Euro-Krise, US-Defizit, Währungskrieg: In den letzten Börsenmonaten war Marc Faber in seinem Element. Denn alles gerät so, wie es der «Dr. Doom» voraussagte - was ihn erst recht in der Meinung bestärkt, dass alles noch viel schlimmer wird. «Sie werden kaum jemanden finden, der einen negativeren Ausblick auf die langfristige wirtschaftliche, geopolitische und gesellschaftliche Entwicklung hat als ich», erklärt der Investor mit Schweizer Wurzeln gegenüber der «Handelszeitung».

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Und Faber wäre nicht Faber, wenn er nicht in aller Öffentlichkeit jenen an den Karren fahren würde, die seiner Meinung nach die Schuld am Malaise tragen. US- Notenbankchef Ben Bernanke? Gehört entlassen. Barack Obamas Finanzreform? Reine Show. Griechenland? Hätte man am besten gleich aus der EU werfen sollen. Es sind treffende Worte, wie sie gerade Kleinanleger lieben. Denn wer sonst getraut sich in der verschwiegenen Finanzbranche, den Mächtigen so deutlich seine Meinung zu sagen - und wer sieht zugleich mit solcher Treffsicherheit den nächsten Crash voraus? Kein Wunder, ist der 64-jährige Unternehmer, Fondsmanager und Buchautor bei Börsianern Kult.

Zu kurz geshortet

Allerdings nicht bei allen. Alteingesessene amerikanische Fondsmanager tragen Faber immer noch nach, dass er 1999 dazu überging, die Technologie-Aktien am amerikanischen Nasdaq-Index leer zu verkaufen. Der Aufruf zum «Short» kam jedoch zu früh, wie sich herausstellte. Bis die Tech-Blase im März 2000 tatsächlich platzte, legten diese Werte nochmals einen guten Lauf hin. Fabers Kunden entgingen schöne Gewinne - wie hoch diese waren, will er nicht sagen. Die Rede ist von Millionen.

Auch nach der Jahrtausendwende zeigt der Blick auf verschiedene Faber-Fonds - solche, die er selber führt, oder solche, die er berät - dass auch er den Kräften des Marktes nicht in jedem Fall zu trotzen vermag. Faber mag ein Börsen-Guru sein. Unfehlbar ist er nicht.

Über seinen Missgriff von 1999 sagt Faber mit der für ihn typischen, entwaffnenden Ehrlichkeit: «Dass ich die Tech-Aktien zu früh geshortet habe, bleibt ein grosser, schwarzer Fleck in meiner Karriere.» Die Erfahrung sei schmerzhaft gewesen, habe ihm aber auch viel über seine eigenen Schwächen und über Investment-Hypes gelehrt. Nach 2000 seien seine Anlagen jedoch sehr erfolgreich gewesen, so Faber. «Die Verluste von damals sind heute nur noch ein böser Traum.» Genau lässt sich dies nicht überprüfen. Denn Fabers eigene Investmentfirma, die Marc Faber Ltd., weist keine Performance-Daten aus.

In Diensten der Credit Suisse

Die Episode ging schnell vergessen. In den Nullerjahren rissen sich grosse Namen um Faber. So sitzt der Rohstoffspezialist in den Verwaltungsräten verschiedener Minenkonzerne, so Ivanhoe Mines und Nova Gold (siehe Kasten). Auch die Credit Suisse wurde bei Dr. Doom vorstellig. Die Grossbank wollte sich das Wissen des langjährigen Asien-Kenners nutzen und engagierte ihn 2004 als Berater für den damals neu lancierten CS Total-Return Asia Pacific Fonds.

Für das Management des Fonds zeichnete sich kein geringerer als der damalige Head of Asian Equity von Credit Suisse Asset Management verantwortlich, Peter Sartori. Mit dem Australier verbindet Faber noch heute eine Freundschaft. Das gemeinsam geführte Vehikel, das in Aktien und Anleihen aus Südostasien investierte, startete aber verhalten: Das Jahr 2004 beendete es knapp im Minus. Sartoris Ziel war dagegen eine jährliche Wertsteigerung von rund 5 Prozent. Und wären es mehr geworden, hätten er und Faber 10 Prozent Gewinnbeteiligung erhalten. Bereits Anfang 2005 verliess Sartori die CS. Er ist heute Chefstratege bei der Vermögensverwalterin Treasury Asia Asset Management. 2008 verkaufte Credit Suisse den Fonds an Aberdeen.

