Eine passende Nachfolgelösung zu finden, beschäftigt viele KMU. Das ist bei der Betreuung von Firmenkunden tagtäglich zu spüren. Immer begegnet man Unternehmerinnen und Unternehmern, die händeringend eine Lösung für ihr Unternehmen suchen.

Für Firmengründerinnen und -gründer steht oft der gleiche Wunsch im Vordergrund: Die Familie soll das Lebenswerk weiterführen. Etwa 40 Prozent der Schweizer KMU bleiben in Familienhand, doch die Beratungspraxis zeigt, dass dies tendenziell immer seltener der Fall ist, je grösser ein Unternehmen wird. Neben fehlendem Interesse oder mangelnder beruflicher Eignung der Familienmitglieder können auch finanzielle Überlegungen dazu führen, dass eine Lösung ausserhalb der Familie gewählt wird.

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Verkaufen ja, aber nicht um jeden Preis

Finanzielle Überlegungen spielten auch für die Familie Karadza eine zentrale Rolle. Dass der Nachwuchs dereinst in die Fussstapfen des Vaters treten sollte, war früh klar. Stipo Karadza gründete 2012 SD Fiber und bald stiegen seine drei Söhne in den Betrieb ein. Das Geschäft mit dem Verlegen von Glasfasernetzen florierte und 2019 expandierte das Zürcher Unternehmen nach Deutschland. «Das starke Wachstum machte das Liquiditätsmanagement zur Herausforderung», stellt der heutige CEO Jure Karadza rückblickend fest. Er ist der mittlere Sohn des Firmengründers und hat die Geschäftsleitung 2018 übernommen.

Der Autor

Philippe Obrist, Leiter Firmenkunden Raiffeisen Schweiz

Eine rein familieninterne Übernahme – der klassische Family-Buy-out – war für die Familie Karadza keine Option. Vielmehr stand ein Verkauf zur Debatte, um mehr Ressourcen im Rücken zu haben. «Ein Verkauf an einen Konzern kam für uns jedoch nicht in Frage. So wäre das verloren gegangen, was uns ausmacht», erzählt der 33-jährige Geschäftsführer. Viele Mitarbeitende wurden über die Jahre Teil der Familie und einige waren mit Aktien am Unternehmen beteiligt. Gefragt war eine Lösung, bei der die familiäre Unternehmenskultur erhalten bleibt.

Damit lag die ganze Hoffnung auf der Beteiligung eines privaten Investors: Mithilfe von Private Equity wäre das schnelle Wachstum in Deutschland leichter zu stemmen. Patron Stipo Karadza hatte zunächst Vorbehalte, ob seine Söhne die Unabhängigkeit so auch wirklich wahren könnten. Hinzu kamen Vorurteile gegenüber einer fremdfinanzierten Übernahme: «Wenn man die Firma verkauft, denken die Leute schnell einmal, es gäbe Probleme», sagt Jure Karadza. Bei SD Fiber war das Gegenteil der Fall: Das Unternehmen lief gut – zu gut, um aus eigener Kraft im gleichen Tempo weiterzuwachsen.

Die Karadzas waren sich einig: Unterstützung war nötig – in finanzieller Hinsicht, aber auch bei der Suche nach einem passenden Investor. Bei einem Verkauf lohnt sich der Beizug von Spezialisten für Mergers and Acquisitions (M&A): Die Reichweite ist grösser, der Verkaufsprozess wird professioneller abgewickelt und so lässt sich der Verkaufspreis optimieren. Nicht selten ist der Verkaufserlös für Selbständigerwerbende auch gleichzeitig die Altersvorsorge des Gründers und auch in diesem Fall galt es, den dritten Lebensabschnitt des Patrons zu finanzieren.

 

Finanzierung wirft komplexe Fragen auf

Die Expertise des externen M&A-Beraters zahlte sich aus. Innerhalb kurzer Zeit hatte SD Fiber zehn Kaufangebote auf dem Tisch. 2021 war die Transaktion mit einem Private-Equity-Unternehmen aus München schliesslich spruchreif. Erst im Laufe der Verhandlungen wurde der Familie Karadza bewusst, wie komplex sich die Nachfolgelösung gestalten würde. Neben der Finanzierung galt es auch verschiedenste rechtliche und steuerliche Fragen zu lösen.

Die Aufgleisung der anspruchsvollen Bankfinanzierung begleitete das Expertenteam für strukturierte Finanzierungen von Raiffeisen Schweiz. Die Lösung war eine Mischform aus Family- und Leveraged-Buy-out – und somit besonders komplex. In einem ersten Schritt wurde SD Fiber in eine Holding überführt. Daraufhin wurde die Familie an der Hauptgesellschaft zurückbeteiligt und stellte das Management. Jure Karadza übernahm die Geschäftsführung, sein jüngerer Bruder die Verantwortung für den deutschen Markt und der älteste Bruder die technische Leitung.

Diese Nachfolgelösung hat SD Fiber neuen Schub verliehen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen mehr als 250 Mitarbeitende und erzielt einen Jahresumsatz von über 55 Millionen Franken. Jure Karadza zieht drei Jahre nach der Transaktion eine positive Bilanz: «In der Schweiz sind wir vom Sub- zum Generalunternehmen aufgestiegen und das Potenzial in Deutschland ist noch lange nicht ausgeschöpft.»