Seit Monaten hören Bankberater von ihren Kunden den immer gleichen Wunsch. Sie möchten gerne in Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether investieren. Die Kadenz der Anfragen nimmt stetig zu. Das bestätigen Banker bei jedem Branchentreffen. Inzwischen bieten erste Banken Anlageprodukte an, aber alles steckt in den Anfängen.
Doch nun verstärken sich die Bemühungen, in der Schweiz die erste Realtime-Börse für Kryptowährungen auf die Beine zu stellen. Unter dem Namen SCX (Swiss Crypto Exchange) soll eine Plattform den Betrieb aufnehmen. 2,5 Millionen Franken haben Investoren für den Aufbau der Börse bereitgestellt. Das bestätigt der künftige Geschäftsführer Cyrill Tröndle. Ab dem 3. November können sich Kunden registrieren lassen. Als Partnerbank fungiert eine Schweizer Bank, deren Name noch nicht publik ist.
Anbindung an Banken geplant
Hinter dem Projekt steckt die Firma Swiss Future Project. In Kürze wird sie sich in Blockworks umbenennen und nach Zürich zügeln – die Firma hat in Dübendorf Büroräume gemietet. Geschäftsführer ist Cyrill Tröndle. «Heute muss man sein Geld ins Ausland schicken, wenn man in der Schweiz in Echtzeit mit Kryptowährungen handelt. Das wollen wir ändern», sagt er. Grundgedanke des Projektes ist es, eine Plattform zu bauen, an die sich Schweizer Banken und deren Kunden anschliessen können. «Wir wollen die alte mit der neuen Welt zusammenbringen», so Tröndle. Der sogenannte MVP, die erste Version der funktionierenden Software, sei gebaut. Gestützt wird Tröndle von der Beteiligungsgesellschaft Centurium und von weiteren Investoren, wie die «Sonntagszeitung» berichtet hat.
In der Schweizer Kryptobranche stossen die Pläne von SCX auf Wohlwollen, allerdings wird auch angemerkt, wie ambitioniert ein solches Unterfangen sei.
Start zuerst als Broker für Bitcoin und Ether
In einer ersten Phase, die bereits in wenigen Wochen beginnt, bietet SCX erst einmal ein Brokerage an. Registrierte Kunden können von SCX Bitcoin und Ether kaufen und erhalten diese auch umgehend ausgeliefert. Der Preis orientiert sich an den Kursen der internationalen Börse Bitstamp. Ein eigentliches Orderbook mit Kauf- und Verkaufsaufträgen gibt es noch nicht. SCX macht also zunächst das Gleiche wie die beiden anderen Schweizer Broker Bitcoin Suisse in Zug und Bity in Neuenburg. «Es ist quasi ein Soft-Launch», sagt Tröndle. Damit sollen erste Kunden gewonnen werden, und zwar nicht nur institutionelle Anleger, sondern auch Privatkunden. Diese Phase geschieht ohne Beteiligung von Banken. Deren Integration wird in der Zwischenzeit vorangetrieben.
Erst in einer zweiten Phase soll SCX die Qualität einer wirklichen Börsenplattform mit Realtime-Orderbooks erhalten. Gemäss Tröndle dürfte das bereits im ersten Halbjahr 2018 der Fall sein. Im Zentrum steht dann die Anbindung an Banken. Über sie wird auch der primäre Kundenkontakt erfolgen. So soll die ganze Compliance-Thematik entschärft werden.
Vermögenswerte werden bei den Banken liegen
Konkret hält ein Kunde ein normales Konto bei der Bank und zahlt dort Franken für den Kauf von Kryptowährungen ein. Für diesen Betrag kann der Kunde dann bei SCX zum Beispiel Bitcoin kaufen. Die Gegenparteien auf der SCX-Handelsplattform haben allesamt ebenfalls ein Konto bei einer Schweizer Bank, was die Währungstransaktionen innerhalb des Bankensystems stattfinden lässt.
SCX übernimmt das sofortige Matching der Aufträge und schliesslich das zeitverzögerte Settlement zwischen den Banken. Abhängig von den ausgeführten Kundenaufträgen steigen darauf bei der einen Bank die Guthaben in Bitcoin, bei der anderen in Franken. Die Vermögenswerte liegen zu keinem Zeitpunkt bei der Börse SCX. «Die Kunden müssen einzig ihrer Bank vertrauen, und nicht uns», sagt Tröndle. Zum Konzept gehört deshalb, dass die Kunden ihr Kryptokonto ebenfalls bei der Bank haben.
Die Kryptowährungen lagern in dieser zweiten Phase bei den Banken oder allenfalls bei dafür spezialisierten Unternehmen – im Auftrag der Banken. Entsprechende Lösungen entstehen gerade und sollen im ersten Halbjahr 2018 bereitstehen. Anders als bei heutigen Bitcoin-Angeboten von Schweizer Banken werden die Kunden die Möglichkeit haben, sich ihre Bitcoins oder Ether auszahlen, also auf eine private Wallet verschicken zu lassen.
Expansion im Ausland
Tröndle war ursprünglich System Engineer bei Swiss Re und machte Startup-Erfahrungen. Zuletzt war der 25-Jährige Security-Berater. Zu seinen Partnern gehören Leute mit technischem Know-how, Anwälte, ein ehemaliger Hedgefonds-Manager, aber auch Xavier Buck, Gründer des Internetdomain-Spezialisten Euro DNS. Er half der Börse Bitstamp, in Luxemburg reguliert zu werden.
Vorerst liegt der Fokus auf der Schweiz. Geplant ist aber, in anderen Ländern das gleiche Modell mit unabhängigen Gesellschaften umzusetzen. Diese bräuchten eine Lizenz für die Software. Fernziel ist es, die Handelsaufträge aus den jeweiligen Ländern auf SCX zusammenzuführen und so für mehr Liquidität zu sorgen.
Mit der Finanzmarktaufsicht Finma steht SCX im Kontakt. Allerdings gibt es von den Behörden keine offizielle Absegnung der Pläne. «Wir wissen um alle Facetten der Gesetze und Regularien, die uns tangieren könnten», sagt Tröndle. SCX werde alle Vorgaben einhalten. Bei einigen Themen fehlten einfach noch Regelungen schwarz auf weiss. Um keine Zeit zu verlieren, habe man beschlossen, jetzt zu starten und schlicht dem Best-Practice-Ansatz zu folgen.