Ohne gute Kommunikation kein erfolgreicher Börsengang. Denn im Vorfeld des Initial Public Offering (IPO) wollen potenzielle Investoren wissen, wem sie ihr Geld anvertrauen. «Das Timing, die prognostizierbaren Meilensteine über 12 bis 18 Monate, die Performance unmittelbar vor dem Börsengang und die Glaubwürdigkeit des Managements sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren», sagt Martin Meier-Pfister. Er ist Partner der IR Firm, einem Management Buyout der Wirz-Gruppe und Co-Autor des Buches «Erfolgsfaktor Investor Relations?».
«Die häufigsten Gründe für ein Scheitern sind aus Kommunikationssicht eine zu hohe Aggressivität bei der Prognose der Geschäftsentwicklung und eine zu kurze Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung», beobachtet der Mann, der Firmen wie Schulthess, BKW oder Tamedia erfolgreich an die Börse begleitet hat, aber auch negative Erfahrungen wie Complet-e und Jomed verbuchen musste.
Meier-Pfister teilt den Kommunikationsbedarf bei IPO in drei Phasen ein. In einer ersten Phase, die sich von sechs Monaten bis über mehrere Jahre erstrecken kann, muss das Unternehmen in der Öffentlichkeit an Profil gewinnen und sich auch der öffentlichen Kontrolle stellen. Der PR-Berater bevorzugt eine möglichst lange Periode. «Denn», meint er, «dem Leistungsausweis des Managements sollte viel mehr Beachtung geschenkt werden, um böse Überraschungen zu vermeiden.»
Die eigentliche Hauptphase des IPO ist die einmonatige Aktienplatzierung, begleitet von Roadshows des Unternehmens. Als dritte Phase schliesslich folgt im ersten Jahr nach dem Börsengang das Einpendeln einer börsengerechten Kommunikationsorganisation.
Investoren in Gruppen aufteilen
«Hauptsächlich geht es bei einem IPO darum, neue Investoren zu finden. Und das sind heute und im Gegensatz zu den 90er Jahren meistens institutionelle Anleger», erklärt der Spezialist für Finanzkommunikation.
Institutionelle Anleger sind zwar aufgrund ihrer Anlagemasse einfacher zu bewirtschaften. Aber sie bewirken auch eine höhere Kursvolatilität, da grössere Aktienpakte in engen Märkten bewegt werden. Retailanleger demgegenüber sind aufwendiger in der kommunikationstechnischen Betreuung, aber dafür verfolgen sie in der Regel einen längeren Anlagehorizont.
Für beide Aktionärsgruppen entscheidende Kommunikationsinstrumente sind laut Meier-Pfister der Emissionsprospekt und die Finanzanalysten. Darüber hinaus brauche es eine zielgruppengerechte Ansprache. Die institutionellen Anleger entscheiden aufgrund von Einzel- und Gruppenpräsentationen durch das Top-Management. «Diesen Anlegern muss klar gemacht werden, dass sie ein Investment in einem interessanten Markt tätigen und dass die Strategie des Managements Hand und Fuss hat», so der IPO-Profi.
Die Privatinvestoren entscheiden sich dagegen aufgrund von Medienberichten und der firmeneigenen Homepage. «Hier geht es vor allem bei Firmen mit komplexen Produkten, etwa Biotech-Unternehmen, darum, rasch auf den Punkt zu kommen und zu vereinfachen. Es braucht Mut zur Lücke», weiss Meier-Pfister. Ausserdem sei es wichtig, die Medien von Anfang an ins Boot zu holen. Denn bei sehr kurzfristig angekündigten IPO kämen sich Journalisten häufig nicht ernst genommen vor. Das wiederum könne sich negativ in der Berichterstattung niederschlagen.
Vorsicht ist seines Erachtens angebracht bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen. «Zu viel zu versprechen ist aus Imagegründen gerade hier besonders heikel. Zudem fragt sich, wie sinnvoll es ist, wenn Angestellte, die zuvor noch nie in Aktien investiert haben, plötzlich auch ihr Vermögen beim Arbeitgeber anlegen», meint Meier-Pfister.
Kotierungsort als Multiplikator
Viele Firmen machen sich zuwenig Gedanken über ihre künftige Aktionärsstruktur. «Natürlich ändert sich das Aktionariat mit der Zeit. Aber das IPO legt einen Grundstein für die Eigentümerstruktur», beobachtet Meier-Pfister. Die Wahl des IPO-Bankkonsortiums sei dabei entscheidend.
Wichtig für die Kommunikation ist die Wahl des Kotierungsplatzes. «Egal ob Zürich, Bern, London oder New York: Jeder Finanzplatz hat seine Geschichte und seine Spezialitäten. Und entsprechend verfügt jedes Land über Analysten und Journalisten mit unterschiedlichem Fachwissen», erklärt er. Mehr Branchenkenntnisse und Fachwissen können zu einer höheren Bewertung führen. Allerdings dürfe vor allem bei der Medienarbeit für internationale Unternehmen der lokale Bezug zum Kotierungsplatz nicht vergessen werden. «Das kann beispielsweise das Ankünden einer Partnerschaft mit einem lokal wichtigen Investor oder Unternehmen sein. Solche Aussagen steigern die Wahrnehmung des Börsengängers stark.»
Ist die Kotierung schliesslich geglückt, so ist das erste Jahr danach aus Kommunikationssicht besonders kapital- und arbeitsintensiv. Denn die Publikationen müssen neu umgestellt und neue Beziehungen geknüpft werden. «In dieser Zeit empfiehlt sich der Beizug von externen Kommunikationsberatungen», ist der PR-Berater überzeugt.
Auf ein gutes Kommunikationsmanagement ist ein Unternehmen auch später angewiesen; zum Beispiel bei Kapitalerhöhungen oder Akquisitionen.