Als «physische Erweiterung von Amazon.com» baut der Gründer und Konzernchef Jeff Bezos seit Ende 2015 in den USA eine Kette von Bücherläden auf. Acht stehen bereits, fünf weitere werden bald eröffnet. Inoffizielle Quellen sprechen von mittelfristig 400 geplanten Läden. Auch Europa steht angeblich auf dem Expansionsplan.

Bücher werden im Hinterzimmer gedruckt

Mit neuen Features wie Online-Bewertungen auf Displays am Gestell will Bezos den Buchhandel herausfordern. Über eine weitere Besonderheit hat Amazon bislang aber noch kein Wort verloren: die Druckerpresse im Hinterzimmer. 

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Was etwas antiquiert klingt, wird voraussichtlich die Zukunft des Buchhandels prägen. Dank modernster Digitaldrucker und automatischer Falz- und Buchbindermaschinen lassen sich Kleinauflagen von Bestsellern und Spartenbüchern in weniger als einer Stunde produzieren. Ist ein Exemplar im Buchladen nicht mehr vorrätig, wird im Rechner ein PDF des Werks geladen und per Mausklick die Maschine eingerichtet. Eine Person mit minimalen Kenntnissen in IT und Druckqualität reicht aus, um den Produktionsprozess zu begleiten.

Maschine kommt aus Zofingen

Wie BILANZ aus sicherer Quelle erfahren hat, werden derzeit bei Amazon solche digitalen Buchlinien getestet. Lieferant der Produktionsstrasse ist die Aargauer Firma Müller Martini, nach eigenen Angaben «weltweit führend in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Druckweiterverarbeitungs-Systemen».

Am Hauptsitz im aargauischen Zofingen zeigt man sich wortkarg: «Wir können dies nicht weiter kommentieren», sagt ein Sprecher. Ähnlich wie andere US-Tech-Grössen verbietet auch Amazon in der Testphase von neuen Produkten allen Lieferanten unter Androhung von juristischen Schritten den Mund. Eine BILANZ-Anfrage bei Amazon in den USA bleibt bisher unbeantwortet.

«Unsere Antwort auf den Strukturwandel»

Bezos Auftrag ist ein Segen für Müller-Martini-Chef Bruno Müller, der voll auf die Digitalisierung setzt: «Das ist unsere Antwort auf den Strukturwandel in der grafischen Industrie, der sehr viel schneller verläuft, als wir alle es erwartet haben», schrieb er letztes Jahr im Kundenmagazin «Panorama».

Die Branche und insbesondere der für grössere Auflagen geeignete Offsetdruck litten in den letzten Jahren stark unter dem digitalen Wandel. Doch individualisierte Miniauflagen, wie man sie von Fotobüchern her kennt, retteten die Industrie.

Dicke Wälzer und hauseigene E-Reader

Jetzt verschmelzen digitale und physische Welt. Das eine kommt ohne das andere nicht mehr aus. Besonders im Handel zählen heute Auswahl und Geschwindigkeit. Im Amazon-Bücherladen liegen dicke Wälzer neben dem hauseigenen E-Reader Kindle. Und wer auf dem physischen Buch besteht, erhält es bald innerhalb einer Stunde frisch gedruckt. 

 

 

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