Wir haben mit South African Airways einen 100 Mio Dollar schweren Vertrag für die nächsten fünf Jahre abgeschlossen», sagt Stefan Leser, Chef von EDS Luftfahrt Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA), gegenüber der «HandelsZeitung».

Nach dem 100-Mio-Vertrag mit der Bodenabfertigungsfirma Swissport vom Frühjahr ist das die zweite gute Neuigkeit für die rund 1000 Schweizer EDS-Angestellten in diesem Jahr. Denn damit wird die Abhängigkeit von Swiss weiter reduziert. Während die Vorgängergesellschaft und Ex-IT-Tochter der Swissair, Atraxis, Anfang 1999 noch 95% des Umsatzes mit Swissair erzielte, steuert Swiss heute nur noch 15% zum Umsatz der EDS Schweiz bei. Und anstelle von rund 1400 Stellen zu Atraxis-Zeiten hängen heute weniger als 300 Jobs an Swiss. Laut Leser, ehemals Geschäftsleitungsmitglied von Atraxis, bedeutete die Emanzipation von Swissair für die Mitarbeiter eine lange Durststrecke. «Sie zahlt sich heute aus», sagt er.

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Kulturelle Gräben überwunden

Die heutige EDS Schweiz lasse sich mit Atraxis nicht vergleichen. «Wir haben massiv dazugelernt, seit wir bei der EDS sind», bilanziert Leser. Atraxis sei ähnlich wie andere ehemalige IT-Abteilungen, die sich plötzlich selbstständig am Markt behaupten mussten, unerfahren gewesen.

Zu den kulturellen Gräben nach der Übernahme von Atraxis durch den amerikanischen Weltmarktführer in der Luftfahrtinformatik Ende 2001 sagt Leser: «Der kulturelle Graben am Anfang rührte sicherlich daher, dass die übernehmende Einheit deutlich kleiner war als die übernommene.» Rund 500 EDS-Mitarbeiter seien 900 Atraxis-Angestellten gegenübergestanden. Die angestammten Mitarbeiter sahen sich demnach einer «Übermacht» neuer gegenüber. Die Atraxis-Mitarbeiter ihrerseits seien nach dem Schrecken über die Entlassung von 400 Kollegen im Vorfeld über die Rettung erleichtert gewesen.

Im Gegensatz zur Swiss mit ihrem anhaltenden Kulturkampf zwischen Ex-Swissair- und Ex-Crossair-Angestellten scheinen die Gräben bei EDS überwunden. Die letztjährige Entlassung von 140 EDS-Mitarbeitern habe die Gräben nicht mehr aufgerissen. Leser: «Die neuen sind innerhalb von EDS nie benachteiligt worden, und viele von ihnen konnten bei EDS in Europa die Karriereleiter aufsteigen.»

Von den anstehenden weltweiten Entlassungen bei EDS bleibt die Schweiz verschont. Zu verdanken ist dies nicht nur dem erfreulichen Auftragseingang und der Umsatzentwicklung (die Sparte EMEA erzielte im 2. Quartal ein Umsatzplus von 18% auf 1,48 Mrd Dollar), sondern auch dem aufgehellten Umfeld.

«Der September 2004 war der Monat mit den meisten Flugbewegungen in Europa, die je gemessen wurden», erklärt Leser. Überhaupt sei die Entwicklung in den ersten neun Monaten 2004 fulminant gewesen. «Die Anzahl Flugbewegungen hat sich gegenüber den Monaten vor den Terror-Attacken im September 2001 deutlich erhöht», führt er aus. Und das Wachstum werde anhalten.

Vor allem die neuen EU-Länder verzeichneten eine massive Steigerung von Flugbewegungen. Wobei es sich beim Wachstumsmarkt Osteuropa noch stärker um einen Linien- als um einen Billigflieger-Markt handle. Für das unterdurchschnittliche Wachstum in der Schweiz dürfte laut Leser zum einen der Kapazitätsabbau bei der Swiss verantwortlich sein. Zum anderen sei davon auszugehen, dass die Schweiz noch nicht richtig an der EU-Öffnung partizipiert habe.

EDS profitiert nicht nur von der Verkehrsentwicklung, sondern auch vom mit dem Preiskampf einhergehenden Boom der Billigairlines. Zwar steuerten die Low-Cost-Carriers (LCC) erst etwa 5% zum Umsatz in der Schweiz bei: Schliesslich seien ihre Anforderungen an die Reservierungs- und Passagiersysteme derart, dass sie nur rund 20% der möglichen Prozessunterstützung von EDS benötigten. So überrascht es Leser auch nicht, dass Günstigflieger teilweise mit selber entwickelten Informatiklösungen zu einem Bruchteil der Kosten der EDS-Lösungen arbeiten: «Deren Geschäftsmodell ist so simpel, dass es sich vermutlich in einer Excel-Datei abarbeiten lässt.» Dennoch ist EDS sehr interessiert an LCC. Einmal sind da jene EDS-Systeme, die Prozesse wie etwa die Flugplanung unterstützen, die für alle Airlines gleich sind sie kommen bereits bei Helvetic und zahlreichen weiteren LCC zum Einsatz. Und weiter: «Natürlich hoffen wir auch im Bereich der LCC, dass angesichts der anstehenden Konsolidierung die wachsenden Carriers zu unseren Kunden zählen weil wir dadurch an Volumen und damit Umsatz zulegen können», so der EMEA-Chef.

