Christoph Franz steht zum Recycling. Mit seinem Konterfei wirbt der Lufthansa-Chef für die deutsche CEO-Initiative zugunsten von wiederverwertetem Papier. Nun rezykliert er sich selbst. Noch bevor er die Sanierung der Airline durchgeboxt hat, wechselt der 53-Jährige nach knapp fünfzehn Jahren bei der Kranich-Airline auf den Präsidentensitz des Pharmakonzerns Roche und verhilft dort Vorgänger Franz Humer zu einem neuen Bild von sich: Mit Franz importiert der Alt-Präsident erstmals das englische Corporate-Governance-Modell in den Basler Pharmakonzern.
Humer lernte die Vorteile dieses Systems als Präsident des britischen Getränkekonzerns Diageo schätzen. Es sorgt für Unabhängigkeit im Verwaltungsrat, beschränkt den Präsidenten auf seine Kontrollpflichten und überträgt dem CEO die volle operative Verantwortung. Roche solle zum «englischen System» übergehen, sagte Humer zu Jahresbeginn gegenüber der «SonntagsZeitung», «wonach ein Konzernchef, der sein Amt abgibt, nicht Verwaltungsratspräsident des gleichen Unternehmens werden soll». Auch andere Firmen denken um. «Der Kaminaufstieg aus der Konzernleitung ins Präsidium ist passé», sagt Headhunter Sandro Gianella. In vielen Firmen gebe es mittlerweile Stimmen, die sagten, dass auch die einst geforderte Branchenkompetenz des Präsidenten nicht mehr beliebt sei.
Dagegen amtieren in vielen Schweizer Konzernen sehr aktive VR-Präsidenten. So präsidieren bei Swiss Re, Nestlé oder Givaudan frühere CEOs – ein Risiko kräftezehrender Machtkämpfe besteht.
Längst sitzen in Konzernen wie BP oder AstraZeneca branchenfremde Präsidenten, die durch ihre Erfahrung aus anderen Wirtschaftssektoren neue Ideen einbringen können. Mit Lufthansa-Mann Franz installiert Roche so ein Harmoniemodell, dem Rivale Novartis eines mit Konfliktpotenzial entgegensetzt: Deren Präsident Jörg Reinhardt war einst Nummer zwei, wollte CEO werden und redet Novartis-Chef Joe Jimenez nun kräftig drein. Diese Sorge muss Roche-Chef Severin Schwan nicht haben. Zumal Franz der Umzug zusätzlich entspannen dürfte. Bisher pendelte er von Frankfurt an seinen Wohnsitz Zürich.