Warum die Grossbank auf den berühmten Börsen-Guru verzichtete, will sie nicht kommentieren. Auch Faber und Sartori äussern sich nicht näher zu den Vorgängen. Sicher ist, dass der ehemalige Fondsmanager nicht auf Faber verzichten wollte. Für den 2005 lancierten TAAM New Asia Fund verpflichtete Sartori den Schweizer erneut als Berater; auch hier wird Faber ein Teil der Performance-Gebühr zugestanden. Der Aktienfonds, der nach fundamentalen Ansätzen investiert, erzielte seit Gründung eine Rendite von knapp 6 Prozent - nicht genug, um den Vergleichsindex MSCI AC Asia ex Japan mit seinen gut 7 Prozent zu schlagen.

Gemischt ist auch der Leistungsausweis des Löwen Asian Real Estate Stocks and REITS Fonds der Löwengruppe Holding. Das Unternehmen mit Büros in Vaduz und Zürich wirbt auf seiner Website ganz offen mit dem Beratungsmandat von Marc Faber und lässt seinen Asian Real Estate Fonds gar aktiv vom Schweizer verwalten. Das für Privatanleger zugängliche Vehikel verwaltet indes ein vergleichsweise geringes Vermögen von 3 Millionen Franken, was Faber selber wenig Freude macht. «Der Fonds ist klein, weshalb die Kosten ins Gewicht fallen.» Trotzdem macht Faber weiter. «Wir erhalten von Herrn Faber jeweils einmal im Monat Anweisungen via E-Mail, welche Transaktionen vorgenommen werden sollen», sagt Löwenfonds-Chef Aldo Theler. 2010 legte das Vehikel eine Performance von über 30 Prozent hin. 2007 lag der Fonds jedoch 4 Prozent im Minus, 2008 stand der Buchverlust gar bei 27 Prozent. Faber hatte zwar rechtzeitig vor der Finanzkrise gewarnt. Als Fondsmanager konnte er sich jedoch ihren Folgen nicht entziehen.

Gagen bis zu 20 000 Franken

Seiner Beliebtheit als Börsenorakel tut dies keinen Abbruch. Die Leitmedien der Finanzwelt bitten ihn regelmässig zu Interviews. Fabers «Gloom, Boom & Doom-Report» zur Börsenlage, der für 600 Dollar pro Jahr abonniert werden kann, zählt mehrere Tausend Leser. Und als Redner tourt er durch die ganze Welt. Auch in der Schweiz sorgen seine Auftritte regelmässig für volle Säle; laut Kennern der Eventszene kann Faber dabei mit Gagen zwischen 8000 und 20 000 Franken rechnen. Summen, die auch ein kleineres Geldhaus wie die Basellandschaftliche Kantonalbank offenbar gerne ausgibt - sie lud Faber letzten November zu einem Referat an die Messe Basel ein.

Tatsächlich wird Faber von allen seinen Zuhörern ein grosses Rednertalent zugestanden. Den Starstatus unterstreicht Faber noch mit seinem paradiesvogelhaften Auftreten: das sorgsam gepflegte Pferdeschwänzchen, der lässige Umgang mit Dresscodes - Journalisten empfängt Faber in seiner Villa in Chiang Mai in Thailand schon mal im T-Shirt - und die legendäre Trinkfestigkeit. All dies zementiert seinen Status als Guru der Finanzmärkte, den er selber herunterspielt: Das sei ein von den Medien gefördertes Stereotyp. Informierte Kreise wüssten dagegen um sein Doktorat in Wirtschaft an der Universität Zürich und um seine Kompetenz als Investor. «Ihnen ist bekannt, dass ich etwas von Wirtschaft verstehe. Nicht alles - aber in aller Bescheidenheit etwas mehr als Herr Bernanke», so Faber. Und obwohl gerade junge Leute ihn bewundern würden, sehe er sich «keine Sekunde als Vorbild». Trotzdem gibt er gerne Karrieretipps: «Heutzutage muss man seine Technik alle fünf bis zehn Jahre wechseln», rät er. Und fügt hinzu: «Freundinnen sollten nach maximal zwei Jahren gewechselt werden.»

Treu bleibt Faber seinem Ruf als Kassandra der Börsen. Auch für das Jahr 2011 warnt er wieder: «Die derzeit grösste Blase ist das Haushaltsdefizit der USA, welches auf längere Frist hinaus die Zinsen auf US-Staatsanleihen ansteigen lassen und die Vereinigten Staaten in den Bankrott treiben wird.» Auch bei einigen Rohstoffen und Schwellenländern könnte bald eine Blase platzen. «In China gibt es eine Blase, doch ich bin nicht sicher, ob sie morgen oder erst in drei Jahren platzt.»

Für einmal optimistisch

Und ganz zuletzt zeigt sich Faber doch noch als Optimist. Nämlich, was die Chancen von Edelmetallen, Aktien und Immobilien angeht, wenn es an den Märkten erneut zum Ernstfall kommt. «Dort ist das Geld besser angelegt als in Cash oder in US- und Schweizer Staatsanleihen.»