Herr Brun, Sie sind bereits seit 2018 bei der Berner Kantonalbank und waren davor lange Zeit bei der Postfinance. Was waren die Umstände Ihres Wechsels damals?

Ich habe immer gerne in einem Job gearbeitet, in dem sich etwas bewegen und gestalten lässt. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich mich fragte, ob dies weiterhin möglich ist. Mit über fünfzig habe ich mich schliesslich entschieden, nochmals eine Veränderung anzustossen.

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Und wie war Ihr Start bei der BEKB?

Als ich zur BEKB kam, war ich zunächst für das Retailgeschäft zuständig und wurde anschliessend nach neun Monaten zum CEO gewählt. Besonders wichtig war für mich die Unternehmenskultur und die Antwort auf die Frage, wofür die BEKB steht. Basierend darauf haben wir begonnen, unsere aktuelle Strategie zu entwickeln. 
Ich wusste, dass ich eine sehr stabile und solide Bank antreffe. Das bietet ein gewisses Potenzial, etwas zu bewegen und zu verändern. 

Welche Themen bewegen die BEKB besonders?

Ein Thema, welches uns besonders bewegt, ist die Nachhaltigkeit. Sie ist seit über zwanzig Jahren Basis unserer Geschäftstätigkeit. Dabei verstehen wir unter diesem Begriff mehr als nur das Einsparen von CO2. 

Nachhaltigkeit stellen viele Banken ins Schaufenster. Gerade nachhaltige Fonds können aber auch undurchsichtig sein. Ein ESG-Rating allein zum Beispiel macht noch keine nachhaltigere Welt. Was ist Ihre Definition eines nachhaltigen Finanzprodukts?

Nur Anlagen, die hohe soziale und ökologische Kriterien erfüllen, finden Eingang in unsere nachhaltigen Anlagelösungen und in die Beratung. Transparenz ist entscheidend. Wir legen detailliert offen, nach welchen Kriterien wir unsere Fonds gestalten und warum wir gewisse Firmen ausschliessen. Zudem ist ersichtlich, welche Titel jeder BEKB-Fonds enthält und wie die Fonds bezüglich Nachhaltigkeit abschneiden.

Aber bei den Einschätzungen der nachhaltigen Finanzprodukte vertrauen Sie auf Drittpartner? Oder wird das intern evaluiert?

Wir ziehen für unsere Entscheidungen externes Expertenwissen bei. Schliesslich können wir als BEKB nicht weltweit Forschung zum Thema Nachhaltigkeit betreiben.
Intern haben wir zudem ein Nachhaltigkeitsgremium, das sich intensiv um das Thema Nachhaltigkeit kümmert, sowie eine Anlagespezialistin, die nur das Thema Nachhaltigkeit bearbeitet.

Das heisst, als Kundin oder Kunde muss man der BEKB vertrauen, dass diese externen Empfehlungen tatsächlich nachhaltig sind?

Wir versuchen nach bestem Wissen und Gewissen, nichts in ein Produkt zu packen, das nicht unseren Nachhaltigkeitskriterien entspricht. Dafür haben wir einen klaren Prozess. Jeder unserer Finanzcoaches kann dem Kunden erklären, was in den Finanzprodukten drin ist. So kann dieser aufgrund der guten Informationsbasis auswählen. Das ist wichtig, weil es eben nicht nur ein Label gibt, auf das man vertrauen kann. 

Zur Person Armin Brun

Nach Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudiums an der Universität Bern war Armin Brun bei der Luzerner Kantonalbank in verschiedenen Leitungsfunktionen im Vertrieb tätig. 2001 wechselte er zu Postfinance, wo er als Mitglied der Geschäftsleitung den Bereich Geschäftskunden und sieben Jahre später den Bereich Markt und Vertrieb führte. In dieser Zeit erlangte Armin Brun am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ, Hochschule Luzern) den Master of Advanced Studies in Bankmanagement und absolvierte das International Executive Management Programme am Insead in Fontainebleau sowie das Strategic Leadership Program am IMD in Lausanne. Seit dem 1. Januar 2018 ist Armin Brun Mitglied der Geschäftsleitung der BEKB, per 1. Juli 2019 hat er die Funktion des CEO übernommen.

Und was ist Ihre persönliche Haltung dazu, dass eine Bank wie die BEKB auf solche Labels vertrauen muss? 

Entscheidend ist, dass wir mit verlässlichen Partnern zusammenarbeiten und die Methodik, wie sie ihre Nachhaltigkeitseinschätzungen machen, im Detail verstehen. Wir können nicht bis zum Ende jede Produktionsstätte jeder Firma überprüfen. Unser Wirtschaftssystem funktioniert stattdessen mit Labels, Nachhaltigkeitsreports und -analysen, um Überprüfungen zu gewährleisten.

Was würden Sie denn beispielsweise Kundinnen und Kunden sagen, die misstrauisch sind in dieser Sache?

Wenn wir im Gespräch merken, dass eine Kundin nicht sicher ist, ob die Anlagelösung ihren Anforderungen entspricht, zeigen wir das Vorgehen für die Selektion auf. Überzeugt sie das nicht, ist es wahrscheinlich nicht das richtige Produkt für sie. Die Gespräche, welche wir mit unseren Kundinnen und Kunden auf Augenhöhe führen, ist der Mehrwert, den wir als Unternehmen erbringen können, um Vertrauen zu schaffen. 

