Mit einer neuen Art von Brille will die Tech-Industrie die Entwicklung von Virtual Reality beschleunigen. Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas hat Lenovo nun die erste Brille für Googles Daydream-Plattform vorgestellt, die ohne Smartphone funktioniert.

Bislang musste in eine solche Daydream-Brille ein Smartphone eingeschoben werden, auf dem dann die Anwendungen liefen. Nutzer blickten dann durch zwei Lupen auf den Smartphone-Bildschirm. Lenovos Mirage Solo hat das Display bereits eingebaut. In der Brille steckt auch ein Prozessor.

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Bislang läuft die Verbreitung von VR-Brillen eher verhalten. Im Grunde gab es nur zwei Konzepte. Zum einen gab es die Brillen, in die ein Smartphone hineingeschoben werden musste. Eine solche Brille bietet Samsung mit seiner Gear VR an, die der koreanische Konzern in Zusammenarbeit mit der Facebook-Tochter Oculus entwickelt hatte. Auch Google hatte eine solche Brille, die dort Daydream View hiess.

Für anspruchsvollere Nutzer gibt es zum anderen Brillen, die nur in Verbindung mit einem leistungsfähigen Computer oder der Playstation 4 funktionieren. Zu den Anbietern gehören Oculus, HTC mit seiner Vive-Brille und Sony mit seiner Playstation VR. Seit Oktober hat auch Microsoft sein Computer-Betriebssystem Windows VR-fähig gemacht. Mehrere Partner bieten dafür ebenfalls Brillen an.

Das Tracking ist ein Knackpunkt

Während die Daydream View und Gear VR nur etwa 100 Euro kosten, sind die anderen Brillen mit mehreren Hundert Euro deutlich teurer. Ausserdem müssen sie über ein Kabel mit einem Computer oder der Playstation verbunden sein. Dafür bieten sie aber ein deutlich schärferes Bild. Ausserdem können sich Nutzer der HTC Vive und der Oculus dank zusätzlicher Kameras oder Sensoren auch im Raum bewegen, was wiederum in die virtuelle Realität übersetzt wird. Die Brillen der Microsoft-Partner beherrschen das Tracking des Nutzers im Raum über Kameras, die in die Brillen eingebaut sind. Das Erlebnis wird dadurch realistischer.

Auch Lenovos neue Mirage Solo trackt die Position des Nutzers durch eine Technologie, die Google WorldSense nennt. Nutzer können sich in der virtuellen Welt bewegen, indem sie sich ducken oder auch drehen. Google hatte das Konzept dieser Brille bereits im vergangenen Jahr präsentiert. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird es weitere Hersteller geben.

Googles VR-Plattform Daydream hat derzeit etwas mehr als 250 Anwendungen, darunter auch Google-Apps wie Street View und YouTube VR mit mehreren Hunderttausend 360-Grad-Videos. Die bisher verfügbaren Anwendungen unterstützen aber die Funktionen der Mirage Solo noch nicht vollständig. Entwickler müssen nun nachlegen, damit auch Spiele und Apps das Tracking nutzen.

Noch ist die Nachfrage verhalten

Auch Facebook hat eine VR-Brille mit der Bezeichnung Oculus Go angekündigt, die ohne Computer und Smartphone funktioniert. Das Konzept ähnelt der Mirage Solo. «Wir denken, dass dies noch einmal mehr Menschen in die virtuelle Realität ziehen wird», sagte Hugo Barra, VR-Chef bei der Facebook-Tochter Oculus, auf der CES.

Die Brille soll ab 200 Dollar schon in den kommenden Wochen auf den Markt kommen. Gebaut wird Oculus von dem chinesischen Hersteller Xiaomi, der eine eigene Version mit der Bezeichnung Mi VR Standalone in China einführen will.

Die Nachfrage nach VR-Brillen ist noch verhalten. Der Marktforscher IDC schätzt, dass im vergangenen Jahr etwa 3,4 Millionen VR-Brillen verkauft wurden, die über ein Kabel mit einem Computer oder einer Spielkonsole verbunden sein müssen. Mit 5,7 Millionen Geräten ist den Zahlen zufolge der Absatz von Brillen etwas grösser, die zusammen mit einem Smartphone verwendet werden. IDC geht jedoch davon aus, dass in den nächsten vier Jahren der Absatz auf 40 Millionen VR-Brillen steigen wird.

Dieser Text erschien zuerst bei der «Welt» unter dem Titel «Diese Brille soll den Durchbruch für Virtual Reality bringen».