Lang, länger, am längsten: Jeder Meter zählt, wenn es um den Titel der grössten Yacht der Welt geht. Die Auszeichnung geht für 2014 an die «Azzam», ein 180 Meter langes Schiff aus der deutschen Lürssen-Werft. Sie lief im April 2013 vom Stapel und hat seitdem alle Rekorde gebrochen. Auf Platz zwei rangiert die «Eclipse», das Schiff des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch. Mit der «Illusion» schafft es auch ein in China gebautes Schiff auf die Liste der Top 100.
«Der Hunger nach unseren Spielzeugen nimmt zu», sagt Herbert Aly, Geschäftsführer von Blohm+Voss, Hamburg. Von weltweit rund 180 000 Menschen mit einem Vermögen von 30 Millionen Dollar und mehr hätten bislang nur knapp 6000 eine grosse private Yacht. Aly sieht deshalb Potenzial. Sieben Yachten mit einer Länge von mehr als 35 Metern sollen in diesem Jahr ausgeliefert werden, die Werften rechnen danach mit zahlreichen neuen Aufträgen. Die Nachfrage, da sind sich die Yachtbauer einig, kommt dabei vor allem aus dem Mittleren Osten, aus Russland und aus den USA. Auch auf Südamerika spekulieren die Werften. In China dagegen sei es für Superyachten zu früh – und das, obwohl die zahlreichen Neureichen dort theoretisch gute Kunden wären. Doch: Wer Superyachten baut, der baut nur auf Bestellung. Gerade das ist in China das Problem: «Die Chinesen wollen nicht drei bis fünf Jahre warten, bis ihr Boot fertig ist», sagt Peter Lürssen, Eigentümer und CEO von Lürssen in Bremen. Noch kauften die Chinesen vor allem vorgefertigte Standardyachten, keine Einzelstücke.
Dazu kommt die Luxussteuer von 45 Prozent, die es den Bootsbauern zusätzlich erschwert, gilt doch die Faustregel, dass 1 Meter Yacht im Schnitt 1 Million Dollar kostet. «Das stimmt für Superyachten nur teilweise», sagt Lürssen. «Auch kommt es auf die Währung an.» Trotzdem behindere die Luxussteuer die Expansion in China. Noch hat Lürssen, einer der grössten Superyacht-Produzenten der Welt, kein Schiff nach China verkauft.
Chinesen haben keine Yachtkultur
Problematisch sei auch die Infrastruktur im Reich der Mitte: Bis auf Qingdao, Schanghai, Hainan und Hongkong gibt es wenige Häfen, die sich für Yachten eignen. Die Distanzen in China sind sehr viel grösser als die im Mittelmeer. «Morgens in Monaco und abends in Portofino – vergleichbare Routen lohnen sich in China nicht», sagt Lürssen. Es werde deshalb noch viel Zeit vergehen, bis die chinesischen Millionäre ihre eigenen Superyachten ordern.
«Die Chinesen mögen keine Sonne und kein Wasser. Es dauert, bis sich das ändert», sagt Aly. Starke historische Marken – Lürssen zum Beispiel baut seit über 135 Jahren Schiffe – seien aber auf Dauer geeignet, das Interesse chinesischer Millionäre zu wecken. «Sie gehen dorthin, wo die Marke herkommt», sagt Aly.
Das bestätigt auch die Übernahme des britischen Yachtbauers Sunseeker durch die chinesische Dalian-Wanda-Gruppe im August 2013. Sunseeker hatte zuvor stark auf den chinesischen Markt gesetzt.
Die deutschen Bootsbauer erwarten deshalb weiterhin viel Nachfrage aus dem Mittleren Osten, aus Osteuropa und Russland. In Deutschland dagegen sei das Potenzial gering, sagt Aly von Blohm+Voss: «Die Deutschen zeigen ihren Reichtum nicht so gerne», weiss er. Das gilt selbstredend für das Binnenland Schweiz
Noch setzen Aly und seine Konkurrenten viel auf bewährte Technologien. Emissionsfreie Boote, Yachten mit Hybridantrieben oder mit Wasserstoffmotoren wären technisch machbar, werden aber bislang vom Kunden nicht nachgefragt. Ab dem Jahr 2016 aber gelten neue Emissionsrichtlinien. «Das kommt», sagt Lürssen, «das ist eine technische Herausforderung.» Er erwartet, dass es in Zukunft mehr Boote mit ungewöhnlichen Formen geben wird. Die Architektur vom Festland werde auch die Schiffe auf dem Meer prägen.
Y.CO, der Yachthändler aus Monaco, sieht denn auch einen neuen Kundenkreis heranwachsen: Junge Unternehmer Ende Dreissig, Anfang Vierzig, die andere Vorstellungen von ihrer Superyacht haben. «Diese Kunden achten mehr auf die Funktion und weniger auf die Form», sagt Gary Wright. Der Benzinverbrauch spiele für diese Käufergruppe durchaus eine Rolle. «Die fragen uns, ob sie auch mit Biotreibstoffen oder mit Batterien fahren können», sagt er.