Fixed Income erlebt gegenwärtig eine Renaissance. Die Liste der Assetmanager, die ihren Kundinnen und Kunden derzeit Bonds (Anleihen) als Anlage ans Herz legen, ist lang. Kaum ein Portfoliomanager rät zum Verzicht. Dabei wurde der Bond-Markt wegen stetig sinkender Zinsen noch vor zwei Jahren als nahezu tot bezeichnet. Nun hat das gedreht: Das gestiegene Zinsniveau verspricht ordentliche Renditen auf Anleihen. Das Angebot ist gross und reicht von Exchange Traded Funds (ETF) bis hin zu einzelnen Anleihen globaler Unternehmen, KMU und auch Staaten.

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Goldener Einstiegszeitpunkt bei Anleihen

Unter dem Titel «UBS: It Is Time To Fix Your Fixed Income» fasst Martin Wiethüchter, UBS Asset Management, zusammen, was aus Sicht der Anlegerinnen und Anleger momentan für Unternehmensanleihen spricht. Die Zentralbanken auf der ganzen Welt näherten sich dem Ende eines der aggressivsten Straffungszyklen aller Zeiten. «Dies stellt einen bedeutenden Meilenstein für die Rentenmärkte und einen goldenen Einstiegspunkt für Investitionen dar», so Wiethüchter. Das Renditepotenzial von Anleihen sei so hoch wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Es seien auch höhere Renditen als mit Aktien möglich – «und das bei tieferem Risiko».

Es bleibt ein Restrisiko

Doch es gibt auch Faktoren, die professionelle und private Investoren und Investorinnen im Auge behalten sollten. So warnte das ifo Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München kürzlich, Banken hätten wegen der sich eintrübenden Wirtschaft im September eher zurückhaltend Kredite an Unternehmen vergeben. Zudem notiert das deutsche Statistische Bundesamt eine zunehmende Zahl von Firmenpleiten in Deutschland. Der Kampf der EZB gegen die Inflation im Euro-Raum fordert seinen Tribut. Was im Euro-Raum geschieht, müsste gemäss Daniel Morris, Chef-Marktstratege von BNP Paribas Asset Management auch in den USA erfolgen: «Wir erwarten ein verlangsamtes Wirtschaftswachstum. Und das dürfte, nein, das sollte auch eintreten, denn die Inflation muss runterkommen. 2,5 Prozent Wachstum, wie wir es gegenwärtig in den USA haben, ist einfach zu viel. Um die Inflation zu bannen, muss das Wachstum wesentlich kleiner sein.»

US-Treasuries waren drei Jahre lang im Minus

Die Clientis-Bank hält in ihrem jüngsten Anlage-Flash fest, es drohe bei US-Anleihen der dritte Jahresverlust in Folge. Als Grund führt Clientis das aus historischer Sicht unverändert tiefe Zinsniveau in den USA an: «In den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren lag in den USA der Zins auf zehnjährige Staatsanleihen bei hohen 8 bis sogar 16 Prozent. Dieser Ertrag stand der Kursentwicklung durch steigende Zinsen gegenüber und konnte die Verluste aus der Marktbewegung grösstenteils auffangen. Dieser Effekt fiel die letzten Jahre mit Zinsen zwischen 0 und 4 Prozent deutlich geringer aus.» Für das kommende Jahr rechnen viele Assetmanager rund um den Globus jedoch wieder mit einem satten Plus.

Das Ausfallrisiko

Einige Risiken bleiben bei «Fixed Income» jedoch auch dann bestehen. Professionelle Investoren müssen die Bonität des jeweiligen Unternehmens oder des Staates abschätzen. Natürlich helfen dabei die Analysen der Rating-Agenturen. Doch auch diese kochen nur mit Wasser, sehen nicht alles, und Warnungen können für Geldgeber auch zu spät kommen. Wer die Anleihen schon gekauft hat, ist in der Regel über Jahre gebunden.

Während der Laufzeit besteht bei Bonds das Risiko, dass der Emittent der Anleihe zahlungsunfähig wird. Meldet ein Schuldner Insolvenz an, bedeutet das in der Regel für Anlegerinnen den Verlust des investierten Geldes. Dieses Ausfallrisiko wird durch höhere Renditen abgedeckt. Staatsanleihen von Argentinien haben wegen des markant höheren Ausfallrisikos einen massiv höheren Zins als etwa schweizerische oder deutsche Staatsanleihen. Die einfache Rechnung: mehr Risiko gleich höhere Rendite.

