplizierter.
«Jedes Mal, wenn wir uns vom Modell der klassischen Poststelle als Fundament der Grundversorgung entfernen, wird es schwieriger zu kontrollieren, ob die Grundversorgung noch immer gewährleistet ist», so Savary.
Die möglichen Entwicklungen bei der Post, sowohl bezüglich ihrer Organisation als auch ihres Zustellnetzes und der Wandel des Postmarkts wirken sich laut Postcom auf die Qualität der Grundversorgung aus. Um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen, müssten das Aufsichtsmandat der Postcom sowie deren Aufsichtsinstrumente «gegebenenfalls angepasst werden».
Um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, sind laut Postcom die Aktivitäten neu am Markt auftretender Akteure zu überwachen. Laut Savary sind heute 193 Postdiensteanbieterinnen bei der Postcom registriert. 2019 habe man neue Akteure identifiziert und erfasst. Diese Anstrengungen sollten in den kommenden Jahren verstärkt werden, vor allem im Bereich der Essenslieferdienste und der Online-Plattformen.
Die Postcom betrachte diese Unternehmen nämlich als Teil des Postmarktes. In den kommenden Jahren prüfe man hier Mindeststandards und den Mindestlohn, so Savary.
Weiter würden Umweltfragen sowie die Erbringung von Dienstleistungen in sozial verantwortungsvoller Weise bei der Entwicklung des Postmarkts eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Postcom wolle auch Umweltkriterien vermehrt in ihre Kontrolltätigkeit einfliessen lassen, stellte Savary fest. Mit der Digitalisierung nehme der Warentransport weiter zu und dies wirke sich in beträchtlichem Masse auf die Umwelt aus.
Mit geeigneten Befugnissen ausstatten
Die Postcom stellte weiter fest, die durch das Coronavirus ausgelöste Gesundheitskrise habe aufgezeigt, dass das durch die Post und die privaten Anbieterinnen betriebene Postnetz in seiner Gesamtheit zu den wesentlichen Infrastrukturen des Landes gehöre. Alle Akteure seien von der Wucht und den Auswirkungen der Pandemie gleichermassen überrascht worden.
Die Corona-Krise habe gezeigt, dass die Post und die privaten Anbieterinnen sehr wohl zusammenarbeiten könnten, erklärte Savary. Dieser «Kooperationswettbewerb» soll nach dem Willen der Postcom Innovationen fördern und neue Leistungen bringen, die die Bedürfnisse der Bevölkerung und der Wirtschaft erfüllen.
Wichtig sei, dass die verschiedenen beteiligten Behörden, Instanzen und Unternehmen ihre jeweiligen Massnahmen aufeinander abstimmten. Wesentlich werde sein, dass die Postcom als Regulatorin mit den geeigneten Befugnissen ausgestattet werde, um im Bedarfsfall rasch Stellung nehmen oder handeln zu können.
Die Postcom ist eine unabhängige Behörde und einzig administrativ dem Departement Uvek angegliedert. Sie setzt sich aus sieben durch den Bundesrat gewählten Mitgliedern zusammen und wird durch ein Fachsekretariat unterstützt. In der Kommission sitzen seit Anfang dieses Jahres drei Romands und eine Tessinerin.
(sda/tdr)