Die neuen Aufsichtsbestimmungen definieren als Vermittler/-innen «Personen, die im Interesse von Versicherungsunternehmen oder anderen Personen Versicherungsverträge anbieten oder abschliessen». Eine Vermittlung wird also immer dann vom Gesetz angenommen, wenn eine Beratung zum Abschluss führt und dadurch der Kunde die Prämie zahlt – sprich, am Ende ein kommerzielles Ergebnis vorliegt. Keine Vermittlung liegt indessen vor, wenn dem Kunden der blosse Nachweis zum Abschluss aufgezeigt oder diesem ein Versicherungsvergleich vorgelegt wird (z.B. Produktvergleiche durch ein Konsumenten-Magazin).
 
Wie im bestehenden Gesetz unterscheidet auch das revidierte VAG bzw. die AVO zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlerinnen und Vermittlern. Ab 2024 gilt eine natürliche oder juristische Person dann als ungebunden, wenn sie «zum Kunden in einem Treueverhältnis steht und in dessen Interesse handelt».

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Autor:
Marco Baur ist Präsident des Vorstands der IAF Interessengemeinschaft für Ausbildung im Finanzbereich (www.iaf.ch).

Die FINMA umschrieb im Herbst 2023 an ihren Vermittler-Symposien das Treueverhältnis zum Kunden u.a. wie folgt:

  • Der/die Vermittler/-in hat keine ökonomischen Abhängigkeiten vom Versicherungsunternehmen,
  • das Versicherungsunternehmen ist nicht mit mehr als 10% an der Vermittler-Organisation beteiligt,
  • der/die Vermittler/-in bietet dem Kunden die Wahlmöglichkeit an, produktseitig aus diversen Versicherungsunternehmen auszuwählen.

Wenn also eine Person bei Beratung und Abschluss von Versicherungen ausschliesslich die Kundenbedürfnisse bzw. die Kundeninteressen im Fokus hat und so gesagt vollkommen unabhängig ist, gilt sie aufgrund des dadurch entstandenen Treueverhältnisses als ungebunden.

Umgekehrt gilt die vermittelnde Person als gebunden, wenn

  • sie hauptsächlich im Interesse der Versicherungsgesellschaft tätig ist,
  • oder eine solche mit mehr als 10% an der Vermittler-Organisation beteiligt ist,
  • bzw. der/die Vermittler/-in pro Versicherungssparte nicht mit mehr als einer Gesellschaft zusammenarbeitet.

Gerade dieser letzte Punkt muss näher betrachtet werden. Das revidierte Aufsichtsrecht enthält keine gesetzlichen Bestimmungen, wonach diese «Einteilung» als Kriterium den Status definiert resp. regelt. Es handelt sich somit um eine von der FINMA publizierte Definition: «Dabei geht die FINMA – Stand heute – im Sinne einer Faustregel vermutungsweise davon aus, dass eine gebundene Vermittlertätigkeit dann gegeben sein dürfte, wenn Vermittlerinnen und Vermittler pro Versicherungszweig nach Anhang 1 der AVO mit einem einzigen Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten.» Anmerkung: Es gibt insgesamt 28 Versicherungszweige: 7 in der Lebensversicherung , 18 in der Schadenversicherung und 3 in der Rückversicherung.

Konkret heisst das, dass Vermittlerinnen und Vermittler immer dann gebunden sind, wenn sie pro Versicherungszweig mit nur einem Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten. Oder anders formuliert: Gebundene Vermittler und Vermittlerinnen können pro Versicherungszweig für maximal ein Versicherungsunternehmen tätig sein; sind sie für mehrere Versicherungsunternehmen tätig, gilt laut FINMA die Vermutung der Ungebundenheit.

Neu geregelt ist auch die Registerpflicht für Vermittler/-innen. Ab dem 1. Januar 2024 werden nur ungebundene Vermittler/-innen im FINMA-Register eingetragen. Gebundene Vermittler/-innen, die sich bis heute freiwillig im FINMA-Register eingetragen haben und die auch ab 2024 weiterhin gebunden bleiben, werden im FINMA-Register nicht mehr aufgeführt.

Ungebundene Vermittlerinnen und Vermittler müssen für den Registereintrag bei der FINMA die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Fachliche Eignung für die Tätigkeit (Aus- und Weiterbildung) und guten Leumund
  • Anforderungen an die Unternehmensführung
  • Finanzielle Sicherheit
  • Vermeidung von unzulässigen Verhaltensweisen und Interessenkonflikten

Die Aufsichtstätigkeit wurde im revidierten VAG und der AVO konkretisiert: Ungebundene Vermittlerinnen und Vermittler werden von der FINMA beaufsichtigt, gebundene Vermittlerinnen und Vermittler stehen unter der Aufsicht der jeweiligen Versicherungsgesellschaft. Im Fokus steht immer der Kundenschutz.

Im Rahmen dieser Revision werden neu Mindeststandards für die Versicherungsbranche sowie die Vermittlerinnen und Vermittler eingeführt. Diese fokussieren die Fähigkeiten und Kenntnisse der Vermittler und Vermittlerinnen. Die neuen Vorgaben werden auch die jeweiligen Aus- und Weiterbildungen und anerkannten Zertifizierungen im Versicherungsbereich beeinflussen. Die neuen Mindeststandards sind in der ersten Jahreshälfte 2024 zu erwarten. Bezüglich Ausbildungspflicht ist diese Anforderung bis am 31. Dezember 2025 zu erfüllen. Die wiederkehrenden Weiterbildungsnachweise müssen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Mindeststandards erbracht werden.

Wichtige Fristen & Termine:

  • Eröffnung FINMA-Login für Registration & Nachdokumentation: seit 01.11.2023
  • Neuregistrationen von ungebundenen Vermittler/-innen im FINMA-Register: seit 17.11.2023
  • Mutationen & Deaktivierungen von Vermittler/-innen im FINMA-Register: bis 15.12.2023
  • Eingaben an die FINMA sind nach diesen Zeitpunkten bis am 31. Dezember 2023 nur noch postalisch möglich
  • Inkrafttreten revidiertes VAG und AVO: 01.01.2024
  • Nachdokumentation auf der Erhebungs- und Gesuchsplattform (EHP) der FINMA: ab 01.01.2024
  • Frist zur Nachdokumentation auf der EHP: 30.06.2024
  • Übergangsfrist für Aus- und Weiterbildung (Mindeststandards, Prüfungen): bis am 31.12.2025