Dabei zeigt sich: Sicherheit ist beim Geldanlegen wichtiger denn je, und der Aufbau eines Finanzpolsters gegen Unvorhergesehenes wird zum wichtigsten Sparziel. «Sparen ist ein wichtiger Aspekt unserer Kultur in der Schweiz und für viele ein wichtiges Mittel, wie Pläne realisiert und mit Unvorhergesehenem umgegangen werden kann», beobachtet Manuel Kunzelmann, CEO der Migros Bank. «Dabei lassen sich Muster erkennen und Unterschiede zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen feststellen.» Kurz gesagt: Sechs von sieben Personen legen regelmässig etwas zur Seite. 61 Prozent der erwachsenen Personen, die regelmässig sparen, legen pro Monat maximal 1000 Franken zur Seite. Tendenziell weniger sparen können Frauen sowie das Alterssegment der 18- bis 29-Jährigen. Eher mehr ist es dagegen bei Männern sowie bei den Alterssegmenten der 30- bis 54-Jährigen und der mindestens 55-Jährigen. Das geht aus einer repräsentativen Befragung zum Sparverhalten der Schweizer Bevölkerung hervor, welche die Migros Bank 2023 bereits zum dritten Mal nach 2019 und 2021 mit dem Marktforschungsinstitut Intervista durchführte.
Finanzpolster wird als wichtiger denn je betrachtet
Über die drei Umfragen hinweg zeigt sich eine Veränderung der Sparziele. Ein Finanzpolster für Schadenfälle oder unerwartete Zahlungen zu haben, ist zum wichtigsten Sparziel der Schweizer Bevölkerung geworden. Es liegt 2023 erstmals vor der Altersvorsorge. Auf Platz drei der Sparziele rangiert unverändert der Erwerb von Wohneigentum. 15 Prozent der Befragten geben an, ohne konkretes Ziel zu sparen.
Nuancen ergeben sich je nach Geschlecht und Alter. Beispielsweise Frauen und junge Menschen sparen neben einem allgemeinen Finanzpolster und der Altersvorsoge überdurchschnittlich oft auf eine längere Reise. Dagegen legen Männer ihr Geld häufiger auch für ein Auto auf die Seite.
Die steigende Bedeutung des Finanzpolsters als Sparziel über die letzten Jahre verläuft parallel mit der pessimistischeren Einschätzung der Schweizer Wirtschaftsentwicklung. Stuften 2019 erst 29 Prozent der Befragten die künftige Wirtschaftslage negativ ein, sind es 2023 bereits 39 Prozent. Besonders hoch ist der Anteil der Pessimisten in der Romandie mit 45 Prozent. Parallel zur negativen Wirtschaftseinschätzung wuchs die Zahl jener Personen, die ihre persönliche finanzielle Situation als tendenziell schlechter einstuft als früher; dieser Anteil erreicht 27 Prozent.
Die Sorge um die Wirtschaft prägt ebenfalls die Antworten auf die Frage, was als grösstes Risiko bei der Geldanlage wahrgenommen wird. Mit 52 Prozent werden an erster Stelle politische und gesellschaftliche Ereignisse genannt, welche die Wirtschaftslage und damit die Börse belasten könnten – hier dürfte der Einfluss des Ukraine-Kriegs und des Nahost-Konflikts massgeblich sein. Mit deutlichem Abstand folgen als nächstgrössere Risiken bei der Geldanlage die Inflation (29 Prozent) und das Risiko, unverhofft und unter Umständen mit Verlusten Ersparnisse bzw. Anlagen verflüssigen zu müssen (28 Prozent).
Hohes Sicherheitsbedürfnis macht das Sparkonto beliebter denn je
«Die Sorge um die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen beeinflusst die Prioritäten beim Geldanlegen: Der Fokus liegt auf Sicherheit und möglichst jederzeitiger Verfügbarkeit der finanziellen Mittel», erläutert Kunzelmann. Mit Abstand am wichtigsten ist daher für die Befragten bei der Geldanlage «wenig Risiko» (32 Prozent), vor «viel Flexibilität» (15 Prozent) und «geringe Gebühren/Kosten» (12 Prozent). Während es zwischen den Altersklassen wenig Unterschiede gibt, zeigen sich Frauen deutlich weniger risikofreudig als Männer. Für nur 4 Prozent der Frauen sind hohe Kapitalgewinne, unter Inkaufnahme von Schwankungsrisiken, am wichtigsten bei der Geldanlage, wogegen dies für immerhin auf 11 Prozent der Männer zutrifft. Doch auch für die Mehrheit der Männer gelten wenig Risiko, viel Flexibilität und geringe Gebühren/Kosten als prioritär.
Die ideale Kombination aus diesen drei Faktoren scheint für viele das Sparkonto zu bieten. Fast 80 Prozent aller Befragten haben ein Sparkonto. Es ist für praktisch alle Sparziele (mit Ausnahme der Altersvorsorge und Frühpensionierung) klar die beliebteste Spar- und Anlageform, gefolgt vom Privatkonto.
