Sie haben einen grossen Teil Ihrer Karriere bei Winterthur France verbracht. Zuletzt als Geschäftsführer. Hatte es Sie damals nicht gereizt, nach der Übernahme mit zu Axa zu wechseln?
Winterthur Frankreich wurde 2002 an die Versicherungsgruppe Covéa verkauft, was 2003 vollzogen wurde. Die Frage eines Übertritts zu Axa stellte sich demzufolge gar nicht. Ich war dann weiter im Bereich Consulting und dann bei April tätig.
Weshalb haben Sie zum Maklerunternehmen April Partenaires gewechselt? Warum überhaupt die Maklerbranche?
April ist der grösste «Makler-Grosshändler» in Kontinentaleuropa und agiert somit wie ein Versicherer, der jedoch kein Risiko übernimmt. Die ganze Geschäftstätigkeit entspricht derjenigen eines klassischen Versicherers, denn alle Aktivitäten wie Tarifgestaltung, Zeichnung, Schadenbehebung und Inkasso werden beim Grosshändler abgewickelt. Es war folglich kein Wechsel in eine ganz andere Branche. Ganz im Gegenteil. In meinen drei Jahren bei April haben wir es geschafft, die «Schaden»-Versicherung in die schwarzen Zahlen zu bringen, und dazu brauchte es wirkliche Versichererkompetenzen.
Und wie sind Sie dann zu Swiss Risk & Care gekommen?
Der Auftrag bei April war erfüllt und ich hatte schon lange Lust, in der Schweiz zu arbeiten. Ich fühle mich nach wie vor diesem Geist der Winterthur verbunden, die ja ein sehr grosses Versicherungsunternehmen mit einer ausgezeichneten Professionalität und einer Ethik der gegenseitigen Achtung und der Disziplin ist.
Als ich dann die Gelegenheit bekam, hier eine Maklergruppe aufzubauen, was ja durchaus eine schöne Herausforderung darstellt, habe ich keinen Moment gezögert, in die Schweiz zu kommen. Im Grunde war es Pierre Donnersberg, der Gründer von Siaci Saint Honoré und Teilhaber bei einem der Gründerunternehmen von Swiss Risk & Care ist, der mir diese Gelegenheit gegeben hat.
Neben dem klassischen Versicherungsgeschäft und der beruflichen Vorsorge bildet der Bereich HR-Services den dritten Pfeiler bei Swiss Risk & Care. Für mich wirken administrative HR-Services bei einem Makler eigentlich irgendwie wie ein Fremdkörper.
Aber es ist ja unser Beruf, die Kundenbedürfnisse zu verstehen und dann Antworten dafür zu liefern! Es reicht heute nicht mehr aus, einfach nur Versicherungsverträge auszuhandeln und zu verwalten. Man muss Dienstleistungen für ein optimales Budget-Management und umfassende Betreuung liefern – Kundennähe par excellence. Und genau da kommen unsere «Help Desk»-Services für das Absenzenmanagement mit Unipro ins Spiel. Das ist unsere spezielle Software, basierend auf künstlicher Intelligenz.
Wir liefern eine umfassende und vollständig digitalisierte Lösung für die berufliche Vorsorge mit unserem Total Rewards Statement, genannt BSI für «Bilan Social Individuel», und für die Krankenversicherung der Arbeitnehmenden unserer Firmenkunden. Für Unternehmen geht das Tandem «Management & Service» nunmehr Hand in Hand.
In den letzten 20 Jahren sind – mit Ausnahme der Vaudoise und der Groupe Mutuel – fast alle Versicherer mit Firmensitz in der Westschweiz verschwunden. Ist das für Sie als Makler ein Problem?
Alle schweizerischen Versicherungsunternehmen haben ebenfalls Niederlassungen in Lausanne und bieten darüber einen guten Service mit umfassenden Delegationsbefugnissen. Wenn wir jedoch die Generaldirektion treffen wollen, müssen wir immer noch nach Lausanne, nach Martigny, Luzern, Basel, Bern, Zürich oder Winterthur fahren!
Swiss Risk & Care gehört zur Unternehmensgruppe Siaci Saint Honoré. Inwieweit profitiert SRC von der Muttergesellschaft?
Siaci Saint Honoré ist ein europäischer Konzern, der ganz dezentralisiert aufgestellt ist und mehrere Kompetenzzentren in verschiedenen Ländern hat. Wir gehören dem internationalen Netzwerk Siaci Global Partners an, das in 170 Ländern vertreten ist. Die individuellen Einheiten dieses Netzes sind zwar vollkommen autonom, stützen sich aber auf ihre Partner in der ganzen Welt. Sie profitieren ebenfalls von den bewährten Ansätzen und der fachlichen Expertise im Netzwerk, die dann auf die Besonderheiten des jeweiligen Landes angepasst werden.
