Zwischen 25 und 30 Mrd Fr. haben die Steuerzahler bisher für die Vorsorge der Bundesangestellten aufwerfen müssen: 4,1 Mrd Fr. für die Post, 4,8 Mrd Fr. für die Swisscom, über 11 Mrd Fr. für die SBB fielen bei deren Ausfinanzierungen an. Für die am 1. Juni in die «Selbstständigkeit» entlasssene Publica sind es neu 12 Mrd Fr. Das ist insgesamt fast die Hälfte jener Summe, um welche die Bundesschuld seit 1990 gewachsen ist (von rund 50 auf 122 Mrd Fr.) und mehr als 100000 Fr. pro Versicherten.
Die Publica, die Nachfolgeorganisation der Bundespensionskasse, könnte auch in Zukunft ein Fass ohne Boden bleiben. Die von Arbeitgebern und -nehmern eingezahlten Beiträge reichen gemäss Aussagen von Experten nicht aus, um die Leistungen der Kasse zu finanzieren.
Denn die Publica kennt nach wie vor das Leistungsprimat. Die Versicherten sparen also nicht individuell, sondern es wird ihnen eine Pension garantiert. Diesen Leistungsberechnungen liegt ein technischer Zinsfuss von mindestens 4% zugrunde. Angesichts der Altlasten und der gestiegenen Lebenserwartung brauche die Publica zwischen 5 und 5,5% Rendite, schätzt Stefan Thurnheer vom VZ Vermögenszentum, um keine weiteren Löcher zu produzieren. Erreicht hat die Kasse im letzten Jahr allerdings eine «Rendite» von minus 7%. Somit wird das Loch täglich grösser. Ausser die Beiträge der Versicherten würden erhöht oder die Leistungen gesenkt. Doch daran denkt niemand.
*Börsencrash nur ein Teil des Problems*
So ist absehbar, dass sich die ausstehende Schuld des Bundes, die in den nächsten acht Jahren abgetragen werden soll, von heute 12 Mrd Fr. sukzessive erhöhen wird. Die bereits ausgegliederten Pensionskassen Post, SBB und Swisscom rufen jetzt schon wieder nach staatlichen Zuschüssen für die entstandene Unterdeckung in jüngster Zeit. Bei der Publica, wo der Arbeitgeber hauptsächlich der Bund ist, werden letztlich sowieso alle Löcher vom Staat gestopft.
Gemeinhin wird angenommen, dass die Unterdeckung der ehemals öffentlichrechtlichen Kassen des Bundes erstens aus dem Börsencrash und zweitens aus ungenügenden Zahlungen der Arbeitgeber (Bund) stammt.
Das Beispiel der Publica zeigt aber, dass sehr grosszügige Leistungsversprechen zumindest ebenso für das Debakel zuständig sind. Das Stossende dabei: Während rundum die Versicherten (und zunehmend auch die Rentner) via Beitragserhöhungen und/ oder Leistungskürzungen zur Kasse gebeten werden (siehe Ascoop, Winterthur Columna), scheinen die Privilegien der Publica-Versicherten unantastbar.
- So beziehen die Bundesrentner nach wie vor einen garantierten Teuerungsausgleich, obwohl diese meist schon über hohe Renten verfügen. Weil die Publica eine Kasse ist mit über 40% Rentnern, kostete allein der Teuerungsausgleich von 1% per 1.Januar 2003 die Steuerzahler rund 100 Mio Fr.
- Die Beiträge sind mit 13,5 und 18% des Lohnes (je nach Alter) angesichts der tiefen Kapitalmarkterträge zu niedrig, um 60% des letzten Lohnes zu garantieren. Denn im Leistungsprimat vergrössert sich das Loch im Deckungskapital, wenn die Kapitalmärkte nicht mindestens die 4% technischen Zins hergeben. Wer keine Schwankungsreserven oder Arbeitgeberbeiträge mobilisieren kann, müsste die Beiträge erhöhen oder die Leistungen senken.
- Auch die Risikobeiträge scheinen zu tief angesetzt: Die Publica setzt dafür bei den 17- bis 22-Jährigen nur 1% ein. Zum Vergleich: Die Pensionskasse des Kantons Graubünden verlangt für die 18- bis 24-Jährigen das Fünffache.
- Wie früher in der alten Bundespensionskasse gibt es auch in der neuen Publica eine so genannte «Berufsinvalidität»: Wer mindestens fünfzig Jahre alt ist und aus gesundheitlichen Gründen für die bisherige oder für eine andere zumutbare Beschäftigung nicht mehr tauglich ist, kann sich vom ärztlichen Dienst der Bundesverwaltung «invalidisieren» lassen. Immerhin müssen gemäss neuem Publica-Reglement die Departemente selbst für diese Kosten aufkommen. Wo der Bund jedoch Arbeitgeber ist, berappen letztlich die Steuerzahler die Zeche.
n Der Fehlbetrag von heute rund 12 Mrd Fr. wird vom Bund (respektive den Steuerzahlern) weiterhin zu 4% verzinst. Der Bundesrat hatte Ende 2002 zwei Motionen der SVP abschlägig beantwortet. Die eine hatte eine variable Verzinsung dieser Schuld gefordert, die andere eine Umstellung vom Leistungs- auf das Beitragsprimat.
Zum heutigen Loch in der Publica haben auch die Privilegien in der Vergangenheit beigetragen. So sind einem Teil der Versicherten in den 70er Jahren fünf Beitragsjahre erlassen worden, die Beiträge von Versicherten wie Arbeitgeber waren in der Vergangenheit zu tief, und Lohnerhöhungen sind nie nachfinanziert worden. Laut Insidern sind vor allem Kaderangehörige vor der Pensionierung noch befördert worden, um in den Genuss einer höheren Rente zu kommen.
Im Leistungsprimat lohnt sich solches, da sich die Rente auf den letzten Lohn bezieht. Auch wurden Überbrückungsrenten und grosszügige Frühpensionierungen von der Pensionskasse bezahlt; die Risikobeiträge wurden nie an die steigenden IV-Kosten angepasst. Über viele Jahre hinweg konnten sich Versicherte zu «Vorzugskonditionen» in die Kasse einkaufen. Vorzugshypotheken für die Versicherten, «administrative Pensionierungen» und interne IV-Regeln bei der «Berufsinvalidität», welche sozialer waren als die staatlichen Kriterien, rundeten die Privilegien ab.
Das alles hat dazu beigetragen, dass heute die Verpflichtungen der Publica auf der Passivseite (28 Mrd Ende 2002) die Aktivseite um rund 12 Mrd übertrifft. Wenn die Steuerzahler nicht noch weiter bluten wollen, sollte zumindest möglichst schnell auf das Beitragsprimat umgestellt und auf den Teuerungsausgleich verzichtet werden.