Outsourcing hält an

Angesichts der Veränderungen im Markt ist der IT-Dienstleister sehr selektiv geworden: «Wir enthalten uns aller kurzfristigen Preiskampfspiele solche können wir uns angesichts der Langfristigkeit unserer Engagements nicht leisten.»

In dieser schnelllebigen Branche ist die technologische Weiterentwicklung das A und O. Eine Grenze des Wachstums für die IT-Branche sieht Leser vorerst nicht: «Die Firmen werden mehr und mehr outsourcen und das EDS-Kerngeschäft lebt davon.» Allerdings habe diese Entwicklung zur Folge, dass Kapazitäten frei werden, die heute nicht mehr so leicht aufgenommen werden. «Die Informatik ist kein Angebotsmarkt mehr», so Leser. Per se bringe das IT-Outsourcing-Geschäft negative Nachrichten für die Arbeitskräfte. «Wer das verneint, betreibt Augenwischerei.»



Nachgefragt: Stefan Leser

«Aussage von Bundesrat Merz ist bizarr»

Beim heutigen Swiss-Management habe er «ein gutes Gefühl». Das sagt Stefan Leser, Chef für das Luftfahrtgeschäft der IT-Firma EDS in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Er ist überzeugt, dass EDS-Kundin Swiss überleben wird. Harte Kritik äussert er an der früheren Swissair-Führung und Bundesrat Hans-Rudolf Merz.

Dem Swiss-Management wird oft ein Schlingerkurs unterstellt. Was halten Sie von der neuen Swiss-Führung? Persönlich habe ich ein gutes Gefühl beim heutigen Swiss-Management. Ich habe mir für Swiss immer vor allem Ruhe gewünscht. Und die scheint nun eingekehrt Christoph Franz hat es geschafft, sich als glaubwürdiger und kompetenter Chef zu positionieren. Das ist zum heutigen Zeitpunkt wichtig.

Also hat sich Ihre Einstellung zum Swiss-Management geändert? Die erste Führungscrew war nicht besonders erfahren und hat deshalb einige Lernprozesse durchlaufen müssen.

Das heisst, es wurden Fehler begangen? Selbstverständlich unterliefen der Swiss-Führung Fehler das kann man den jeweiligen Personen aber nicht zum Vorwurf machen. Sie haben sich ja nicht selbst eingesetzt.

Welche Fehlentscheidung wiegt am schwersten? Schwer zu sagen aber sie liegt vor der Zeit der Swiss. Ich möchte mich jetzt nicht auf einen Punkt festlegen. Mir scheint aber, dass das Swissair-Management eines nicht verstanden hat: Am Ende des Geldes liegt noch sehr viel Zeit. So war es sicher alles andere als hilfreich, dass man dermassen zaudernd reagierte, als es darum ging, Tochterfirmen wie die Atraxis aus dem Swissair-Verbund herauszulösen und zu verkaufen.

Anders gesagt: Durch das zögerliche Verhalten wurden zu geringe Erlöse erzielt? Ja, es wurde Wert vernichtet. Man hätte damals ganz andere Preise für diese Firmen lösen können, als man nachher im «Garagen-Verkauf» erzielt hatte. Für diese Wertvernichtung zeichnen das Management und der Verwaltungsrat verantwortlich.

Wie viel Wert wurde vernichtet? Die rentablen Töchter wurden meines Erachtens maximal zur Hälfte des realen Wertes verkauft.

Apropos Wert vernichten: Wie beurteilen Sie die Aussagen von Hans-Rudolf Merz über den Verkauf der Swiss an Lufthansa? Bei jedem anstehenden Verkauf ist es wichtig, den Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Nur so sind gute Angebote möglich. Deshalb ist es von einem Eigentümervertreter wie Bundesrat Merz bizarr, dass er mit seinen Aussagen zur Lufthansa den eigenen Wert zerstört.

Was meinen Sie zum Buch des früheren Swiss-CEO André Dosé? Er wiederholt gebetsmühlenartig, dass Lufthansa die einzige Lösung für Swiss sei. Das tönt für mich wie die Behauptung, die Erde sei eine Scheibe.

Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass Swiss die nächsten Jahre nicht übersteht? Dieses Risiko liegt nicht höher als bei 5%. Ich bin überzeugt, dass die Airline überleben und sich finanziell stabilisieren wird.



US-Konzern EDS: Über 20 Milliarden Dollar Umsatz

Mit einem jährlichen Umsatz von über 20 Mrd Dollar gehört der IT-Konzern EDS zu den 90 grössten Firmen der Welt. Das Unternehmen wurde 1962 vom Ex-Präsidentschaftskandidaten Roos Perot in Texas gegründet, wo es noch immer seinen Sitz hat. Die Firma beschäftigt 120000 Angestellte in der ganzen Welt. In der Schweiz zählt EDS derzeit 1000 Mitarbeiter.

In den letzten Jahren kam EDS gleich mehrmals in die Schlagzeilen. Im November 2002 musste das Unternehmen seine Umsatz-Aussichten nach unten revidieren und wurde von der Börse hart abgestraft: Die 2001 noch mit 60 Dollar bewertete Aktie verlor massiv und pendelte sich bei 11 Dollar ein. Im September 2004 gab EDS bekannt, dass die geplante Senkung von Kosten in der Höhe von 3 Mrd Dollar in den nächsten zwei Jahren einen Abbau von bis zu 15000 Arbeitsplätzen zur Folge haben könnte. Obwohl diese Aussage von CEO Michael Jordan nur ein theoretisches Szenario beschrieb, sorgte es für grosse Unsicherheit in der Finanzwelt. (clu/mik)