Sergio Ermotti ist der Banker der Woche. Gewiss, das Hauptthema bildeten zuletzt die Fusionspläne der Grossbanken in Frankfurt; doch dabei hielten sich die deutschen Banker selber sehr bedeckt. Derweil trat der UBS-CEO am Mittwoch in London auf und zeichnete ein aufsehenerregendes Bild der gesamten Branche. «Es ist eines der schlimmsten ersten Quartale in der neueren Geschichte», sagte Ermotti an einer Konferenz in London.
Und weiter: Bei der UBS seien die Einnahmen im Investmentbanking um etwa ein Drittel tiefer als im gleichen Zeitraum 2018.
Alle Leitorgane der Weltwirtschaft berichteten prominent über den Schweizer (Bloomberg: «How One of the Worst-Ever Quarters is hurting Investment Banking»). Die Aktien von Häusern, welche am Investmentbanking hängen, verloren sogleich an Rückhalt. Ein Beispiel: Die Titel von Goldman Sachs wurden im US-Handel gleichentags um 3,4 Prozent zurückgestutzt.
Was ist da los? Sergio Ermotti verwies in London aufs Geschäft mit Fusionen und Börsengängen: Hier herrsche plötzlich Flaute, zumindest ausserhalb der Vereinigten Staaten.
In einem Hintergrundbericht dazu illustrierte «Bloomberg» dies mit Beispielen: Die Unternehmen wagten derzeit kaum den Schritt an die Börse. In Westeuropa seien bislang IPOs im Umfang von rund 595 Millionen Franken angekündigt – im gleichen Vorjahreszeitraum waren es schon fast 10 Milliarden gewesen.
Konsolidierung in der Bankbranche
Zugleich leide das Fusions-Geschäft darunter, dass weniger Gelder in den Obligationenmarkt fliessen; schliesslich sind riskantere Unternehmensanleihen ein Rückgrat des M&A-Marktes. Die Zahlen hier: Der Absatz von spekulativen Anleihen sank im Vorjahresvergleich um 58 Prozent.
Es entstand also das Bild einer kriselnden Branche – wieder mal Probleme bei den Investmentbankern.
Zur Präsentation von Sergio Ermotti an der European Financials Conference von Morgan Stanley in London, 20. März 2019.
Kurz nach der Konferenz erschien Sergio Ermotti auch auf CNBC, dem amerikanischen Wirtschafts-Fernsehsender, wiederholte das düstere Gesamtbild und orakelte: Die Entwicklung im ersten und im zweiten Quartal dürfte ein Indikator dafür sein, ob der Konsolidierungsprozess in der Bankenwelt an Tempo zulegen wird.
Wenig Volatilität, wenig Überzeugung
Allerdings machte der Tessiner bei seinem Fernsehauftritt das Wealth Management etwas stärker zum Thema – und damit das Hauptgeschäft der UBS. Das Problem dort: wenig Volatilität, wenig Bewegung, wenig Überzeugung in den Märkten. Dies macht es den Banken schwer, Geld zu verdienen.
Tatsächlich hatte Ermotti an der erwähnten European Financials Conference eine brisante Zahl fallengelassen: Die Erträge im Global Wealth Management der UBS lagen seit Jahresbeginn etwa 9 Prozent tiefer als 2018. Und en detail: «Das transaktionsbasierte Einkommen könnte etwa 25 Prozent tiefer ausfallen.»
In ihrem Kerngeschäft, der Vermögensverwaltung, leidet die UBS also ebenfalls unter der Grosswetterlage. Aber Ermotti schaffte es, die Aufmerksamkeit auf ein Feld zu lenken, das eher nebensächlich ist für sein Haus: das Investmentbanking. «Ein geniales Ablenkungsmanöver» nennt das ein Spitzenbanker einer anderen Schweizer Bank.
Sparprogramm von 300 Millionen
Was steht also an im Wealth Management? Die UBS befindet sich wieder einmal vor der Frage, ob sich die Kosten ebenso rasch absenken lassen wie die Einnahmen, und wie. Dazu kündigte Ermotti in London an, mittels weiterer Sparübungen nochmals 300 Millionen Dollar kurzfristig herausstreichen zu wollen.
Das allgemeine Problem liegt in der Flaute, welche eben auch das Vermögensverwaltungs-Wesen erfasst hat: Die Anleger hätten momentan eine «wait and see attitude», sagte Ermotti an der erwähnten Veranstaltung: Abwarten und Tee trinken. Die Superreichen setzten stärker auf Cash.
Dabei würden Privatanlager und Institutionelle sich recht parallel verhalten: «Dies zeigt sich besonders klar in Asien. Dort bot unsere jüngste Kundenbefragung zwischen politischen Spannungen, Zollstreitigkeiten und Sorgen über eine regionale Wachstumsschwäche einen eher düsteren Ausblick.»
(rap)