Das Medienhaus Tamedia und der Telekomkonzern Swisscom bieten um Local.ch. Das Filetstück des angeschlagenen Werbevermarkters Publigroupe ist laut Experten hochprofitabel: Die Verbindung von Online-Telefonbuch, Suchmaschine und Werbeplattform läuft gut.
«Die Verzeichnissuchdienste sind einer der Bereiche, in denen sich die Werbung behaupten kann», sagte Daniel Bürki, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Dies unterscheidet diese Dienste von der Printwerbung, die seit Jahren unter Druck ist.
Swisscom will den ganzen Kuchen
Tamedia besitzt schon 75 Prozent des Verzeichnisdienstes Search.ch und ist bereit, für den Ausbau im Online-Geschäft tief in die Taschen zu greifen: Das Zürcher Medienhaus will 350 Millionen Franken für die ganze Publigroupe bezahlen und damit auch den 50-Prozent-Anteil ergattern, den die Publigroupe an Local.ch hält.
Die Swisscom besitzt schon 50 Prozent von Local.ch. Der Telekom-Marktführer hätte den gewinnträchtige Webdienst aber am liebsten ganz für sich und ist bereit, für die andere Hälfte 230 Millionen Franken auf den Tisch zu legen.
Das Geschäft sei zwar personalintensiv, aber sehr profitabel, sagte Analyst Bürki der Nachrichtenagentur sda. Die gesamten gemeinsam von der Publigroupe und der Swisscom betriebenen Geschäfte, zu denen Local.ch gehört, erreichten bei rund 200 Millionen Franken Umsatz 50 Millionen Franken Betriebsgewinn: «Das ist eine Betriebsmarge von 25 Prozent», sagt Bürki. Auch andere Verzeichnisdienste dürften viel einbringen.
Jung und mit Tradition
Ein Geschäft ist Local.ch für die Publigroupe - oder einen möglichen neuen Besitzer - weniger wegen der Bannerwerbung auf der Website, sondern weil die auffindbaren Firmen und Dienstleister für die Darstellung zusätzlicher Informationen und die bessere Sichtbarkeit ihres Eintrags bezahlen.
Im Werbemarkt ist der Dienst eine feste Grösse. So nutzen ihn zum Beispiel KMU mit oder ohne eigene Marketingabteilung, um neben ihren Adressen Angebote, Fotos und weitere Zusatzinformationen zu schalten und einen grösseren potenziellen Kundenkreis zu erreichen.
«Wir sind eine junge Marke mit langer Tradition»
Local.ch entstand parallel zu Directories.ch, startete aber ein wenig später. 2010 wurde Directories.ch vollständig auf Local.ch umgeleitet. Im Grunde genommen geht Local.ch somit auf das gute alte Telefonbuch zurück: «Wir sind eine junge Marke mit langer Tradition», sagt Christian Weber, Sprecher von Local.ch.
Heute versteht sich Local.ch vor allem als lokale Suchmaschine. Suchte man früher eine Telefonnummer, surft man inzwischen mit Computer, Tablet oder Smartphone nach der nächstgelegenen Apotheke oder einem bestimmtes Restaurant, und nimmt unter Umständen gleich eine Reservation vor. "Das hat nicht mehr viel mit einem blossen Verzeichnis zu tun", sagt Christian Weber.
«Richtige Geldmaschinen»
Trotz begrenzter Wachstumschancen erfüllen Dienste wie Local.ch laut Analyst Bürki eine wichtige Funktion: «Sie kompensieren den Bedeutungsverlust von Telefonbüchern und ersetzen diese nach und nach online.» Local.ch zählte im März Zugriffe von 4,4 Millionen Geräten (Unique Clients) und ist der meistgenutzte Schweizer Verzeichnisdienst. Search.ch kommt auf 3,7 Millionen Unique Clients.
Dass das Geschäft lukrativ ist, sagte der Gründer von Search.ch, Reto Hartinger, kürzlich in einem Interview mit «Tagesanzeiger/Newsnetz». Diese Websites seien «richtige Geldmaschinen».
Er schätzt, dass Local.ch noch etwas effizienter arbeitet als Search.ch. Auch andere Branchenexperten denken, dass Local.ch noch profitabler ist als Search.ch, was den Kauf für Tamedia umso interessanter machen dürfte.
Markt auch unter Druck
Der Markt sei aber auch unter Druck, vor allem wegen Google, sagte Hartinger: «Google saugt immer mehr Nutzer ab, weil diese direkt in der Suchmaschine suchen und nicht in ein spezialisiertes Verzeichnis wechseln.» Wenn Google+ noch zu einem Personenverzeichnis werde, habe es die Suchmaschine noch leichter.
Ein Nachteil für Local.ch und Search.ch sei, dass man nicht nach Handynummern suchen könne. Für die beiden Unternehmen bestehe die Chance vor allem in der Innovation, etwa mit Suchmaschinen, die zielgerichteter arbeiteten und mehr Informationen verknüpften. Auch bei Angeboten für Mobiltelefone seien die beiden Schweizer Anbieter im Hintertreffen und sie könnten sich dort noch entwickeln.
(sda/dbe)