Die Frage stellt sich: Macht die Produktion von Garnelen in der Schweiz aus ökologischer Sicht überhaupt Sinn? «Ganz klar ja», sagt Rafael Waber von der Swiss Shrimp AG, die in Rheinfelden bei Basel eine Shrimpsfarm mit acht separaten Salzwasser-Kreislaufsystemen erstellt hat. Waber ist Co-Gründer und Verwaltungsrat. Für ihn liegen die Vorteile auf der Hand: «Wir produzieren Shrimps ohne Beifang von Fisch, roden keine Mangrovenwälder ab, generieren keine Antibiotikaresistenzen und verzichten gleichzeitig auf Langstrecken-Tiefkühlimporte aus Übersee. Das schont Ressourcen und ermöglicht eine kulinarische Frischequalität, die tiefgefrorene Produkte nie erreichen.»

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Bau- und Stolpersteine

Dazu muss man wissen, dass im Schweizer Markt jährlich rund 8000 Tonnen Shrimps konsumiert werden. Gemäss Waber werden dabei über 99 Prozent tiefgefroren importiert. Allein 80 Prozent davon aus Asien, was grösstenteils mit gravierenden ökologischen Nachteilen behaftet ist. «Das wird sich – ähnlich wie bei Fleischprodukten – in den nächsten Jahren sukzessiv ändern», ist Waber überzeugt, denn lokale Anbieter haben im Vergleich zum Import zwei unschlagbare Positionierungsvorteile, welche für die angepeilten Zielgruppen äusserst relevant sind: Die Swissness (Vertrauen) und die Frischequalität (Kulinarik).

Preislich liegen Schweizer Shrimps – auch hier kann der Quervergleich zu Fleischprodukten beigezogen werden – im obersten Preissegment. Der Verkaufspreis für erntefrische Shrimps aus lokaler Produktion sei aber erwiesenermassen durchsetzbar, «schliesslich engagieren wir uns für die höchste kulinarische Shrimps-Qualität», so Rafael Waber. Der Import von frischen Shrimps in die Schweiz sei inexistent, denn die Kosten für die Gewährleistung der Frische über die ganze internationale Logistikkette hinweg wären schlichtweg zu hoch. Diesen Nachteil der internationalen Konkurrenz will die Swiss Shrimp AG mit ihrem Geschäftsmodell nutzen.

Der weitere Kapitalzufluss ist essenziell für die nächsten Entwicklungsschritte.

Weitere Herausforderungen für die Rheinfelder liegen im technischen sowie ökonomischen Bereich. Denn aus technischer Sicht ist die Garnelenzucht alles andere als einfach. Diese Erfahrung musste auch das Swiss Shrimp-Team machen. Seit dem Start mit der Aufzucht in Rheinfelden im Herbst 2018 ist es mit dem damaligen Team nicht gelungen, die angepeilte Jahrestonnage zu erreichen. Es fehlte an spezifischem Wissen im Bereich der Shrimpsbiologie und Kreislauf-Aquakulturtechnik. Deshalb wurde ab 2022 international nach Fachspezialisten gesucht. Dieses Jahr konnten schliesslich drei erfahrene Personen für das Projekt gewonnen werden. Darunter ein Ehepaar aus Ecuador mit jahrzehntelanger Erfahrung in Shrimp-Farming.

 

Zurück auf Feld eins

Insofern kehrte die Swiss Shrimp AG bezüglich Aufzucht gewissermassen zurück auf Feld eins. Nach einer mehrwöchigen Analysephase der neu rekrutierten Fachspezialisten konnte nun im ersten Halbjahr 2023 ein griffiges Massnahmenpaket zur Verbesserung der Wasserqualität definiert und direkt mit der Umsetzung gestartet werden. Diese punktuellen Anpassungen innerhalb der Anlagetechnik und Prozesse verhelfen zu einem schnelleren Wachstum der Shrimps und – noch viel entscheidender – erhöhen die Überlebensrate signifikant. Weitere wichtige Optimierungen konnten in den Bereichen Postlarven-Aufzucht und Fütterung realisiert werden.

Seit Produktionsstart wurden je nach Bedarf und Verfügbarkeit Postlarven aus dem Ausland importiert, vor allem aus den USA und Europa. «Oftmals kommt es zu Lieferausfällen oder -engpässen und auch die Qualität der gelieferten Jungtiere variiert stark», erzählt Rafael Waber. Leider gebe es weltweit nur wenige professionelle Lieferanten, weshalb sich die Rheinfelder in einer gewissen Abhängigkeit befinden. Dank den zwei neuen Mitarbeitenden aus Ecuador, welche jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der Postlarvenproduktion gesammelt haben, sei das benötigte Know-how für eine eigene, lokale Hatchery jetzt aber vorhanden. Entsprechend «prüfen wir diese vertikale Rückwärtsintegration innerhalb der Wertschöpfungskette und wollen dadurch mehr Unabhängigkeit erlangen.»

 

Enormer Kraftakt

Co-Gründer Rafael Waber: «Dieser Kraftakt kostete einerseits viel Zeit, anderseits mussten wir monatelang praktisch komplett auf den Umsatz mit Shrimps verzichten. Dies, nachdem wir auch während der zwei Corona-Jahre aus ganz anderen Gründen mit dem Umsatz zu kämpfen gehabt hatten. In der Folge schmolz unser Liquiditätspolster rasch dahin.» Deshalb hat die Generalversammlung 2023 einer – derzeit noch laufenden – Kapitalerhöhung zugestimmt. Der neue Kapitalzufluss ist für das Erreichen des Break-even und für die nächsten Entwicklungsschritte essenziell.

Den Gründern und dem Verwaltungsrat sei es stets wichtig, dass das disruptive Business-Modell dereinst finanziell erfolgreich ist und sich an den Zielen für nachhaltige Entwicklung orientiert. Damit dürfte sich auch die Positionierung der mit zahlreichen Innovations- und Nachhaltigkeitspreisen überhäuften Swiss Shrimp AG festigen – als grösste und modernste Garnelenzucht in Europa.