Klar, zwingend braucht es das Affalterbacher Flaggschiff mit dem Kürzel AMG S 5 nicht – allein die «normale» S-Klasse von Mercedes-Benz ist die automotive Erfüllung dessen, was gemeinhin als Traumauto durch Männerköpfe geistert. Schon das S verspricht Autofahren in der First Class mit bestmöglichem Luxus. Dennoch setzt die High-Performance-Schmiede von Mercedes mit der AMG-Version noch einen drauf, primär – und vom Management offen deklariert – für spleenige Chefs in den Zukunftsmärkten China, Russland und USA. Also dort, wo Luxus, auch mit Firmenauto und -chauffeur, noch offen deklariert werden darf.
Die Visitenkarte wird optisch wie akustisch abgegeben. Es sind allerdings eher die im dynamischen Design versteckten kleinen Besonderheiten, die den grossen Unterschied zwischen den Geschwistern ausmachen. Beim AMG-Ableger sind es die hochglanz-schwarz lackierten Gitter der Kühlluftöffnungen, die Seitenschwellerverkleidungen mit den dreidimensionalen Einlegern in Silberchrom oder die vier polierten Endrohre des Auspuffs, soundmässig ist es das kurze, heftige Aufbrüllen des V8-Biturbo-Benziners beim Starten. Hier von einem Motor zu sprechen, ist despektierlich. In Anlehnung an die Aviatik ist schon eher Triebwerk die treffendste Bezeichnung. 585 PS und – noch besser – 900 Newtonmeter holt die AMG-Motorenmanufaktur aus dem Aggregat heraus. Traditionell fertigen in Schwaben hoch qualifizierte Monteure das Triebwerk M 157 nach der Philosophie «One man – one engine». Die Plakette mit der Unterschrift des Monteurs ist nicht nur das firmentypische Merkmal höchster Präzision und Fertigungsqualität, sondern auch der wichtigste Hinweis auf die unvergleichliche DNA der Performance-Marke von Mercedes-Benz.
Mit dieser Potenz macht das Fahren der Dampfmaschine logischerweise viel Spass, selbst auf hiesigen Strassen und unter Berücksichtigung sämtlicher Vorschriften. Vor allem, wenn die Sport-Abgasanlage genutzt wird, das System mit den automatischen, kennfeldgesteuerten Abgasklappen in beiden Endschalldämpfern. Im Programm C (für Controlled Efficiency) bleiben die Klappen geschlossen, hier präsentiert sich der Biturbo-Achtzylinder akustisch zurückhaltend, ist also perfekt für lange Strecken und den komfortablen Aufenthalt im Fond. Anders die Modi S (für Sport) und M (für Manuell): Hier öffnen die Klappen generell früher und spontaner, besonders wenn der Fahrer einen dynamischen Fahrstil bevorzugt.
Selbst Letzterer schenkt übrigens gar nicht so schlimm ein beim nächsten Tankstellenstopp. Im Normalbetrieb lässt sich das AMG-Flaggschiff mit einem Durst von 11 Litern auf 100 Kilometer bewegen. Was vollumfänglich dem intelligenten Leichtbauprogramm von AMG zu verdanken ist. Gegenüber dem Vorgänger konnte das Gewicht der Neuauflage um 100 Kilogramm abgespeckt werden, dank dem Einsatz einer leichteren Lithium-Ionen-Batterie, dank Leichtmetallrädern in Schmiedetechnologie und dank vor allem dem Einsatz von Aluminium in der Karosserie. Die komplette Aussenhaut der S-Klasse einschliesslich Dach wird aus Alu gefertigt. Daraus resultiert mit 3,37 Kilogramm/PS ein einsamer Spitzenwert in der Kategorie der Luxuslimousinen. Das gilt auch für die Beschleunigung. 4,0 bis 4,4 Sekunden braucht der Sportler im Geschäftsanzug von 0 auf 100 Stundenkilometer.
Apropos Business: Auf Wunsch ist der S 63 erstmals mit dem Allradantrieb 4matic lieferbar, dies in der Langversion. Anders als in der normalen S-Serie wird beim Allradler das Triebwerkmoment zu 33 Prozent auf die Vorder- und zu 67 Prozent auf die Hinterachse verteilt. Diese heckbetonte Kraftverteilung sorgt für die markentypisch hohe Fahrdynamik. Die übrigens begleitet wird von einem kleinen Stückchen Schweiz. AMG-Partner IWC Schaffhausen liefert das Zifferblatt für die Borduhr. Dahinter steckt allerdings nicht die erwartete IWC-Mechanik, sondern für einmal einfachste, traditionelle Mercedes-Benz-Technologie. Markus Köchli
Schweizer Preise: 204 500 Franken für die Kurz- und 207 400 Franken für die Allrad-/Langversion.