Der Telekomanbieter Swisscom ist trotz Widerständen in der Politik beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes vorangekommen. Laut Konzernchef Urs Schaeppi installierte das Unternehmen bereits über hundert entsprechende Antennen in 58 Ortschaften.
Swisscom will bis Ende Jahr 90 Prozent der Bevölkerung mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G versorgen. «Wir sind eigentlich auf Kurs. Aber durch die angekündigten Moratorien tun wir uns im Moment sehr schwer mit der Standortsuche für Antennen», sagte Schaeppi in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Es komme zu Verzögerungen beim Neubau oder beim Umbau aller Antennen.
Schäppi sieht keine Gefahr durch Mobilfunk
Sabotage-Akte wie im Kanton Waadt, wo am letzten Sonntag in Denens eine Handy-Antenne in die Luft gesprengt worden war, verurteilte der 59-jährige Konzernchef. «Das sind Einzelfälle, aber wir nehmen die Vorfälle äusserst ernst. Sie sind absolut inakzeptabel.» Solche Vorgänge habe es schon von der Einführung von 3G gegeben. Heute sage niemand mehr etwas gegen 3G. Bei der Antenne in der Waadt handelte es sich nicht um ein 5G-Projekt.
Schaeppi beklagt, dass Leute aufgrund von Falschinformationen den Ausbau behinderten. Er verstehe, dass Menschen Ängste hätten, wenn neue Technologien eingeführt würden. Doch gerade Mobilfunkstrahlung sei ein sehr gut erforschtes Thema. «Es gibt Tausende von Studien dazu, und keine zeigt eine wissenschaftliche Evidenz, dass Mobilfunk bei der Einhaltung der Grenzwerte schädlich ist.»
Zu Beginn wird die Geschwindigkeit eingegrenzt
Betriebswirtschafter Schaeppi erwartet, dass bald breite Bevölkerungsschichten die neue Technologie nutzen: «Meine Prognose ist: Bis in fünf Jahren werden rund 80 Prozent der Schweizer ein 5G-Handy haben und 5G-Anwendungen nutzen.»
Swisscom will in einer ersten Phase möglichst rasch eine breite Abdeckung der Schweiz erreichen, dafür müssten laut Schaeppi nicht so viele neue Antennen gebaut werden. Alle Kunden könnten mit den heutigen Abonnementen 5G standardmässig nutzen - allerdings mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung. «Aber wenn wir in einer zweiten Phase wirklich sehr schnelle Verbindungen erreichen wollen, müssen wir entweder die Grenzwerte erhöhen oder viel mehr Antennen bauen.»
Keine Zusatzerlöse erwartet
Weil im Telekommarkt ein Verdrängungskampf herrscht, erwartet der Swisscom-Chef mit 5G keine direkten Zusatzerlöse. «Die Wahrscheinlichkeit, dass die Anbieter mit der 5G-Netzleistung zusätzliches Geld verdienen, ist relativ klein.» Deshalb sei die Strategie von Swisscom zusätzliche Dienstleistungen wie cloudbasierte Lösungen, Internet-der-Dinge-Anwendungen oder komplette IT-Lösungen anzubieten.
In der Schweiz kamen die 5G-Lizenzen im Februar unter den Hammer. Swisscom, Salt und Sunrise erwarben die 5G-Frequenzen für 380 Millionen Franken. Das Bieterrennen um die Frequenzen in der Schweiz hatte bei 220 Millionen für alle Frequenzen begonnen. Fünf Frequenzblöcke à 5 Megahertz blieben jedoch ungenutzt. Die ComCom will diese zu einem späteren Zeitpunkt erneut ausschreiben.
(sda/mbü)