Der Elektrofahrzeughersteller Tesla startet seinen Vorstoss in den Massenmarkt: Model 3 geht in die Serienproduktion. Das erste Mittelklassefahrzeug des US-amerikanischen Elektroauto-Herstellers wird mit einem Preis von 35'000 US-Dollar vergleichsweise erschwinglich sein. Andere Fahrzeuge kosten wesentlich mehr – ein Model S etwa ist erst ab 69'200 US-Dollar zu haben, für einen Tesla Model X müssen Käufer sogar mindestens 83'700 US-Dollar lockermachen. Der Preis für das neue Modell ist also klein, und entsprechend gross ist das Interesse: Es gibt bereits rund 400'000 Bestellungen.
Der Produktionsstart ist überschattet von schlechten Nachrichten. Teslas Model S hat erneut in einem Sicherheitstest enttäuscht und die Bestnote im Crashtest verfehlt, wie vergangene Woche bekannt wurde. Das unabhängige US-Prüflabor IISS erklärte, die Sicherheitsgurte in dem Auto seien zu lasch. Daraufhin tauchte die Aktie – und der Druck der auf den Autokonzern verstärkt sich noch.
Tesla will 2018 eine halbe Million Autos bauen
Seit seiner Gründung vor 14 Jahren war der Hersteller von Premium-Elektrolimousinen und -SUVs stets im oberen Preissegment unterwegs. Das soll sich nun ändern. Unternehmenschef Elon Musk hat sich viel vorgenommen: Im kommenden Jahr soll sein Unternehmen eine halbe Million Elektroautos produzieren, im Jahr 2020 dann eine volle Million. Um diese ambitionierten Ziele zu erreichen, muss Tesla günstiger werden – zumindest teilweise. Zumal die Konkurrenz nicht schläft. Andere Autohersteller arbeiten ebenfalls an günstigeren Elektrofahrzeugen oder haben bereits erschwingliche Stromkarossen auf den Markt gebracht.
Anleger dürften den Produktionsstart des Model 3 und dessen Markteinführung sehr genau beobachten. In den vergangenen Jahren ging es für die Aktie des US-Autobauers immer nur aufwärts: Auf Sicht von zwölf Monaten kletterte der Kurs um 65 Prozent, über drei Jahre um 82 Prozent. In den vergangenen fünf Jahren konnte der Valor seinen Wert gar um mehr als das elffache steigern. Nach dem Siegeszug ist Skepsis angebracht. Selbst Unternehmenschef Elon Musk hält den Titel für überbewertet. Er halte den Börsenwert für höher als verdient, sagte er kürzlich dem britischen «Guardian».
Vorschusslorbeeren von Tesla aufgebraucht
Immerhin mache Tesla noch keine Gewinne. Zudem hat Musk in der Vergangenheit des Öfteren ambitionierte Ziele ausgerufen – und verpasst. Sollte es in der Produktion des Model 3 zu Verzögerungen kommen, könnte es wieder so sein. Nur sehr optimistische Anleger mit langem Anlagehorizont können den Tesla-Valor guten Gewissens kaufen.
Testfahrt im Tesla X:
Schon im ersten Halbjahr dieses Jahres hat Tesla weniger Autos verkauft als geplant. Der Absatz lag bei 47'000 Stück, geplant waren 50'000 Neuverkäufe. Als die Zahlen zu Wochenbeginn verkündet wurden, reagierten Investoren prompt. Der Tesla-Aktienkurs sank um 2,5 Prozent. Kurz vor Beginn der Model-3-Serienproduktion scheinen die Vorschusslorbeeren allmählich aufgebraucht.
David Tamberrino, Analyst der US-Investmentbank Goldman Sachs, bekräftigte eine Verkaufsempfehlung für den Titel noch bevor die Halbjahreszahlen bekannt waren. Er geht davon aus, dass die Ergebnisse der zweiten Jahreshälfte die Markterwartungen verfehlen werden. «Im Zuge einer Annäherung an die Markteinführung des Model 3 dürfte der Aktienkurs an Boden verlieren», sagt Tamberrino.
Mit dem Model 3 geht es für Tesla um alles oder nichts
Im Prinzip geht es für Tesla mit dem Model 3 sogar um alles oder nichts. Ein Erfolg der Produktion des Mittelklassewagens für umweltbewusste Autofahrer ist im aktuellen Aktienkurs quasi schon eingepreist. Allerdings gilt es nun nicht nur, das neue Fahrzeug reibungslos und pünktlich auf den Markt zu bringen – was noch viele Monate dauern dürfte. Das neue Modell soll dem Unternehmen auch endlich Gewinne liefern, denn bislang gab es nur Verluste.
Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz zwar, unter dem Strich machte der Autokonzern aber immer noch einen Verlust von mehr als 773 Millionen US-Dollar. Anleger setzten bislang also lediglich darauf, dass das Unternehmen die Zukunft am Automarkt massgeblich mitgestalten wird. Tesla muss jetzt liefern: Autos und Erträge