Die bunten Sneakers, das obligate Schuhwerk der Art-Basel-Pilger dieser Welt, sind zu Hunderten wieder zurück. Für die Messe Basel ist das ein gutes Zeichen: Sie gehören den Kunstsammlern, die sich gestern (zusammen mit der Turinerin Patrizia Sandretto Re Rebaudengo, dem Sammlerpaar Don und Mera Rubell aus Florida, Friedrich Christian Flick und Uli Sigg) zum Champagnerfrühstück um Enzo Eneas schattige Bauminseln gruppierten.

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Die Stände der Galeristen wurden in den ersten Stunden richtiggehend belagert. Denn: Wer heute sammelt, muss nicht nur Connaisseur, sondern auch schnellentschlossen sein: Viele Werke wurden, zum Leidwesen der Zuspätgekommenen, bereits im Vorverkauf vor der Messe verkauft, wie etwa die grossformatige Wollfadenskulptur der 88-jährigen amerikanischen Künstlerin Sheila Hicks der Wiener Galerie nächst St. Stephan.

Die Galerie konnte das Paradestück ihres Standes für 650’000 Dollar bereits zwei Wochen vor der Eröffnung an eine US-Sammlung verkaufen. 

Hauser & Wirth macht millionenhohen Umsatz an der Art Basel

Weil man schnell sein muss, tummelten sich die Kunstliebhaber in den ersten Stunden an den Ständen, bei Hauser & Wirth etwa direkt unter Louise Bourgeois riesenhafter «Spider» dem Jahr 1996. Das Tier aus Stahl wurde für 40 Millionen Dollar verkauft. Die Galerie setzte am Dienstag Kunst im Wert von 75 Millionen Dollar um. 

Louise Bourgeois riesenhafte «Spider», das Tier aus Stahl wurde für 40 Millionen Dollar verkauft.

Louise Bourgeois riesenhafte «Spider» – das Tier aus Stahl wurde für 40 Millionen Dollar verkauft.

Quelle: ZVG

Dieses Jahr ist also wieder fast alles beim Alten: die Energie, die Internationalität (wobei: klar weniger Asiaten) und mit 289 die Anzahl der Galerien. Das Messeangebot ist spürbar diverser, weil die Zulassungsbedingungen gelockert wurden.

Erstmals können sich auch Galerien bewerben, die weniger als drei Jahre geöffnet sind, und auch solche ohne festes Lokal. 19 Erstaussteller kamen, darunter Galerien aus Angola und Senegal, Dschidda, Saudi-Arabien, Guatemala City. 

Zielgruppe an der Art Basel sind Millennial-Sammler

Bereits nach dem ersten Tag meldete die Messeleitung Verkäufe im achtstelligen Bereich. Einige Galerien sprechen mit jüngerer Kunst und Werken von afrikanischen Künstlern besonders die aufstrebende Zielgruppe der Millennial-Sammler an. Vom 45-jährigen, unter anderem an der École supérieure des beaux-arts in Genf ausgebildeten Senegalesen Omar Ba verkaufte die Galerie Templon (Paris) ein Bild für 150’000 Dollar.

Gefragt war auch der ghanaische, in Wien lebende 38-jährige Maler Amoako Boafo (Galerie Mariane Ibrahim). Er wird bereits an Auktionen gehandelt. Beide Künstler bringen die afrikanische Wirklichkeit in den Westen.
Auffallend ist, wie einige Galerien heutzutage ihre Verkaufserfolge proaktiv öffentlich machen. Die Publizitätsoffensive signalisiert nicht nur mehr Transparenz, sondern auch Marktzuversicht.

Wer möchte schon in einen unsicheren Markt investieren? Die Galerie LGDR (Lévy, Gorvy, Dayan, Rohatyn), eine Partnerschaft aus vier High-profile-Kunsthändlern, die sich während der Pandemie zusammengeschlossen haben, resümiert in ihrer Pressemitteilung «Die Woche hat wunderbar begonnen» und «Die Resonanz war fantastisch».

Art Basel
Foto: ZVG
Foto: ZVG

Viele Galeristen haben tatsächlich Grund zur Zufriedenheit. Nach zwei schwierigen Jahren war es wieder eine «normale» Messe, mit zwar weniger Asiaten, aber vielen Amerikanern, die – trotz tiefem Bitcoin- und Dow-Jones-Sturz – tief in die Taschen griffen.

Die Galerie nächst St. Stephan (Wien) konnte gleich zwei farbkräftige Gemälde des nach wie vor stark gefragten 73-jährigen Franzosen Bernard Frize für 132’000 und 180’000 Euro und ein neues Werk des 82-jährigen Beuys-Schülers Imi Knoebel, dem wichtigsten deutschen Vertreter der Minimal Art, für 103’000 Euro vermitteln.

David Zwirner aus New York verkaufte eine Lichterkette von Félix González-Torres für 12,5 Millionen Dollar an eine asiatische Sammlung und ein Porträt der Amerikanerin Alice Neel für 3,5 Millionen Dollar an eine US-amerikanische Privatsammlung.

Die Serie von Fotografien eines Concorde-Flugzeugs von Wolfgang Tillmans ging für 1 Million Dollar an das norwegische Astrup Fearnley Museum of Modern Art. Hauser & Wirth konnte vom Schweizer Maler Nicolas Party ein grossformatiges Kreidebild für 650’000 Dollar verkaufen.

Der 42-jährige Lausannois, zurzeit der Stern am internationalen Auktionshimmel, begann einst mit Streetart. Die 21-teilige Arbeit «Wigs» der US-Amerikanerin Lorna Simpsons, die Perücken, Toupets, Schnauzbärte zeigt (eine Serigrafie auf Filz), ging für 595’000 Dollar an eine US-amerikanische Institution. 

Kunstwerke weisen herausragende Qualität vor

Bescheidener als früher präsentierte sich die Art Unlimited mit den grossformatigen Installationen. Vielleicht ist die Abkehr von der Materialschlacht ein Tribut an die Nachhaltigkeitsbekenntnisse der Messe.

Die Schau gibt sich politically correct und divers: Neben altbekannten Kunststars aus den USA wie Jenny Holzer, Carl Andre und Keith Haring gibt es unbekannte Künstler aus Kamerun, der Elfenbeinküste und Saudi-Arabien sowie ältere Künstlerinnen, die bisher unter dem Radar der Öffentlichkeit waren.

Das prekäre Zeitgefühl, dominiert durch den Ukraine-Krieg, die Klimakatastrophe und postkoloniale Traumata, ist hier – ganz im Gegensatz zu den andern Hallen – spürbar, etwa in einer Installation des 61-jährigen Amerikaners Leonardo Drews aus Tausenden von zerborstenen schwarzen Holzsplittern auf der Wand, als wäre gerade eine Bombe explodiert. 

Besucher an der Art Basel
Foto: ZVG
Foto: ZVG

Die Qualität war, darüber waren sich viele einig, vor allem im Parterre, der Halle mit der klassischen Moderne, hoch bis herausragend. Bei Landau Fine Art (Montreal) etwa – mit kapitalen Werken von Picasso und Fernand Léger – wähnte man sich im Museum.

Ein Anwalt aus Zürich brachte es auf den Punkt: «Einer Messe kann man die wirtschaftliche Konjunktur ablesen. Bringen die Galeristen Dutzendware, ist die Konjunktur gut. Bringen sie herausragende Qualität, ist sie schlecht.»