Die EU hat einen neuen Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz (KI) erlassen. Was bedeutet das für Schweizer Unternehmen?

Es gilt das Gleiche wie schon bei der EU-Datenschutzverordnung. Solange das Produkt auf dem europäischen Markt zugänglich ist oder wichtige Entscheidungen Personen in der EU tangieren, dann müssen sich Schweizer Firmen an das neue Recht halten.

Welche Anwendungen werden neu reguliert?

Die EU hat Risikostufen eingeführt. Es fängt bei total unbedenklichen Dingen wie Spam-Filtern an und gipfelt in Praktiken wie Social Scoring, das in China praktiziert wird.

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Sind Anwendungen betroffen, die in der Schweiz genutzt werden?

Das Spannende an KI ist, dass es überall angewendet wird und unser Leben schon längst beherrscht, ohne dass es den Leuten bewusst ist. Wenn man bei einer Bank eine Hypothek beantragt, steckt dahinter erst mal ein Algorithmus, der die Informationen sammelt und das Risiko einschätzt. Ein solcher Algorithmus wird nach der neuen Verordnung unter Auflagen stehen.

Welche Anwendungen müssen überprüft werden?

Im Prinzip alle, denn die EU reguliert nicht die Technologie, sondern das Produkt. So kann man etwa ChatGPT ganz trivial für die Rechtschreibung nutzen. Dann ist es «low-risk». Nutzt man es, um Mitarbeiterbewertungen zu erstellen, dann fällt es in die High-Risk-Kategorie.

Viele Unternehmen müssen ihre Programme also anpassen?

Ich denke eher, dass sie die ganzen Applikationen nach den EU-Standards völlig neu bauen müssen. Nachzurüsten wäre extrem schwierig bis ganz unmöglich. Vieles, was da drinsteckt, ist möglicherweise gar nicht mehr gesetzeskonform.

Wie bitte?

Ja, das wird viel kosten. Die EU-Datenschutzverordnung hat in zwei Jahren Kosten in Höhe von 200 Milliarden Euro verursacht. Ich erwarte eine vergleichbare Grössenordnung.

Haben die Unternehmen trotz der Euphorie überhaupt noch den Überblick über ihre KI-Projekte?

Absolut nicht. Vor allem dem Management ist oft gar nicht bewusst, wie viele KI-Systeme schon im Einsatz sind. Darüber muss man sich jetzt als Erstes einen Überblick verschaffen. Das ist schwierig, teuer und zeitaufwendig.

sdf
Anne-Barbara LuftMehr erfahren