Die Paris Motor Show ist eine der grossen Automessen und Treffpunkt der Autobranche. Heute Dienstag wird die Stimmung an der Messe aber zu den wahrscheinlich grauen Wolken über Paris passen. Die «Mondial d’Automobil» hat fast 100 Jahre nach der Eröffnung an Glanz verloren.

Die grossen Autobauer wie Volkswagen, Ford, FiatChrysler, Opel, Nissan, Infiniti, Mazda, Subaru, Mitsubishi und Volvo bleiben dem Autosalon in Paris fern. Volkswagen verzichtet dieses Jahr erstmals auf einen eigenen Stand. Aber auch die Luxusflitzer von Bentley, Ferrari oder Lamborghini werden nicht zu bestaunen sein. Immerhin sind noch französische Marken wie Peugeot und Renault dabei.

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Autobauer bleiben auch der IAA fern

Von einer internationalen Messe könne aber nicht mehr die Rede sein, sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Automotive Research Center der Universität Duisburg. «Die Zeit der grossen internationalen Messen ist vorbei». Überall bleiben die Autobauer fern. Auch bei der Internationalen Automobil-Ausstellung IAA in Frankfurt. Eine Werbeagentur aus Hamburg soll die Messe im «Autoland Deutschland» nun versuchen zu retten. Beauftragt vom Verband der Automobilindustrie. «Wir machen den Wandel in der Automobilbranche zum Programm der IAA», verkündet der Präsident des Verbands der deutschen Automobilindustrie Bernhard Mattes in einem Interview mit dem Werbeportal «Horizont».

Im vergangenen Jahr sind aber über ein Dutzend Automarken nicht mehr nach Frankfurt gekommen. Darunter Alfa Romeo, Fiat, Jeep, Nissan, Peugeot, Tesla, Rolls-Royce, Volvo. Und auch die heimischen Autobauer aus Deutschland haben angekündigt, ihren Auftritt an der IAA zu reduzieren. Bei BMW seien es zwei Drittel, weiss Dudenhöffer.

Ferdinand Dudenhöffer

Ferdinand Dudenhöffer ist einer der renommiertesten und meistzitierten deutschen Autoexperten. Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim promovierte er, ehe der Sprung in die Autoindustrie folgte. Bei Porsche, Peugeot, Citroen und Opel hatte Dudenhöffer wichtige Führungspositionen inne. Doch es zog ihn zurück in die Wissenschaft: An der Universität Duisburg Essen lehrt der Professor seit 2008 Betriebs- und Automobilwirtschaft und leitet das Center Automotive Research, kurz CAR. Erstrebenswert sei eine Mobilität ohne Nachteile, sagt der gebürtige Karlsruher. Emissions- und unfallfrei müsse sie sein und den Fahrer als Passagier betrachten.

Ferdinand Dudenhöffer, Automotive Research Center
Quelle: ZVG

Festival-Charakter fehlt

Auch der Autosalon Genf bekommt diese Entwicklung zu spüren. Zwar nicht sofort, da die Kosten wegen der Grösse überschaubarer seien, sagt Dudenhöffer. Aber auch die Genfer Messe müsse sich ein neues Konzept überlegen. «Die Zeit, in der man Autos aneinander reiht und ein paar hübsche Frauen dazu stellt, ist endgültig vorbei», sagt Dudenhöffer. Automessen seien sehr statisch, die Dinge vorab bekannt. «Der Festival-Charakter fehlt». Da können sich die Autosalons laut Dudenhöffer Impulse bei der Games-Com in Köln oder CES in Las Vegas holen.

Mit der Ernennung von Olivier Rihs zum neuen Direktor des Autosalons Genf Mitte September möchte der Stiftungsrat der Automobilmesse dieser Entwicklung offenbar entgegenwirken. Rhis war Chef von AutoScout24 und gilt als ausgemachter Digitalexperte.

