1907 eröffnete Ihr Grossvater mit 28 Jahren sein eigenes Geschäft, die Galerie Fischer in Luzern. Das zeugt von unternehmerischem Mut. Wie kam es dazu und wie finanzierte er das?
Kuno Fischer: Mein Grossvater Theodor Fischer hat sich sein Wissen bei Bosshard in Luzern, einem der bekanntesten Antiquare seiner Zeit, angeeignet. Auf diesem Hintergrund, denke ich, konnte er das Risiko gut einschätzen. Auch verfügte er über die nötigen – auch finanziellen – Beziehungen, die sicherstellten, dass dem Projekt ein guter Start beschieden war.
Wie kam er zu den Beziehungen zu den «hochadeligen Häusern», wie Sie es
in Ihrem Porträt der Galerie erwähnen?
Fischer: Luzern wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein beliebtes Ferienziel für begüterte – vor allem amerikanische – Touristen. Die Leute blieben einige Wochen, waren an Kunst interessiert, und zwischen den regelmässigen Besuchern und meinem Grossvater konnten sich so langfristige Beziehungen aufbauen.
Den Namen nach handelte es sich aber mehrheitlich um deutschen Adel?
Fischer: Ja, weil es einen Markt gab, konnte mein Grossvater als «Market-maker» deutsche Sammlungen anziehen. Nach dem Ersten Weltkrieg, als viele Adelshäuser ihre Kunstgegenstände «versilbern» mussten, kamen die seit langem bestehenden Geschäftsbeziehungen zum Tragen. Da war Theodor Fischer der geeignete Mann, der Wissen und Erfahrungen hatte, wie man ganze Sammlungen auf den Markt bringt.
Sie führen das Haus nun mit Ihrer Mutter Trude in dritter Generation. War es für Sie von Anfang an klar, dass Sie ins Auktionsgeschäft einsteigen würden?
Fischer: Nach dem Gymnasium habe ich mich für ein Jusstudium in Zürich entschieden, denn ich wollte unabhängig vom Geschäft etwas Eigenes machen. Dann studierte ich an der Columbia University und habe das Anwaltspatent erworben. Mit einer Dissertation über ein kartellrechtliches Thema, die ich kürzlich abgeben konnte, habe ich aber meine juristische Laufbahn beendet. Das Auktionsgeschäft hat mich schon als kleiner Junge fasziniert. Alles, was es in den Sälen zu sehen gab, vor allem die Ritterrüstungen, übte eine grosse Anziehungskraft auf mich aus. In der Mittelschulzeit habe ich immer wieder in der Galerie ausgeholfen: Von Nummerieren bis Transportieren und von Abholen bis Ausliefern. Später habe ich unter Leitung eines Kunstwissenschaftlers Katalogtexte verfasst und bereits verschiedene unternehmerische Aufgaben übernommen.
Diese Tätigkeiten haben mich gut vorbereitet für die Leitung des Hauses, die ich zuerst zusammen mit meiner Mutter innehatte. Zurzeit findet ein Ablösungsprozess statt.
Wie funktioniert der?
Fischer: Sehr homogen: Meine Mutter gibt immer mehr Aufgaben ab und ich übernehme immer mehr. Sie ist eine Expertin für Altmeister und betreut einen eigenen Kundenkreis, während ich mich mehr auf die Klassische Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst konzentriere.
Wie positionieren Sie sich gegenüber den anderen Schweizer Auktionshäusern?
Fischer: Indem wir unsere Stärken gezielt einsetzen. Nebst dem klassischen Auktionsgeschäft sind das der Kunsthandel, Dienstleistungen im Bereich Schätzungen, Beratung bei kunstspezifischen erbrechtlichen Problemen und Aus- und Aufbau von Sammlungen.
Wenn Sie Rückschau halten, was waren die schönsten und was die schwierigsten Erlebnisse in den vergangenen 100 Jahren?
Fischer: Schön waren die Versteigerungen von grossen Sammlungen, die heute gar nicht mehr auf den Markt kommen. Zwischen Highlight und Tragödie hängt die Thematik der «entarteten Kunst». Bei dieser Kunst handelte es sich um hervorragende Kunstwerke, die aus deutschen Museen, also aus staatlichem Besitz, von den Nationalsozialisten in München zusammengeführt wurden, um vorzuzeigen, was schlechte Kunst sei. Von dieser Masse von über 20000 solcher «entarteten» Bilder und Skulpturen wurden 1939 in einer Auktion 125 über die Galerie Fischer verkauft, der Rest über Händler, und ein grosser Teil wurde, so viel ich weiss, vernichtet. Über die Rolle von Theodor Fischer scheiden sich heute noch die Geister. Teils wurde er als Retter der Kunst bezeichnet, teils als «Kriegsverlängerer», was natürlich, rein mone-
tär betrachtet, lächerlich ist. Dieses Kapitel zeigt auf, dass man die Ge-
schichte nicht einfach schwarzweiss malen kann.
Können Sie bereits etwas sagen über die kommende Jubiläumsauktion und
ihre Spitzenstücke in der Woche vom 13. bis 18. Juni 2007?
Fischer: Ja, da haben wir einige schöne Objekte: Ein Tryptichon, das dem Kreis von Pieter Coeck van Aelst zugeschrieben werden kann, ein Blumenstillleben von Renoir und einen frühen Gauguin. Dann auch zwei schöne Gouachen von Poliakoff. Die Schweizer Kunst ist vertreten mit vier Blumenstillleben von Cuno Amiet und einem sehr schönen Gemälde von Robert Zünd.
Was sind Ihre Wünsche für die Zukunft?
Fischer: Dass ich und mein Team weiter so erfolgreich arbeiten und wir das Unternehmen entsprechend ausbauen können.
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www.fischerauktionen.ch
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Steckbrief
Name: Kuno Fischer
Funktion: Leiter/Geschäftsführer und Auktionator Galerie Fischer, Luzern
Alter: 34 Jahre
Wohnort: Luzern
Familie: Verheiratet, zwei Töchter
Ausbildung: Jusstudium an der Universität Zürich und Columbia
University NY.
Karriere:
- Berufliche Laufbahn im elterlichen Unternehmen.
- Seit 2005 Leiter der Galerie Fischer
- Seit 2005 Präsident Schweizer Auktionatoren von Kunst und Kulturgut
- 2007 Promotion zum Dr. iur., Rechtsanwaltspatent