Nach der misslungenen Fusion mit UPC kommt es zum grossen Umbruch im Telekom-Unternehmen Sunrise: CEO Olaf Swantee tritt per sofort zurück, VR-Präsident Peter Kurer und Vizepräsident Peter Schöpfer haben ihren Rücktritt auf die kommende Generalversammlung angekündigt. Ein für die Schweiz aussergewöhnlicher Vorgang: Die oberste Führung eines börsenkotierten Unternehmens wird komplett ausgewechselt.
Kurers Rücktritt ist konsequent, denn die Aktion im vergangenen Jahr war ein Debakel. Nicht weil der Versuch, UPC zu übernehmen, von vornherein sinnlos gewesen wäre, sondern weil er mit einer Überheblichkeit angegangen wurde, die blind machte. Blind gegenüber klaren Signalen, dass nicht alle hinter dem Vorhaben standen. Es ist unverständlich, wie ein Verwaltungsrat unter Kurer auf die Idee kommen konnte, einen derartigen Riesenschritt gegen seinen einzigen – mit 25 Prozent Aktienanteil sehr starken – Grossaktionär Freenet durchboxen zu wollen. Kurer hat einen schlechten Job gemacht, und Schöpfer als seine rechte Hand hat ihn zumindest nicht infrage gestellt.
Zu bedauern ist der Rücktritt von Konzernchef Swantee. Welche Rolle er genau im Übernahmeprozess gespielt hat, ist nicht klar. Als CEO ist er jedoch nicht für solche strategischen Transaktionen verantwortlich, sondern für das Tagesgeschäft. Und da machte Swantee einen ausserordentlich guten Job. Selten war Sunrise ein so ernst zu nehmender Konkurrent der parastaatlichen Swisscom, wie unter ihm. Er gab sich nicht mit der Rolle als Junior-Player im Markt zufrieden, sondern suchte den Wettstreit auf Augenhöhe.
5G als Gesellenstück
Einst ein Billiganbieter, steht Sunrise heute für Qualität. Swantee hat diese Strategie zwar nicht entworfen, aber er hat sie konsequent weitergeführt. Unter seiner Amtszeit landete Sunrise im weit beachteten Mobilfunk-Test von «Connect» gleich zweimal vor der Swisscom. Und als vergangenes Jahr das neue Netz der fünften Generation lanciert wurde, lieferte sich Swantee mit der Swisscom ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen um den schnelleren Start.
Unter Swantee hat sich Sunrise weiter von der Swisscom emanzipiert – so gut das geht. Er hatte die schwierige Aufgabe, die Verträge über den Zugang zum Swisscom-Festnetz zu verlängern. Auf diese ist Sunrise angewiesen, wenn sie flächendeckend Festnetz-Dienstleistungen anbieten will. Es waren harte Verhandlungen, und Swantee hat sich nicht gescheut, auch öffentlich darüber zu reden, wie ungleich lang die Spiesse in der Schweiz noch immer sind. Diesbezüglich wäre die Fusion mit UPC tatsächlich konsequent gewesen, denn die Kabelnetzbetreiberin besitzt die landesweit grösste Konkurrenzinfrastruktur zum Swisscom-Festnetz.
Jetzt muss sich Sunrise wieder selbst finden
Ob die Fusion Sunrise-UPC im kleinen Schweizer Markt zu mehr oder weniger Wettbewerb geführt hätte, darüber kann noch lange gewerweisst werden. Klar ist nur: In der jetzigen Situation dürfte Sunrise bis auf weiteres mit sich selbst beschäftig sein. Ist das Thema UPC wirklich abgehakt, oder wird bereits an einem zweiten Anlauf für eine Fusion gearbeitet? Wer übernimmt die Führung im Verwaltungsrat? Und wie positioniert sich Hauptaktionärin Freenet? Sunrise muss sich jetzt erst mal neu aufstellen, und das freut vor allem eine: Die Swisscom.