Autoverkauf wird schrumpfen

Für Autoexperte Dudenhöffer liegen die Ursachen für den Schwund auf der Hand: «Die hohen Kosten für zwei Wochen traditionelle Ausstellung passen immer weniger in unsere digitale Welt.» Warum sollte ein Autobauer seine Neuheiten in einem Premierenmarathon aller Autobauer «verwässern», wenn mit den neuen Medien Möglichkeiten gegeben sind, die Marke eigenständig und weltweit zu positionieren. «Was Steve Jobs von Apple vorgegeben und Elon Musk mit Tesla weitergetrieben hat, macht den Automesse-Dinosauriern das Überleben schwer», sagt Dudenhöffer.

Die Digitalisierung trägt aber nicht alleine Schuld an der Misere. Die Katerstimmung hat noch andere Ursachen. Gewinnwarnungen bei BMW und Daimler oder Zulieferern zeigen, dass die Autoindustrie ins Stocken geraten ist. Fahrverbote werden in deutschen Grossstädten kommen, der Diesel verliert an Attraktivität. Laut Dudenhöffer stehen die Signale schlecht: «Der Handelsstreit, der steigende Ölpreis, politische Unsicherheiten – die Anzahl der verkauften Autos wird schrumpfen».

GUANGZHOU, CHINA - FEBRUARY 02:  Pony.ai self-driving cars run along a road during a trial run on February 2, 2018 in Guangzhou, China. Pony.ai, a year-old California-based self-driving car startup, will set up a fleet of self-driving cars to serve the public in Guangzhou.  (Photo by Liao Shupei/China News Service/VCG via Getty Images)

Ein selbstfahrendes Auto von pony.ai in Guangzhou.

Quelle: 2018 China News Service

Elektroautos bauen in China – für China

Im vergangenen Jahr wurden rund 30 Prozent aller rund 85 Millionen neu verkauften Autos weltweit in China verkauft. Das Reich der Mitte wächst weiterhin, aber laut Dudenhöffer nicht mehr so rasant bei Autoverkäufen. 2017 wurden in China rund 24 Millionen Autos verkauft. «2019 wird ein schwieriges Jahr. Die Auswirkungen des Zollstreits werden das gesamte nächste Jahr spürbar sein», sagt Dudenhöffer.

Trotz dem Einbruch der Verkäufem gilt China weiterhin als Hoffnungsträger der Autoindustrie. Das gilt nicht nur für westliche, auch für heimische Marken: Der chinesische Elektroautohersteller Nio hat vor wenigen Tagen den Börsengang gewagt. Dabei legt Nio den Fokus für die nächsten zwei Jahre auf den Heimatmarkt. Mit gutem Grund: So ging jedes zweite in der ersten Jahreshälfte 2018 verkaufte Elektroauto auf der Welt an einen Kunden in China, wie eine aktuelle Studie vom Beratungsunternehmen Roland Berger zeigt. Zudem habe das Land neue Teststrecken für selbstfahrende Autos eingeführt. Die Bedingungen in Sachen Elektromobilität sind in China so gut, dass auch deutsche Autobauer diese Teststrecken um Peking nutzen.

Über die Hälfte der Chinesen interessiert an E-Autos

Wolfgang Berhart, Partner bei Roland Berger, bläst ins gleiche Horn wie Dudenhöffer. «Kein anderes Land ist so fortschrittlich und offen für neue Technologien und Mobilitätsdienste wie China. Die meisten traditionellen Auto-Nationen stagnieren dagegen oder bewegen sich nur langsam».

Die Chinesen hingegen würden zu den Verbrauchern mit dem grössten Vertrauen in die Elektromobilität zählen, so die Studie. 65 Prozent der Befragten in China könnten sich vorstellen, als nächstes ein Elektroauto zu kaufen. Das ist ein grosser Unterschied zu Europa: «Damit sind sie deutlich innovationsfreudiger als die Verbraucher in Westeuropa, wo das Interesse bei mageren 30 Prozent stagniert», sagt Dudenhöffer.

Dass das Thema Elektroautos aber auch grossen Anklang in Europa finden kann, hat jüngst die beliebte Formula E-Rennserie in europäischen Städten gezeigt. Vielleicht eine Inspiration für die Autosalons in Genf, Paris oder Frankfurt.