Kleider machen Leute und Verpackungen Produkte. Was die Verpackung dem potenziellen Käufer verspricht, spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines Produkts. Kauf oder Nichtkauf ist oft eine Frage der Form und des Designs der äusseren Hülle. Mit Hilfe von Verpackungstests finden die Hersteller bei einem neuentwickelten oder bei einem älteren Produkt die ideale Verpackung. Oftmals liefern solche Tests auch Erklärungen, warum ein Produkt keinen Erfolg hat.

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Lassen wir uns verführen?

Schon vor 50 Jahren machte Vance Packard mit seinem Buch «Die geheimen Verführer - Der Griff nach dem Unterbewussten in jedermann» darauf aufmerksam, wie der Konsument zum Kauf von Produkten «verführt» wird. Noch heute sind viele der damals untersuchten psychologischen Wirkungsmechanismen auf das Kaufverhalten gültig. Die Erforschung hat sich zwar entwickelt und verfeinert, aber die Konsumenten und Konsumentinnen haben in der Zwischenzeit auch Strategien entwickelt, um sich vor solchen Reizen zu distanzieren.

Der heutige Konsument ist mündiger und aufmerksamer für Marketingtricks und Mogelpackungen. Es wird immer schwieriger, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Zudem bestehen zahlreiche Vorschriften, was auf einer Verpackung deklariert werden muss. Wie dieser Kreislauf zwischen Marketing und Konsument funktioniert und wie er sich verändert, bleibt ein ständig spannendes Thema für Psychologen, Soziologen, Kommunikationsforscher, Linguisten und andere Spezialisten.

Das fünfte «P»

Verbrauchsartikel kaufen wir heute meistens in der Selbstbedienung. Dies macht die Präsentation und die Verpackung eines Produkts zu einer wichtigen Grösse beim Kaufentscheid. Viele Marketing-Spezialisten sehen darum Packaging als das fünfte «P» der Marketing-Mix Zauberformel «Price, Product, Place, Promotion».

Die Tatsache, dass Gewicht und Grösse einer Verpackung eine Rolle spielen, leuchtet noch rasch ein. Neben Grösse, Form und Materialien spielen auch Farbe, Text, Bilder und Markenzeichen eine Rolle. Mit dem Design kann eine Wirkung auf die Wahrnehmung erzeugt werden. So lässt zum Beispiel der Kreis auf der Lucky-Strike-Packung diese grösser erscheinen. Dieser Effekt wurde auch von anderen Herstellern genutzt, zum Beispiel Persil.

Verpackungstests werden einerseits in einer künstlichen Situation vorgenommen oder aber in der effektiven Verkaufssituation durchgeführt. Im ersten Fall lässt man ausgewählte Testpersonen das heisst Personen aus der gewünschten Zielgruppe im Labor die Verpackung evaluieren, zum Beispiel indem man ihnen ganz kurz hinter einem Vorhang verschiedene Verpackungen zeigt und sie ohne zu Überlegen sofort eine davon herausgreifen müssen. Ein anderes Beispiel aus der Vielzahl der Erhebungsmethoden wäre das Vorgehen, dass man den Testpersonen das gleiche Produkt in verschiedenen Verpackungen gibt und sie beschreiben lässt, was wohl darin enthalten ist.

Soll der Test im Feld also im Rahmen der effektiven Kaufsituation durchgeführt werden, so wird das Verhalten der Kunden im Geschäft beobachtet und analysiert. Eine häufig verwendete Methode bildet hier die Blickverlaufregistration, bei der die Probanden eine Brille tragen, die den Blickverlauf aufzeichnet.

Wie kommuniziert eine Verpackung? In dieser Frage wird der Begriff «Kommunikation» sehr breit verwendet. Gemeint ist, was vermitteln die Gestaltung (Farbe, Aufschrift usw.), die Form und das Material der Verpackung dem potenziellen Käufer. Für Zigarettentests werden zum Beispiel nur neutrale weisse Verpackungen verwendet, da eine Farbe schon die Wahrnehmung des Zigarettengeschmacks beeinflussen würde.

Im Test wird herausgearbeitet, welche Kommunikationsinhalte mit dem Verpackungsdesign konnotiert sind. Diese Inhalte werden vom Konsumenten problemlos und meist unbewusst entziffert, da sie kulturell verankert sind. So spielt zum Beispiel die Farbsymbolik eine grosse Rolle bei der Gestaltung einer Verpackung. Welche Windel soll in die rosa, welche in die hellblaue Verpackung? Die Antwort liegt in unserem Kulturkreis auf der Hand. Hellblau für Buben, Rosa für Mädchen.