Sie haben die Net-Zero Banking Alliance unterschrieben, die eine globale Gruppe von Banken zusammenbringt, die sich verpflichten, ihr Kredit- und Anlageportfolio bis spätestens 2050 auf Netto-null-Emissionen auszurichten. Ist das nicht etwas feige? Schliesslich können Sie, Herr Brun, und die jetzigen Verantwortlichen der BEKB 2050 kaum mehr in Rechenschaft gezogen werden?

Ich sehe es anders. Mit dem Beitritt zur Net-Zero Banking Alliance verpflichten wir uns, dass bis 2050 kein Kunde und keine Kundin mehr einen Dienst beansprucht, der mehr CO2 ausstösst, als durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden kann. Also beispielsweise auch jeder Hypothekarkunde. Wenn wir schauen, wie viele Ölheizungen noch vorhanden sind, wird klar, dass eine solche Transformation Zeit benötigt. Wir wollen unsere Kundinnen und Kunden auf diesem Weg begleiten.

Hinzu kommt, dass wir uns Zwischenziele setzen und jährlich beurteilen, ob wir auf Kurs sind. Wir warten also nicht bis 2049, bis wir handeln. Das Commitment, sich dieser Vereinigung anzuschliessen – als eine der ersten Banken in der Schweiz – ist in unserer Historie gewachsen. Wir wollten damit einen Stein anstossen und zu sinnvollen Lösungen beitragen. Letztlich geht es um eine Haltungsfrage der gesamten Bank und nicht um einzelne Protagonisten. Das ist es, was langfristig zählt.

Der BEKB-Hauptsitz befindet sich am Bundesplatz, wo mehrere Klimastreiks stattfanden. Wie antworten Sie auf Forderungen, dass die nachhaltige Wende zu langsam vorangeht?

Die Frage lautet: Wie schnell können wir das heutige System verändern? Ich glaube, dazu braucht es sicher auch radikalere Ideen. Aber letztendlich besteht die grösste Errungenschaft der Schweiz darin, miteinander zu reden und eine Konsenslösung zu finden, die gangbar und tragbar ist. 

Ist diese Haltung nicht ein Weg zur Vermeidung von waghalsigen Zeitlimits?

Viele Kollegen sagen mir, dass 2050 bereits sehr waghalsig sei. Ich bin hingegen der Meinung, wir gehen mit einem Tempo voraus, das wir verkraften. Irgendwo muss man anfangen. Ich glaube, wir können noch lange darüber reden, welcher der richtige Standard ist. Besser ist es, zu beginnen und zu handeln – mit dem Risiko, dass am Ende vielleicht nicht genau der richtige Quotient gewählt wurde.

Aber eine negative Konsequenz für die BEKB, wenn die Ziele der Net-Zero Banking Alliance nicht umgesetzt werden, gibt es nicht?

Diese Frage stellen wir uns nicht. Wir konzentrieren uns darauf, alles zu unternehmen, um die Ziele zu erreichen, und gehen nicht vom Scheitern aus. Schlussendlich sind wir aber auch abhängig von der Entwicklung der Wirtschaft und der Veränderung der Investitionsentscheidungen unserer Kundinnen und Kunden.

Die Berner Kantonalbank in Zahlen
  • Gründungsjahr: 1834
  • Bilanzsumme: 40’053 Millionen Franken (2023)
  • Kundinnen und Kunden: Rund 475’000 
  • Verbreitungsgebiet: Bern und Solothurn
  • Aktiengesellschaft
  • Was ist an Ihrer Bank im Vergleich zu anderen Banken speziell? «Wir begeistern nachhaltig.»

Lassen Sie uns zum Schluss den Zeithorizont verkleinern. Was beschäftigt die BEKB im Jahr 2024 besonders?

Aktuell beschäftigen wir uns vor allem mit dem Erstellen von Prognosen. Denn die aktuelle geopolitische Ausgangslage ist für uns – sowie für alle anderen – extrem schwierig. Wir müssen zum Beispiel einschätzen, was im Nahen Osten, in der Ukraine und in Russland oder in Asien passiert, sowie die Wahlen weltweit beobachten.

Das heisst, die BEKB ist gewissermassen der Weltlage ausgeliefert?

Natürlich. Auch wenn wir stark in der Region verankert sind, ist es wichtig, die globalen Entwicklungen eng zu verfolgen. Dazu erarbeiten wir diverse Szenarien – von Basis bis Worst Case – und planen und entscheiden entsprechend.

Und was möchten Sie als CEO noch erreichen?

Meine Ambition ist, die BEKB nachhaltig nach vorn zu bringen. Sie soll auch in hundert Jahren noch eine tolle, gesunde und vertrauenswürdige Bank sein. Hier wird das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten eine zentrale Rolle spielen. Unsere Ambition ist klar: Wir wollen in der Nachhaltigkeit führend sein. Das braucht viel Engagement, weil es immer neue Aspekte zu berücksichtigen gilt. Ich bin zuversichtlich, dass wir hier gut vorwärtskommen.

 

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