Eigentlich ist der Markt in der Schweiz gesättigt. Einen wirklichen Boom könnte nur ein deutliches Bevölkerungswachstum auslösen. Trotzdem hat der Verbrauch von Haushalt- und Hygienepapieren in den letzten fünf Jahren von 158000 auf 176000 t zugenommen. «Das kulturell bedingte, hohe Hygienebedürfnis ist sicher ein Grund dafür», sagt Max Fritz, Direktor des Verbandes der Schweizerischen Zellstoff-, Papier- und Kartonindustrie (ZPK). Aber die Wachstumskurve ist auch Ausdruck eines Kampfes zweier US-Giganten, die mit allen Mitteln um Marktanteile ringen. Einerseits ist dies Kimberly-Clark (KC), Spezialist für Hygienepapiere, ein 14,3-Mrd-Dollar-Konzern mit Hauptsitz in Irving (Texas), anderseits Procter & Gamble (P&G), einer der grössten Konsumgüterhersteller überhaupt mit Sitz in Cincinnati.

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Die beiden balgen sich um einen Kuchen, für den die Konsumenten laut ACNielsen im letzten Jahr in der Schweiz 362,7 Mio Fr. ausgegeben haben. P&G hat bei den Taschentüchern mit der Marke «Tempo» (Marktanteil: 40%) und bei den Küchenpapieren mit «Bounty» (31%) die Nase vorn. Kimberly-Clark (KC) ist bei den WC-Papieren mit «Hakle» (26%) und bei den Kosmetiktüchern mit «Kleenex» (46%) Marktleader. Kleenex ist hier derart dominierend, dass das Label gleichsam zum Synonym für Kosmetiktücher geworden ist. Mit einem weltweiten Bekanntheitsgrad von 95% ist die Marke laut «Business Week» 5 Mrd Dollar wert.

Zufrieden mit dem Erreichten ist keiner der beiden Giganten. Jeder versucht, an der jeweiligen Vorherrschaft des Konkurrenten zu rütteln. Vor zwei Jahren lancierte P&G mit «Charmin» einen Angriff aufs Segment der WC-Papiere. Aus dem Nichts eroberte P&G in zwölf Monaten einen Anteil von 10%. Verlierer waren Hakle von KC mit einer Einbusse von 6% und die Migros-Eigenmarken. Den Umsatzgewinn von 20,3 Mio Fr. musste P&G laut IHA-Marktforschungsinstitut aber durch einen gewaltigen Werbeaufwand von 7,2 Mio Fr. «erkaufen». Dank weiteren kräftigen Werbespritzen dürfte Charmin bis Ende 2004 bei einem Marktanteil von 14% anlangen. Wie viel sich P&G diesen Feldzug in die Toiletten weiterhin kosten lässt, will Firmensprecherin Irene Kämpfen nicht verraten.

Auf die WC-Papier-Offensive von P&G reagierte KC prompt. Zum Schauplatz wählte der Konzern im letzten Jahr das stille Örtchen in den Zügen der SBB. Dort wurden die Passagiere gratis mit «Hakle Deluxe Ultrasoft» verwöhnt, im Jubiläumsdesign zum 75. Geburtstag des Herstellers.

Fraglich bleibt, ob die Konsumenten so viel Aufmerksamkeit wirklich zu schätzen wissen. Rund 40% der Nutzer ist es bei diesem diskreten Geschäft nämlich egal, zu welchem Label sie dabei greifen. Wichtig ist die Qualität, und die bieten inzwischen alle Hersteller gleichermassen. Das Dilemma ist nur, dass bei verbesserter Reissfestigkeit weniger Blätter verwendet werden müssen. Volumenwachstum ist allenfalls bei den feuchten WC-Papieren noch möglich.