Daran hat die Zinsentwicklung nichts geändert: Vier von fünf Befragten haben ihr Spar- und Anlageverhalten aufgrund der steigenden Zinsen nicht angepasst, also beispielsweise nicht vom Sparkonto in höher verzinste Anlagen wie Kassenobligationen, Anleihen oder Festgelder gewechselt. Als wichtigste Gründe werden genannt, zu wenig Vermögen für einen Wechsel in eine andere Spar- und Anlageform zu haben, sich mit anderen Spar- und Anlageformen nicht auszukennen und den Wechsel aufgrund der Gebühren als nicht lohnend zu erachten.
Stattdessen beabsichtigen viele Befragte, auch weiterhin dem Sparkonto die Treue zu halten: 49 Prozent wollen das Sparkonto in Zukunft noch häufiger nutzen. «Das erscheint schlüssig angesichts der bei diversen Banken deutlich gestiegenen Kontozinsen, welche die persönlichen Träume und Sparziele realisieren helfen», erläutert Kunzelmann. Ebenfalls verstärkt nutzen wollen die Befragten neben dem Sparkonto, wenn auch mit deutlichem Abstand, die Säule 3a (38 Prozent) und das Privatkonto (29 Prozent). Dagegen hat Spekulieren an Beliebtheit verloren.
Entsprechend sind Bitcoins und andere Kryptowährungen, ungeachtet ihres aktuellen Höhenflugs, weniger gefragt als zuvor. Nur 4 Prozent sagen, Kryptowährungen künftig verstärkt als Spar- und Anlageformen nutzen zu wollen. 2019 waren es noch 12 Prozent.
Tiefes Finanzwissen und -interesse fördern das Bedürfnis nach einfachen Anlagen
Die ungebrochene Beliebtheit des Sparkontos ist noch auf einen weiteren Faktor zurückzuführen, neben den Aspekten «wenig Risiko», «viel Flexibilität» und «geringe Gebühren/Kosten». Die Schweizer Bevölkerung schätzt ihr Wissen im Bereich der Finanz- und Anlagethemen als sehr tief ein. Über alle Altersgruppen hinweg stufen 47 Prozent ihr Know-how als überhaupt nicht gut ein, weitere 21 Prozent als eher tief. Frauen beurteilen sich deutlich selbstkritischer als Männer: 60 Prozent der weiblichen Befragten bezeichnen ihr Fachwissen als «überhaupt nicht gut» gegenüber nur 34 Prozent der Männer.
Mangelndes Finanzwissen ist auch eine Folge von Desinteresse: 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung interessiert sich nicht für Finanz- und Anlagethemen; weitere 20 Prozent zeigen ein tiefes Interesse. Während sich die Alterskategorien wenig unterscheiden, zeigt sich ein klarer Geschlechtergraben. So interessiert sich die knapp die Hälfte der Frauen überhaupt nicht und fast ein weiteres Viertel wenig für Finanz- und Anlagethemen, während es bei den Männern nur 30 bzw. 18 Prozent sind.
Wer aus Unkenntnis das Risiko nicht einzuschätzen vermag, scheut es. Es verwundert daher nicht, dass viele via Sparkonto ansparen. Und das selbst für langfristige Anlageziele wie Wohneigentum, für das Börsenanlagen angesichts des langen Anlagehorizonts besser geeignet wären. Doch jede zweite Person spart gemäss eigenen Angaben «einfach drauflos», ohne Überlegung, wie das konkrete Sparziel am besten oder schnellsten zu erreichen ist. Besonders ausgeprägt ist das bei Frauen (56 Prozent) sowie im Alterssegment der 18- bis 29-Jährigen (58 Prozent). Umgekehrt ist im Alterssegment der mindestens 55-jährigen Befragten der Anteil mit einem Viertel besonders hoch, der sich bei einer Bank oder einem Finanzdienstleister beraten liess.
Wichtig ist eine ausgewogene Vermögensaufteilung
Das erwähnte tiefe Finanzwissen führt auch dazu, dass drei Viertel der Befragten keine Möglichkeit einfällt, wie sie Risiken bei der Geldanlage wirksam verringern könnten – nämlich über die Diversifikation der Anlagen. Zudem vermögen 45 Prozent der Befragten nicht abzuschätzen, wie viel Vermögen für eine breit gestreute Investition an der Börse nötig ist.
Stattdessen wird das meiste Geld in Form von Spar- und Privatkonten gehalten. Während Frauen ihr Vermögen häufiger auf dem Spar- oder Privatkonto angelegt haben als Männer, nutzen Letztere im Vergleich zu Frauen mehr unterschiedliche Anlageformen, z.B. Wohneigentum, Aktien oder Fonds. Das erklärt sich mit den erwähnten höheren Sparbeträgen und Risikopräferenzen von Männern. «Angesichts der Resultate ist es umso wichtiger, jungen und erfahrenen Menschen finanzielle Zusammenhänge zu vermitteln, damit sie für sich zielführende Entscheidungen fällen können. Unser Bestreben ist es zudem, sämtliche Kundinnen und Kunden gemäss den Wünschen und Bedürfnissen ihrer aktuellen Lebenssituation optimal zu beraten und sie bei der Realisierung ihrer Spar- und Anlageziele zu begleiten und zu unterstützen», resümiert Kunzelmann.
Methodik der Umfrage
Die repräsentative Umfrage wurde im Oktober 2023 durch das Marktforschungsinstitut Intervista im Auftrag der Migros Bank durchgeführt. Die Befragung erfolgte online bei über 1500 Personen ab 18 Jahren aus der Deutschschweiz, der Romandie und dem Tessin.