Abgesehen vom Firmensitz in Genf-Vésenaz ist Ihr Unternehmen nur in Carouge, Ecublens und Vevey vertreten, nicht aber in der Deutschschweiz. Haben Sie keinerlei Wachstumsambitionen?
Wir möchten in der Deutschschweiz vertreten sein. Deshalb prüfen wir immer alle Möglichkeiten. Wir glauben, dass es ein attraktives Projekt braucht, hinter dem alle stehen. Dann lässt sich der entsprechende Schwung entwickeln und dann wird auch eine gesamtschweizerische Governance akzeptiert, die Männer und Frauen sowie geografische und sprachliche Besonderheiten achtet.
Sie arbeiten auf internationaler Ebene auch mit MSH International, Jardine Lloyd Thompson JLT und Arthur J. Gallagher zusammen. Arthur J. Gallagher hat vor knapp einem Jahr den Zürcher Makler Hesse & Partner übernommen. Hier besteht eine gemeinsame Basis, die eine enge Zusammenarbeit fördert. Mit Hesse hätten Sie einen Brückenkopf in Zürich. Gibt es irgendeine Entwicklung in dieser Richtung?
MSH International gehört zu Siaci Saint Honoré, das heisst, wir arbeiten selbstverständlich und täglich mit ihnen zusammen. Auf Ebene der Unternehmensgruppe gibt es eine punktuelle Zusammenarbeit mit dem internationalen Netzwerk von JLT, das heute bei Marsh und Arthur J. Gallagher integriert ist, aber das ist für die Schweiz nicht relevant.
Sie sind seit einem Jahr Mitglied des Wirtschaftsrats der Industrie-, Handels-, und Dienstleistungskammer Genf (CCIG). Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe die Ehre, Mitglied dieser Institution zu sein, und freue mich, am täglichen Leben und den wirtschaftlichen Anliegen der Unternehmen hier teilhaben zu können. Ich unterstütze die wirtschaftsfördernden Massnahmen der Kammer, vor allem in einer Zeit wie dieser, mit Covid-19, wie wir sie noch nie hatten. Als Firmenchef ist es sinnvoll, sich im Dienste aller Unternehmen zu engagieren.
Bei der CCIG vertreten Sie mit Swiss Risk & Care die Versicherungsbranche. Mit Verlaub: Bräuchte es nicht einen Vertreter oder eine Vertreterin eines Versicherungsunternehmens in diesem Organ?
Diese Frage dürfen Sie nicht mir, die müssen Sie denen stellen!
Swiss Risk & Care ist Mitglied der Siba Brokers’ Association. Diese Vereinigung beabsichtigt, ein branchenspezifisches Aufsichtsorgan zu errichten, um insbesondere die Finanzströme, die Ausbildung und das Marktverhalten zu überwachen. Wie finden Sie diese Idee?
Wir müssen alles einbeziehen, was unsere Branche stärkt. Das gilt vor allem für die Ausbildung, die nach wie vor einen Schwerpunkt für die Zukunft unseres Berufsstands darstellt. Je effizienter wir kontrolliert werden, umso deutlicher werden wir unsere Position am Markt verbessern. Die schweizerischen Makler müssen bekannter werden, um die entsprechende Anerkennung zu erzielen. Wir müssen der Siba zu ihren Initiativen, die sämtlich auf dieses Ziel hinstreben, danken und sie dazu beglückwünschen.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Was denken Sie als Franzose über das Leben in der Schweiz?
Ich bin Franzose und wie jeder Schweizer habe auch ich einen Bürgerort: die Atlantikküste in der Bretagne. Ich komme also aus einer Küstenregion, wohingegen die Schweiz ein Land der Berge ist. Trotzdem glaube ich, dass es viele charakterliche Ähnlichkeiten zwischen den Seeleuten und den Bergbewohnern gibt. Genau deshalb gefällt es mir so gut hier. Ich geniesse das Leben zwischen See und Bergen. «Douar ha Mor» heisst «Land und Berge» auf Bretonisch. Das ist die Devise meines Heimatdorfs. Dazu muss ich auch sagen, dass ich es bewundere, wie extrem dezentralisiert die Schweiz funktioniert, und ich bin mir sicher, dass alle Bretonen das genauso sehen würden!