Überdurchschnittlich kräftig mit über 30% in den letzen fünf Jahren wachsen hingegen die Kosmetiktücher. Es ist deshalb kein Wunder, dass auch hier P&G mit «Tempo Cosmetics» die bisherige Kleenex-Dominanz angreift. Auf Anhieb schaffte P&G im letzten Jahr mit den «Tempo Cosmetics» wertmässig einen Anteil von 12,5%. Möglich wurde dies allerdings nur, weil P&G für viel Geld Regalplätze bei Coop «kaufte».

KC seinerseits verteidigt das angestammte Kleenex-Terrain, indem es die Kosmetiktücher mit Zusatznutzen anreichert. Duften sollen sie, sowie reissfester und gleichzeitig weicher werden. Mit einem neu lancierten Kleenex-Taschentuch ärgert KC seinerseits P&G auf dem Feld des Schneuzens und Schnupfens, wo bisher «Tempo» als uneinnehmbare Festung galt.

Schaut man nur auf die Brands, so liefern sich die beiden Grossen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Trotzdem hat letztlich KC die Nase vorn. Denn der Konzern produziert auch in der Schweiz und kann die beiden Grossverteiler mit deren Eigenmarken beliefern. Dabei erzielt die Migros mit ihrer Linsoft-Linie 40% des Absatzes an der Verkaufsfront.

Für Migros-Sprecher Urs Peter Naef ist klar, warum die beiden amerikanischen Multis dem kleinen Schweizer Markt so viel Gewicht beimessen. «Das hohe Preisniveau erlaubt höhere Margen als in anderen Ländern.» Ob das für den Detailhandel wie für die Hersteller gleichermassen zutrifft, ist umstritten. Andy Kistler, CEO von KC Schweiz, sagt: «Die Margen in der Schweiz liegen auf dem Level des angrenzenden Auslandes.» Da weder KC noch P&G Gewinnzahlen für die einzelnen Länder veröffentlichen, bleibt letztlich Spekulation, wie viel mit dem Toilettenpapier in der Schweiz verdient wird. Bei den voluminösen Produkten spielen die Transportkosten eine Rolle. Hier liegt KC, dank kurzen Distanzen zwischen der Produktion und den wichtigsten Kunden, gut im Rennen.

Zurücklehnen geht nicht

Ein deutliches Indiz, wie lukrativ der Schweizer Markt letztlich sein muss, liefert eine Studie der Uni Freiburg: Der zufolge sind Toilettenartikel bei Brand-Produkten in der Schweiz fast zwei mal so teuer wie in Deutschland.

Zurücklehnen kann sich deswegen keiner, denn es geistert das Gespenst der «Aldisierung» und des Preiszerfalls, zumal es in Europa Überkapazitäten gibt. «Der Preisdruck ist vor allem bei den Eigenmarken für Dritte enorm», sagt Kistler. Folglich werden umso aufwendigere Werbefeldzüge gefahren, mit unterschiedlichen Strategien. Raphael Wermuth von der Agentur Dr. Peter Knobel AG in Zug verdeutlicht: «P&G fällt auf mit aggressiven Kampagnen und Promotionen, während KC versucht, mit langfristiger Kommunikation Akzeptanz und Vertrauen zu wecken.» Entsprechend fliesst bei P&G viel Geld in die TV-Werbung, während KC weiter auch in den Print-Bereich investiert.

Werbung wird auch deshalb umso wichtiger, als echte Innovationen kaum mehr möglich sind. Bestenfalls gibt es noch «Added values». So hat KC in den USA ein Taschentuch lanciert, das beim Schneuzen die Keime abtötet. Letztlich wird aber der Kampf am Verkaufspunkt entschieden werden, weil Konsumenten praktisch nur bei Aktionen zugreifen.

Grosse teilen sich Schweizer Markt Mengenmässig (in %):

KC KC P&G

Eigene Brands Drittmarken Eigene Brands

WC-Papiere 26 22 12

Haushaltpapiere 7 20 31

Taschentücher 17 28 40

Kosmetiktücher 46 41 6

Quelle: «Handelszeitung»/ Angaben der Hersteller