Herr Fiore, für einen Pensionskassen-Verbandschef sind Sie noch auffallend jung. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt, fanden Sie das Themenfeld schon immer spannend?
Ja, das stimmt. Mit meinen 30 Jahren bin ich wohl der jüngste Direktor innerhalb der Schweizer Pensionskassen-Verbände. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Branche im Moment junge Perspektiven und frische Blickwinkel gut brauchen kann. An dieser Aufgabe hat mich gereizt, dass ich die Möglichkeit habe, einen wichtigen Beitrag für die Zukunft der Pensionskassen in der Schweiz zu leisten. Pensionskassen sind ein zentraler Pfeiler der Schweizer Altersvorsorge, und es ist wichtig, dass sie auch in Zukunft ihren Auftrag erfüllen können.
Nico Fiore ist seit September 2023 Geschäftsführer des Pensionskassenverbandes Inter-Pension. Der Verband vertritt insgesamt 53 Pensionskassen mit rund 2 Millionen Aktivversicherten in der Schweiz.
Inter-Pension hat die Rolle des Geschäftsführers erst im September neu geschaffen. Welche Beweggründe haben dazu geführt - und warum erst so spät?
Anfang des Jahres hat Inter-Pension eine Umfrage bei den Mitgliedern durchgeführt. Es zeigte sich, dass mit der bisherigen Struktur zwar bereits einiges erreicht wurde, es aber dennoch weiteres Potenzial gab. Um dieses zu entfalten, waren die bisherigen Ressourcen aber zu begrenzt. Deshalb wurden die Mitgliederbeiträge erhöht, um die finanziellen Mittel für die Schaffung einer Geschäftsführungsstelle zu ermöglichen.
Was sehen Sie persönlich jetzt als Ihre vordringlichsten Aufgaben an?
Ganz klar die Kommunikation. Unser externer Auftritt benötigt eine Revitalisierung. Neue Strukturen, Abläufe und Ansprechpersonen müssen intern gegenüber den Mitgliedern transparent aufgezeigt werden. Ansonsten gilt es, die bisherige Strategie umzusetzen: Die Interessenvertretung unserer Mitglieder - sei es in Form von Medienarbeit, die Teilnahme an Vernehmlassungen oder das Bereitstellen einer Plattform für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch der Mitglieder. Hierzu führen wir regelmässig Veranstaltungen durch und stellen Fachgruppen zu Themen wie beispielsweise Digitalisierung oder Governance.
Die Herausforderungen für Pensionskassen sind zahlreich.
Nico Fiore
Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen die Pensionskassen derzeit, mit welchen Anliegen kommen die Mitglieder auf Sie zu?
Die Herausforderungen für Pensionskassen sind zahlreich. Gewichtig sind zurzeit sicherlich Themen wie der Fachkräftemangel, die zunehmende Regulationsdichte sowie eine generelle Zunahme an Komplexität. Wir versuchen, unsere Mitglieder so gut wie möglich zu unterstützen und den Austausch zu fördern, damit universelle Themen gemeinsam angepackt werden können.
Die Zinsen sind gestiegen, Anleihen wieder attraktiv, Immobilienpreise sind eher sinkend, die Börsen kommen derzeit nicht richtig vom Fleck. Welchen Einfluss hat das volatile Umfeld auf die Anlagepolitik ihrer Mitgliedsunternehmen?
Die Anlagestrategien von Pensionskassen sind längerfristig festgelegt. Deswegen wäre meine Erwartung, dass sich die Anlagepolitik unserer Mitglieder kurzfristig nicht spürbar ändern wird. Die derzeitigen Schwankungen sind in den Anlagestrategien der Pensionskassen berücksichtigt.
Die Gesetzgebung zur 2. Säule ist in der Schweiz eine Dauerbaustelle. Was erhoffen Sie sich von der BVG-Reform, die ja im kommenden Jahr zur Abstimmung steht - wird sie für mehr Generationengerechtigkeit sorgen?
Mit dem Einbezug der Teilzeitbeschäftigten, der niedrigeren Einkommen, insbesondere jene der Frauen, wird die 2. Säule modernisiert. Die getroffenen Ausgleichsmassnahmen und die Senkung der Eintrittsschwelle schiessen allerdings über das gesetzte Ziel hinaus, das muss ich ganz deutlich sagen.
Was bedeutet das konkret für die Versicherten, werden die Leistungen sinken?
Diese Frage lässt sich leider nicht generell beantworten, da die Pensionskassen in der Schweiz sehr heterogen sind. Jedoch bietet der Grossteil der Pensionskassen in ihren Reglementen weitergehende Leistungen an, welche die Versicherten besser stellen, als es das Gesetz vorsieht. Folglich dürften die meisten Versicherten in der beruflichen Vorsorge keinen Einfluss auf ihre Leistungen spüren.
Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für die Pensionskassen? Verfügen Ihre Mitglieder über entsprechende ESG-Strategien für ihre Anlagen oder müssen Sie noch Überzeugungsarbeit leisten?
Das Thema Nachhaltigkeit begleitet uns nun doch schon einige Jahre und gehört immer mehr zum Standard. Einige unserer Mitglieder sind regelrechte Pioniere in Sachen nachhaltige Vermögensanlage. Der Grossteil bemüht sich bereits aktiv um einen Ausweis ihrer Tätigkeiten zur Nachhaltigkeit gegenüber ihren Versicherten. Dies sogar ohne Druck seitens der Regulierung.
Der Konsolidierungsprozess in der Branche wird sich fortsetzen.
Nico Fiore
Der Trend zu Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen hält in der Schweiz bereits seit Jahren an. Wird sich diese Konsolidierungswelle weiter fortsetzen und was bedeutet das für Inter-Pension?
Mehr Mitglieder (lacht). Spass beiseite: Der Konsolidierungsprozess hält an und ist meines Erachtens in den nächsten Jahren auch noch nicht abgeschlossen. Folglich dürften sowohl die Bedeutung von Inter-Pension als auch die Anforderungen an uns weiterwachsen.