Welche Wirkungen haben die Gesundheitswarnungen auf den neuen, gemäss EU-Vorschriften gestalteten Zigarettenpackungen? Wo liegen die Gefahren, wenn ein altbewährtes Produkt in einem moderneren Kleid daherkommen soll? Fällt der Wiedererkennungseffekt dem neuen Design zum Opfer, kann der Absatz signifikant sinken. Bekannte Verpackungen haben zum Teil einen riesigen Bekanntheitsgrad erreicht.

Das offensichtlichste Beispiel diesbezüglich ist wohl die Coca-Cola-Flasche. Aber auch das orange-durchsichtige Cellophan der Roland Bretzel ist zwar oberflächlich betrachtet veraltet. Es steht aber für den Konsumenten für die spezielle Qualität dieser Bretzel und hat einen hohen Wiedererkennungseffekt am Regal. Die Billig-Linien M-Budget oder Prix Garantie sind ebenfalls Thema im Rahmen der Verpackungsanalyse. Wird der Faktor «Günstig und trotzdem noch gut» von diesen Verpackungen effektiv kommuniziert, und ist die Abstufung zur Qualitätsanmutung der anderen Produkte genügend gross? Die Auswirkungen fehlender Abgrenzung zum übrigen Sortiment zeigen sich sofort: So verkauft sich die Naturaplan-Linie von Coop anscheinend seit der Einführung von Prix Garantie signifikant schlechter.

Werner Schaeppi, Co-Geschäftsführer, und Ursina Kellerhals, Projektleiterin, «mrc marketing research and consulting», Zug.



Kommunikationsmechanismen: Zuerst einmal die Botschaften und ihr Zusammenspiel analysieren

Im Folgenden einige Beispiele für Inhalte, die mit einer Verpackung je nach Schwerpunkt des Marketingkonzepts kommuniziert werden können: Die Packung enthält Hinweise auf die Quantität (Packungsgrösse, Gewichtsangaben usw.) und die Qualität des Produktes (billig oder exklusiv wirkendes Design). Die Hinweise auf die Art des Produktes können so stark sein, dass sie sogar die geschmackliche Wahrnehmung beeinflussen können. So ist in einem Verpackungstest für einen Softdrink festgestellt worden, dass Probanden, die eine gelbe Flasche erhielten, glaubten, Zitrone zu schmecken. Ein Produkt kann über die Verpackung auch leicht einer ganzen Produktfamilie (Barilla Teigwaren) zugeordnet oder als neuartig platziert werden. Da sich Designs aber mit der Zeit und den Modetrends wandeln, müssen Verpackungen lang bewährter Produkte auch immer wieder modernisiert werden. Geht der Wiedererkennungseffekt jedoch verloren, meint der Kunde, es handle sich um ein neues oder gar ein Nachahmungsprodukt des bekannten Produkts.

Weiter muss das Design der Verpackung der Zielgruppe entsprechen. Das geht von Farbsymbolik bis hin zur grösseren Schrift für ein Produkt für ältere Menschen. Manchmal liegt aber der Misserfolg eines Produktes nicht darin, dass die falsche Person angesprochen wird, sondern darin, was man ihr sagt. Heute weiss man, dass die perfekte Hausfrau sich überflüssig fühlt, wenn auf der Fertigmenu-Verpackung das Gericht auf der festlich gedeckten Tafel präsentiert wird. Ist auf der Packung nur das Gericht abgebildet, so verkauft sich das Produkt viel besser. Ein wichtiger Faktor ist auch der funktionale Nutzen eines Produkts. Schokolade ist in erster Linie kein Nahrungsmittel, sondern ein Geschenk, was auch bei der Verpackung zum Ausdruck kommen soll.

Die Aufgabe der Marktforscher ist es, all diese Botschaften und ihr Zusammenspiel zu analysieren, damit die vom Marketing gewünschte Botschaft von der Verpackung kommuniziert wird. Neben den kommunizierten Inhalten der Verpackung sind noch andere, scheinbar auf der Hand liegende Faktoren wichtig für den Erfolg eines Produkts. Angefangen bei der Ladenlogistik, wo zum Beispiel die Stapelbarkeit für die Aufnahme ins Sortiment entscheidend sein kann, spielt auch die Einfachheit des Transports vom Laden nach Hause eine Rolle.

Verpackungstests machen oftmals auf ganz grundlegende Tatsachen aufmerksam, welche den Absatz eines Produktes in einer bestimmten Verpackung praktisch verunmöglichen. So ergab zum Beispiel ein Test für Coca-Cola, dass die geplanten Flaschen in amerikanischer Grösse gar nicht in unsere Schweizer Kühlschränke passen. (ws)