Eine Befürchtung in Bezug auf nachhaltige Anlagen ist, dass Anlegerinnen und Anleger damit in erster Linie ihr schlechtes Gewissen beruhigen und sie sich zum Beispiel in der Folge effektiv weniger politisch für das Klima und die Nachhaltigkeit engagieren. Eine Studie von Forschenden der Universität Zürich, der Universität St. Gallen und des Massachusetts Institute of Technology (MIT), die mit Unterstützung von Raiffeisen durchgeführt wurde, hat nun untersucht, wie sich die Möglichkeit, in klimafreundliche Anlagen zu investieren, auf die Unterstützung für staatliche Massnahmen zum Klimaschutz auswirkt. Die Studie widerlegt, dass nachhaltiges Anlegen zu einer Abnahme des politischen Engagements für Nachhaltigkeitsthemen führt, wie Raiffeisen Schweiz mitteilt.. 

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Konkret zeigt die Studie «Is sustainable finance a dangerous placebo?», dass ein nachhaltiges Anlageverhalten das politische Engagement der Anlegerinnen und Anleger in punkto Nachhaltigkeit nicht negativ beeinflusst. Stattdessen konnte ein moderater Effekt beobachtet werden, dass Personen, die nachhaltig investieren können, sich auch eher politisch für Nachhaltigkeits-Themen engagieren. Ein Abgleich der experimentellen Ergebnisse mit realen Daten zum Investitions- und Abstimmungsverhalten unterstützt die Erkenntnisse. Kantone mit einem höheren Anteil an nachhaltigen Anlagen in den Kundenportfolios haben bei der eidgenössischen Abstimmung im Juni 2023 eher für das Klima- und Innovationsgesetz abgestimmt.

Nachhaltigkeitskennzahlen prägen Anlageentscheid

Die Studie bestätigt zudem eine generelle Präferenz der Investierenden für nachhaltige Anlagelösungen. In der Experimentalgruppe, in welcher die Teilnehmenden neben den finanziellen Kennzahlen auch Informationen zum CO2-Fussabdruck des Fonds erhielten, entschieden sich 77 Prozent für den klimafreundlicheren Fonds. In der Kontrollgruppe, in welcher nur die identischen finanziellen Informationen zur Verfügung standen, waren es hingegen nur 30 Prozent. Die Zeiträume wurden absichtlich so gewählt, dass die finanzielle Performance des klimafreundlicheren Fonds schlechter ausfiel. Der Anlageentscheid scheint also nicht durch bessere Risiko- oder Renditeerwartungen begründet zu sein, sondern ist zu einem wesentlichen Teil auf die Evidenz einer besseren Nachhaltigkeitsleistung zurückzuführen. (pd/hzi/ps)

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Quelle: Raiffeisen

Über das Studiendesign

Im Rahmen einer im Frühjahr 2023 durchgeführten und für die Schweizer Wohnbevölkerung repräsentativen experimentellen Studie wurden die Befragten in einem ersten Schritt aufgefordert, eine incentivierte Anlageentscheidung zu treffen. In der Kontrollgruppe standen zwei reale Fonds zur Auswahl, bei denen nur rein finanzielle Kennzahlen ersichtlich waren. In der Experimentalgruppe wurden zusätzlich Informationen zur Klimafreundlichkeit der Fonds angegeben. In einem zweiten Schritt wurde die bevorstehende Abstimmung «Klima- und Innovationsgesetz» vorgestellt und die Teilnehmenden konnten einen frei wählbaren Betrag des potenziellen Gewinnes aus der Fondsanlage der Pro- oder Contra-Seite des Referendums spenden. Damit ein Anreiz für die Teilnehmenden bestand, ehrlich und realitätsnah zu antworten, wurden zehn Teilnehmende zufällig ausgelost und ihre Anlageentscheide tatsächlich umgesetzt, indem jeweils 1'000 Franken in den ausgewählten Fonds investiert wurden. Diese Personen erhalten nach 12 Monaten den Betrag aus dem Investment, inklusive der Rendite, abzüglich der von ihnen im Rahmen des Experimentes gewählten Unterstützung. Über dieses Vorgehen wurde im Vorfeld transparent informiert Die Ergebnisse der experimentellen Studie wurden im Oktober 2023 mit Auswertungen zum Abstimmungs- und Investitionsverhalten der Probanden abgeglichen. Das Investitionsverhalten wurde auf Basis von anonymisierten Raiffeisen-Kundenportfolios per 30. April 2023 ausgewertet, das tatsächliche Abstimmungsverhalten wurde anhand der kantonalen Abstimmungsergebnisse der eidgenössischen Abstimmung vom 18. Juni 2023 zum «Klima- und Innovationsgesetz» beurteilt.