Nach Donald Trump versucht nun also auch die deutsche Regierung, ihrer Bevölkerung mit Hilfe des dicken Portemonnaies privilegierten Zugang zu einem Impfstoff zu verschaffen. Sie beteiligt sich mit 300 Millionen Euro an dem Tübinger Biotechunternehmen Curevac – offenbar, um zu verhindern, dass das Unternehmen bei einer allfälligen Kotierung an der Nasdaq von ausländischen Investoren übernommen wird, wie «Financial Times» und «Welt» übereinstimmend berichten.

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Die Episode zeigt: Impfstoffnationalismus ist längst keine Spezialität des US-Präsidenten mehr. Die Versuche von Regierungen, ihren Bevölkerungen bevorzugten Zugang zu einem möglichen Impfstoff zu verschaffen, nehmen zu. Deutschland, Frankreich, Italien und die Niederlande haben sich 400 Millionen Impfstoffdosen von AstraZeneca vertraglich gesichert – sehr zum Verdruss der belgischen Regierung, die damit die Anstrengungen unterwandert sieht, die Impfstoffbeschaffung wenigstens innerhalb der EU zu koordinieren. Der britisch-schwedische Pharmakonzern hat mit University of Oxford ein vielversprechenden Impfstoffprojekt im Köcher.

Die First-come-First-served-Politik schadet allen

Der Corona-Impfstoff wird damit immer mehr zum Spielball der Politik. Die Konsequenzen sind dramatisch – vor allem für die Regierungen, die nicht über das nötige Kleingeld verfügen, um beim weltweiten Impfstoffwettbewerb mitbieten zu können. Doch auch diejenigen, die bei dieser first-come-first-served-Politik scheinbar das grosse Los gezogen haben, haben einiges zu verlieren. Denn eine Vergabe des Impfstoffs nach politischen statt nach medizinischen Kriterien gefährdet die Bekämpfung der Pandemie als Ganzes und schadet damit letztlich allen.

Doch die fatale Wirkung dieses besonders forschen Falls einer staatlichen Intervention in die Wirtschaft geht tiefer. Sie zeigt: Der Staat ist zurück. In der Krise brechen die Dämme. Selbst Tabus wie direkte Beteiligung von Staaten an Unternehmen im Dienste eines wie auch immer definierten höheren politischen Ziels fallen. Warum ausgerechnet die Regierung eines Landes wie Deutschland, das als Exportnation wie nur wenige andere Länder von offenen Volkswirtschaften weltweit abhängig ist, bei der Impfstoffforschung mit dem schlechten Beispiel voran geht, bleibt ihr Geheimnis.

Den Impfstoffunternehmen bleibt in diesem aufgeladenen politischen Klima nur eines: sich mit Hilfe von Partnerschaften breit aufzustellen und sich so möglichst immun gegen staatliche Interventionsversuche zu machen. Wie das geht, zeigt das Beispiel des deutschen Biotechunternehmens Biontech, das bei der Impfstoffforschung ebenfalls ganz vorne mitspielt. Die Mainzer haben sich geographisch breit abgestützt und die chinesische Pharmakonzern Fosun Pharmaceuticals und den amerikanischen Pharmakonzern Pfizer als Partner ins Boot geholt. In dieser Konstellation laufen sie wenig Gefahr, Erfüllungsgehilfe einer «Deutschland-first»-Politik zu werden.