Der Finanzplatz Schweiz dürfte in absehbarer Zeit um eine Facette reicher werden. Zur Zeit laufen die Vorbereitungen zur Gründung der ersten Bitcoin-Bank. Das verlautet aus mehreren Quellen in der Finanzbranche. Entsprechende Gespräche mit der Finanzmarktaufsicht Finma sollen in diesen Tagen stattfinden. Bis heute gibt es in der Schweiz noch keine Bank, die Dienstleistungen mit der neuen digitalen Währung Bitcoin anbietet.

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Die Initianten des Projekts bestätigen den Sachverhalt: «Das Gesuch für eine Banklizenz werden wir in den nächsten Wochen einreichen», sagt Guido Rudolphi. Der IT-Spezialist gehört zu einer Gruppe von acht Personen, welche hinter der geplanten Gründung des Finanzinstituts stehen. «Erste Investoren sind an Bord, und es läuft die Suche nach passenden Räumlichkeiten.» Um welche Firma es sich handelt, die letztlich die Banklizenz beantragt, wollte Rudolphi aus Wettbewerbsgründen vorderhand nicht sagen.

Noch geringe Nutzung

Wöchentlich kommt es weltweit zu Neugründungen von Firmen, deren Geschäftsmodell im weiteren Sinne mit Bitcoin zu tun haben. Bei den Konsumenten ist die sechs Jahre alte Währung allerdings noch kaum angekommen. Die Zahl der Transaktionen nimmt nur langsam zu. Trotzdem beschäftigen sich inzwischen die Regulatoren von New York bis Singapur mit Bitcoin. In der Schweiz will die Finma die kryptographischen Währungen explizit in einschlägige Verordnungen aufnehmen.

Für das neue Bitcoin-Institut gelten allerdings ohnehin die schon bestehenden Bestimmungen, denn die neue Bitcoin-Bank soll als normale Geschäftsbank aufgestellt werden. Sie wird automatisch am Interbanken-Clearingsystem und an Swift angeschlossen sein und alle bekannten Richtlinien zur Identifizierung der Kunden befolgen müssen.

Bitcoin-affine Kundschaft

Von traditionellen Instituten unterscheidet sie sich zunächst durch die angestrebte Klientel. Zu künftigen Kunden gehören etwa Firmen, die Erträge und Umsätze in Bitcoin erwirtschaften und gleichzeitig Zugang zum klassischen Bankensystem benötigen. Das sind exemplarisch Bitcoin-Börsen, Bitcoin-Broker, Bezahldienstleister und Software-Plattformen, auf denen die neuen digitalen Währungen eine Rolle spielen. Bisher mussten solche Firmen – obwohl in der Schweiz ansässig – den meistens kostspieligen Umweg über ausländische Banken gehen.

Darüber hinaus gibt es inzwischen auch vermögende private Anleger aus dem In- und Ausland, die in Bitcoin als spekulative Anlage investiert haben. Die Bitcoin-Bank könnte die sichere Aufbewahrung dieser Vermögen übernehmen und den Kunden gleichzeitig entsprechende Kreditlinien in Bitcoin oder einer anderen Währung wie Franken sprechen. Auch eine eigentliche Börse, an der Bitcoins gegen Franken gehandelt werden können, sei denkbar. «Die Branche bewegt sich enorm rasch», erklärt ein Banker, der das Projekt begleitet, aber im Hintergrund bleiben will. «Einige Geschäftsfelder entstehen gerade, andere sind erst am Horizont erkennbar.» Natürlich berge das Risiken, aber eben auch Chancen.

Schweizer Investoren

Niemand weiss, welche Rolle Bitcoin in fünf Jahren spielt. Noch gibt es ungelöste Probleme bezüglich der Massentauglichkeit der Technologie, und entgegen weitverbreiteter Meinung ist ein sicheres Funktionieren des Bitcoin-Netzwerks kostspielig. Trotzdem kommen jede Woche neue Anwendungen auf den Markt, welche ohne die Digitalwährung kaum entstanden wären. Diese Woche etwa streamium.io (User werden zu Film-Streaming-Unternehmer) oder zuvor bittunes.com (User werden Musikvertreiber). In London experimentiert nun die UBS offiziell mit der Bitcoin-Technologie. Und in New York prüft die Börse Nasdaq, Aktientransaktionen von IPO-Kandidaten über das Bitcoin-Netzwerk abzuwickeln.

Heute braucht es in den meisten Fällen irgend an einem Punkt den Anschluss an das bestehende Finanzsystem. Darauf bauen auch die Initianten der ersten Schweizer Bitcoin-Bank. Zum Kernteam des Projekts gehören Banker, IT-Spezialisten, Anwälte und Unternehmensberater. «Das Management wird letztlich vor allem aus Leuten bestehen, die im Finanzwesen und bei der IT-Sicherheit kompetent sind», sagt Rudolphi. «Erste Investoren – alle aus der Schweiz – haben bereits zugesagt.» Eine erste Investorenrunde soll bis zur Dossiereingabe bei der Finma abgeschlossen sein, eine zweite bis zum operationellen Start. Wo der juristische und infrastrukturmässige Hauptsitz der Bank aufgeschlagen wird, steht noch nicht fest.