USA ist der Fixed-Income-Riese

Auffällig ist das immense Volumen der US-Staatsanleihen, der sogenannten Treasuries, am Gesamtvolumen: Auf etwa 50 Prozent aller ausgegebenen Bonds kommen die Vereinigten Staaten von Amerika. Über 21,8 Billionen Euro, also etwa 2000 Milliarden Franken Schulden hat die USA derzeit. Wer am 2. November über dreissig Jahre laufende US-Staatsanleihen kaufte, konnte sich einen Zins von 7,625 Prozent sichern. Ob das rentiert, hängt letztlich von mehreren Faktoren ab: von der weiteren Zinsentwicklung, der Inflationsentwicklung und der Entwicklung des Dollarkurses.

Wenn die Inflation die Rendite wegfrisst

Während das Geld in der Anleihe gebunden ist, der jährliche Zins aufs Konto wandert, bleibt die Welt nicht stehen. Und so kann sich eine ehemals verlockende Anleihe mit vernünftigem Zins ins Gegenteil verkehren: Etwa wenn die Inflation entgegen aller Erwartungen steigt. Letzteres geschah in der hinter uns liegenden Zinswende. So stellte die NZZ vor zwei Jahren fest: «Eine amerikanische Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit rentiert heutzutage real mit minus 4,6 Prozent, also nachdem man die hohe Inflationsrate von 6,2 Prozent berücksichtigt hat.»

Wenn die Zinsen steigen, sind Anlegende weiter an die Anleihe gebunden und können daher nicht in attraktive Anlagen mit höheren Zinsen investieren. Bei frei handelbaren Bonds hat das für Investorinnen und Investoren einen nachteiligen Effekt. Der Kurs von Anleihen schwankt, ähnlich wie bei Aktien, aktiven Fonds oder ETFs, trotz fester Verzinsung und Rückzahlung des Nennwerts zu einem festen Zeitpunkt. Entweder halten Investorinnen und Investoren ihre Anleihen und sitzen die Schwankungen aus. Oder sie verkaufen und müssen einen Abschlag auf den Nennwert in Kauf nehmen, sprich Verluste realisieren.

Positiver Realzins wird gesucht

Ein Beispiel zeigt: Es geht ins Geld, wenn der Nominalzins wegen hoher Inflation zu einem negativen Realzins führt. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentierten im Juli 2020 gerade einmal mit 0,6 Prozent, drei Jahre später stiegen sie auf bis zu 3,8 Prozent. Doch mit dem Anstieg des Treasuries-Zinses ging auch der massive Anstieg der Teuerung ab Juni 2020 einher. Die Inflation frass das Plus wieder weg. Im Juli 2022 verloren die Anlegenden mit ihren US-Staatsanleihen sogar real 6 Prozent ihres investierten Geldes. Der Zins auf Treasuries lag damals bei 3 Prozent, wobei die Teuerung aber rund 9 Prozent betrug. Die beschriebene Durststrecke bei den zehnjährigen US-Staatsanleihen dauerte bis Juni 2023. Dank sinkender Inflation und steigender Renditen der Anleihen kreuzten sich die Kurven erneut. Heute liegt die US-Inflation bei rund 3 Prozent, der Zins der zehnjährigen Staatsanleihen bei rund 4 Prozent. Unter dem Strich bleiben den Anlegenden also ein Plus von rund 1 Prozentpunkt. Der Realzins ist wieder positiv. 

Assetmanager rechnen mit höherem Realzins

Sollten die Zinsen und die Inflation weiter sinken, wäre wohl heute der optimale Zeitpunkt für einen Einstieg etwa in US-Staatsanleihen. Investorinnen könnten sich einen guten Zinssatz auf zehn Jahre sichern. Der Realzins könnte eventuell sogar noch steigen. Viele Assetmanager, Bankberaterinnen und professionelle Investoren setzen momentan auf diese verlockende Chance. Zumal man gerade auf dem Aktienmarkt eher Trübsal bläst.

