Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat anders als die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel dem Enthüller der US-Spähaktionen, Edward Snowden, ausdrücklich Respekt gezollt. Es könne sein, dass sich Institutionen von Recht und Gesetz entfernten. «Dieser Missstand lässt sich in der Regel erst dann beheben, wenn Informationen darüber öffentlich werden», sagte Gauck der «Passauer Neuen Presse».
«Wer sie an die Öffentlichkeit bringt und dabei aus Gewissensgründen handelt, der verdient Respekt.» Die US-Regierung betrachtet Snowden dagegen als Verräter, weil er geheime Informationen preisgegeben hat.
Gauck kritisierte, dass die Abhöraktionen der US-Geheimdienste der Freiheit schade. «Diese Affäre beunruhigt mich sehr», sagte er. «Die Angst, unsere Telefonate oder Mails würden von ausländischen Nachrichtendiensten erfasst oder gespeichert, schränkt das Freiheitsgefühl ein - und damit besteht die Gefahr, dass die Freiheit an sich beschädigt wird.» Sie gehöre zu den Grundrechten eines demokratischen Rechtsstaats.
NSA: Drei Prism-Programme
Gauck räumte ein, dass der Staat manchmal die Freiheit einschränken müsse, etwa um Bürger vor Terrorismus zu schützen. Dennoch gebe es in der Verfassung das «Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Menschenwürde». Der Bundespräsident forderte, dass stets die Verhältnismässigkeit gewahrt werden müsse.
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte Dokumente veröffentlicht, nach denen amerikanische Geheimdienste die eigenen Bürger und Regierungen anderer Staaten in beispiellosem Umfang ausspähen. Davon soll auch Deutschland betroffen sein.
Der Geheimdienst NSA hat dies in einem Dokument für die Bundesregierung dementiert. Das Papier wurde dem geheimen Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages am Donnerstag vorgelegt. Demnach gibt es drei Prism-Programme, von denen nur eines die globale Ausspähung betrifft. Diese sei aber keineswegs flächendeckend, sondern unter strengen Beschränkungen zielgerichtet und punktuell. Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwoch eine Verschärfung der Regeln für die NSA mit knapper Mehrheit abgelehnt.
(tno/aho/reuters)