Hohes Währungsrisiko wegen des starken Frankens

Doch aufgepasst: Gerade für Schweizer Anlegerinnen und Anleger, Pensionskassen, Family Offices, Versicherer und andere professionelle Investoren ist die Rechnung etwas komplizierter. US-Staatsanleihen werden in Dollar abgerechnet. Und der Kurs des Dollars hat gegenüber dem Schweizer Franken in den letzten Jahrzehnten massiv an Wert verloren. War 1 Dollar vor zehn Jahren noch etwa 1.40 Franken wert, sind es heute nur gerade 90 Rappen. Das zeigt: Während der Laufzeit der Bonds kann das Währungsrisiko zuschlagen. Aus der verlockenden Investition ist somit eine Fehlinvestition geworden, denn real hat das im Ausland angelegte Vermögen Verlust eingefahren. Und dies, obwohl eigentlich alles glatt und problemlos abgelaufen ist: Die Zinszahlungen kamen regelmässig, das gewährte Darlehen wurde am Ende der Laufzeit zurückgezahlt. 

Absicherung ist teuer

Ein Währungsrisiko lässt sich über Hedging minimieren. Doch auch hier müssen Assetmanager genau hinsehen. «Waren währungsgesicherte Fondstranchen bis vor wenigen Jahren eine Rarität, so sind Fondsanbieter in den vergangenen Jahren immer mehr dazu übergegangen, gehedgte Fondstranchen auf den Markt zu bringen», schreibt «Morningstar» unter dem Titel «Absicherungskosten killen Bond-Performance». In der Folge führt Autor Ali Masarwah detailliert aus, dass solche Absicherungen jährlich bis zu 3,8 Prozent des angelegten Investition betragen können. Das bedeutet: Zu diesem Preis kann die Absicherung auch gleich sein lassen. Entweder die Absicherung frisst einem die Rendite weg. Oder eine allfällige Entwertung wird dies tun, wie in unserem Beispiel bei US-Staatsanleihen und Dollar. 

Die Entwertung des Dollars

Wie sich der Dollar in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist natürlich offen. Doch verschiedene Faktoren scheinen für eine weiter fortschreitende Entwertung gegenüber dem Schweizer Franken zu sprechen. So steigen die Schulden der USA weiter massiv an. Deren Gesamtschulden im Jahr 1980 entsprechen den heutigen Zinszahlungen des aktuellen US-Schuldenbergs – Tendenz steigend. In den kommenden fünf Jahren muss die USA die gigantische Summe von über 14 Milliarden Dollar neu aufnehmen.

Pro Kopf bald 100’000 Dollar Schulden

Die US-Verschuldung schreitet seit Jahrzehnten ungebremst voran: 1980 weisen Statistiken US-Schulden von 1,18 Billionen Dollar aus, was pro Kopf 5200 Dollar entsprach. Bis 2012 hatte sich diese Summe verzehnfacht, auf 52’700 Dollar pro Kopf, total auf 16,6 Billionen. Der heutige Schuldenberg ist nochmals doppelt so hoch: «32 Billionen Dollar oder 98’000 Dollar pro Kopf», rechnen Experten wie Heiko Böhmer, Kapitalmarktstratege bei Shareholder Value Management, vor. Die Peter G. Peterson Foundation sieht diese Entwicklung ungebremst weitergehen. Von heute 122 Prozent Schulden zum BIP könnte die Schuldenquote auf bis zu 181 Prozent in den nächsten dreissig Jahren steigen. Aufgrund dieses gigantischen Schuldenbergs könnte die Notenpresse heiss laufen. Dies würde aber dem Abklingen der immer noch hohen Inflation entgegenwirken.

Fazit: Die wirtschaftlichen Eintrübungen und der maue Ausblick auf die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft sowie am Aktienmarkt treiben professionelle Anleger und private Investorinnen in den Bond-Markt, da dort seit Jahren wieder ordentliche Renditen locken. Wer das Ausfallrisiko bei der Auswahl seiner Anleihen seriös abklärt, kann mit seiner Investition stürmische Zeiten in einem sicheren Hafen aussitzen – und sich über «Fixed Income» freuen.

 

Dieser Artikel ist Teil der Market Opinion «Fixed Income Investments», die in Zusammenarbeit mit der Capital Group realisiert wurde.